Kapitel 2 -Erste Augenblicke

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Während der Autofahrt zum Saal hörten Kübra und ich sehr laute Musik. Wir hatten den selben Musikgeschmack, also konnten wir so richtig zu den Liedern abgehen. "Mi Gente" von J Balvin war mit Abstand unser Lieblingslied. Wir hatten eine schwäche für spanische Lieder.

Dort angekommen wurde ich zunächst baff. Der Saal war riesig und von innen auch sehr schön dekoriert. Es gab auch einen Garten, wo sich die Gäste aufhalten könnten. Sogar die Toiletten waren sehr hygienisch, was ich nicht gewohnt war. Es war einfach perfekt. "Hier will ich auch heiraten", sagte ich. Kübra lachte:" Weißt du wie teuer die Miete hier ist?" Konnte ich mir schon denken, doch trotzdem blieb es ein Traum für mich hier eine traumhafte Hochzeit zu feiern.

Kübra stellte mich mit dem Besitzer vor. Er hieß Cem Güven, war um die 45 Jahre alt und sehr streng. "Mädels, heute müsst ihr Gas geben. Es kommen wichtige Leute, bei denen nichts falsch laufen dürfen. Es kommen auch Kamerateams von einer Sendung, die die Hochzeit live ausstrahlen. Also dulde ich heute keine Fehler!"
Wir nickten. Cem hatte eine einschüchternde, dominante Art.

Kübra zeigte mir alles, wo sich die Küche befand, wann welches Programm stattfindet, wie ich darauf aufpassen muss, dass die Tische und die Toiletten immer sauber bleiben. Ich war überfordert, doch versuchte es so wenig wie möglich zu zeigen. "Hast du noch fragen?" Ich schüttelte mein Kopf und es begann auch sofort.
Wir starteten damit, alle Tische mit Getränken, Becher, Obst und einem Teller voll Nüssen aufzustellen. Natürlich waren wir nicht die einzigen Arbeiter, es gab ungefähr noch 10 weitere Kellner und 8 weitere, die in der Küche arbeiteten. Sie bereiteten das Essen vor. Normalerweise gab es auf den Hochzeiten, die ich besucht habe nur Hähnchen mit ein wenig Salat und Brötchen. Doch erneut wurde ich beeindruckte, denn sie servierten individuell jedem Gast, das was er will. Jeder Gast durfte aussuchen zwischen Fisch, Vegetarischen Gerichten, verschiedenen Fleischsorten und Fast-Food, wie zum Beispiel ein Burger. Dazu gab es Pommes, Salat, Suppen, Eintöpfe und sogar Sushi. Es gab also eine 100%- ige Garantie, dass die Gäste zufrieden werden.

Nachdem ich mit den anderen Kellnern alle Tische versorgt habe, kamen schon die ersten Gäste. Eine türkische Hochzeit sollte stattfinden und die Familie der Frau begaben sich auf deren Plätze. Mein Chef befiehl mir an die Bar zu gehen und dort erstmal den Gästen nach Wunsch Alkohol einzuschenken. Ich war erneut überfordert, denn ich kannte mich kaum aus mit Alkohol. Dort waren Verschiedene Flaschen, doch was genau was war, wusste ich nicht. Ich betete einfach, dass keiner etwas bei mir bestellt. Doch nach fünf Minuten näherte sich ein Junge zu mir an die Bar. Er stützte sich an der Theke und sah mich bedrückt an.

"Ein Glas Whisky."

Ich lächelte verlegen. Wo ist die Flasche mit Whiskey? Ich sah mich hektisch um. Zu meinem Glück war keine einzige Flasche beschriftet. Na toll!

Der Junge erkannte meine Verzweiflung und lachte.
"Die graue Flasche ganz links in der obersten Reihe."
Ich sah ihn erschrocken an und nahm die Flasche. Woher wusste er das? Er konnte doch nicht mal das Regal unter der Theke sehen. Langsam schüttete ich etwas von dem Whisky in ein Glas und sah ihn zwischendurch bemusternd an. Er lächelte mich dreckig an und merkte, dass mich das verblüffte. Ich gab ihm das Glas und war ganz still. Kein Wort bekam ich raus, denn er schüchterte mich ebenfalls ein.

"Bist anscheinend neu hier. Die Bude gehört meinem Vater, deswegen kenn ich mich hier gut aus." Er zeigte auf meinen Chef und ergänzte:" Meine Schwester heiratet heute, deswegen ist der voll gestresst. Der wollte nicht, dass die mit diesem Typen heiratet. Der ist eh nur auf unser Geld aus. Aber du bist echt hübsch. Wie heißt du?" Ich war nun noch mehr eingeschüchtert und stotterte:" Ehm, Suzan.." Er unterbrach mich sofort:" Wow, ein schönen Namen hast du.." Zu meinem Glück kam mein Chef sofort:" Suzan! Geh sofort in die Küche und hilf da!" Ich nickte und ging schnell in die Küche. Den Jungen wollte ich sofort vergessen, denn in seiner Nähe fühlte ich mich unwohl. Bestimmt weil er mich ständig von oben bis unten durchbohrte und dabei einen dreckigen Blick aufgesetzt hatte.

Es dauerte drei Stunden bis ich endlich in der Küche fertig war. Ich musste helfen das Essen auf den Tellern zu verteilen, es zu den Gästen zu bringen und es im Nachhinein abzuräumen. Ich war so erschöpft und hatte keine Kraft mehr. Doch der Abend fing gerade erst an. Ich war nur noch mit den Gästen beschäftigt. Die einen wollten Getränke, die anderen etwas anderes zu essen. Ich war echt erschöpft.

Als ich dennoch gegen 21 Uhr das erste mal Zeit hatte auf mein Handy zu schauen, sah ich, dass mein Bruder mich 15 mal angerufen hat. Ich wusste, wenn ich ihn nicht zurückrufe, würde das ausarten. Also begab ich mich nach draußen und rief ihn schnell zurück.

"WO BIST DU?", brüllte er sofort.
"Beruhig dich, ich bin bei Kübra. Ich schlafe die Nacht hier." Zum Glück ließ er sich schnell überreden. Ich hasste es zu lügen, doch ich wusste mein Bruder würde es mir im Leben nicht erlauben hier zu arbeiten.
"Was machst du denn hier?", sprach mich eine Stimme von hinten an. Ich sprang erschrocken auf und bemerkte meinen Chef wütend hinten mir. Ich stotterte:" Ehm, es tut mir leid, aber.." Er unterbrach mich:" Ist jetzt egal, geh sofort rein. Das Kamerateam ist schon da und es herrscht eine üble Stimmung. Geh an die Arbeit" Ich nickte und um eine weitere Konversation zu vermeiden, lief ich schnell ins Gebäude.

Die Hochzeit war richtig im Gange. Es wurde viel getanzt und alle hatten Spaß. Es ähnelte schon fast einer Disco-Atmosphäre, denn es gab sogar Sicherheitskräfte, die verteilt im Saal aufpassten, dass keiner etwas falsches tut. Immerhin wurde an dem Abend sehr viel Alkohol verteilt.

Das Kleid der Braut war richtig schön, schöner hätte ein Brautkleid nicht sein können. Ich räumte an einem Tisch den Müll und die Teller, als meine Augen ständig auf die Braut fielen. Sie war so wunderschön und sah sehr glücklich aus. Sie war gerade am tanzen und da trafen meine Augen das aller erste mal auf Malik. Natürlich wusste ich zu dem Zeitpunkt seinen Namen nicht, doch als ich ihn hinter der Tanzfläche sah, blieb ich sofort stehen. Er arbeitete anscheinend auch in dem Saal als Sicherheitskraft und beobachtete die Gäste auf der Tanzfläche.

Ich sah ihn mir genauer an und konnte schon meine Augen nicht von ihm lösen. Ich war wie versteinert. Beine, Arme und meinen Rumpf konnte ich nicht bewegen.
Wer war dieser Junge? Ich wusste nicht, ob das an seinem Aussehen lag, dass ich die Kontrolle über mich verlor oder ob es einen anderen Grund hatte.

Ich schätze den Jungen um die 20 Jahre. Er war groß, kräftig gebaut, hatte schwarze Haare, grüne Augen, Grübchen, die man trotz seines Bartes leicht erkennen konnte. Seine Lippen waren sehr schön geformt und dick. Wie konnte ein Mensch nur so perfekt aussehen? Ich sah keinen einzigen Mackel. Er trug ein schwarzes T-Shirt, was alle anderen Sicherheitskräfte auch trugen, doch ihm stand es besonders gut. Er hatte einen emotionslosen und düsteren Blick, sogar als ihn ab und zu Gäste ansprachen. Seine Körperhaltung änderte sich kaum. Er blieb wie ein Stein stehen, dennoch merkte ich wie verkrampft er war. An seinen Armen sprangen Adern heraus, die so männlich und schön wirkten.

Ich liebte es ihn zu beobachten. So sehr, dass ich schon vergaß wie dämlich ich wohlmöglich dabei aussah. Die Gäste würden sich denken, was starrt sie ihn so vertieft an? Doch ich konnte und wollte mich nicht mehr lösen.

Natürlich rannten in diesem Moment zwei kleine Kinder an mir vorbei und rissen mich aus meinen Gedanken. Die Teller aus meiner Hand fielen somit sofort zu Boden und ließen ein Krach ertönen. Obwohl die Musik sehr laut war, bekamen das viele Gäste mit und sahen mich kopfschüttelnd an. Ich stürzte mich zu Boden und sammelte schnell den Müll auf. Die Situation war mir so unangenehm und mit dem Müll in meiner Hand flüchtete ich zurück in die Küche. Auf dem Weg zur Küche sah ich meinen Chef mich ebenfalls kopfschüttelnd ansehen. Schimmer hätte der Vorfall nicht sein können. Doch trotzdem ging mir dieser Junge nicht aus dem Kopf. Wieso konnte ich nicht an etwas anderes denken? Wieso war ich so erstaunt über ihn. Ich hatte mich noch nie so verhalten. Ich konnte es mir echt nicht erklären.

MALIKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt