Kapitel 24 - Der Neuanfang

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Zu vieles stach jeden Tag auf mich ein. Ich war es allmählich satt. Meine Seele war mit Narben verzehrt. Ich hatte Schmerzen. Überall am Körper. Aber nichts schmerzte mehr als die Tatsache, dass es niemanden gab dem ich sagen könnte, wie sehr es wehtat. Weder meiner Familie, noch meinen Freunden. Ich vertraute niemandem mehr in dieser Stadt.

In den letzten Monaten durchlebte ich ein Chaos an Gefühlen. Ich tat vieles, was ich mir selbst niemals verzeihen konnte.

Ich hatte Malik glauben gelassen, seinen Bruder zu lieben. Offensichtlich hasste er mich dafür. Ich hatte ihn gebrochen. Ich hatte auch mich gebrochen. Doch war es das alles Wert?

Malik als mein Traum. Als der Eine, der mein Mann wird, der Vater meiner Kinder wird. Es war eine tiefe Enttäuschung, die schwer auf meinem Herzen lastete. Enttäuschungen, die es seit Monaten vernarbten. Die kaputten Hoffnungen, die meine Seele schlussendlich verdunkelten.

„Ich war nicht wegen seines Geldes mit ihm.."

Doch Malik unterbrach mich:" Spare es Dir. Es ist mir egal."

Mit diesen Worten stieg er zu meinem Bruder ins Auto und sie fuhren los. Meine Mutter rannte aus dem Haus der Güvens und ich konnte meine Tränen nicht bändigen. Es ist wirklich vorbei. Die traumhafte Geschichte zwischen mir und Malik ist vorbei.

„Mein Schatz, was hast du?"

Sie umarmte mich, während ich alles rausließ. „Ich will nicht mehr!", schrie ich.

Wir liefen nach Hause, ließen uns auf die Couch fallen und ich erzählte ihr alles. Alles, von meinem ersten Arbeitstag, wie mich Bilal belästigte. Wie mir Malik zur Hilfe kam. Wie wir tanzten und uns kennenlernten. Ich erzählte ihr einfach alles. Auch, dass ich mit Bilal zusammen war, weil er mich bedrohte, dass er Emre dafür leiden ließe.

Sie sah mich schockiert an:" Du brauchst eine Auszeit. Wie konnte ich übersehen, dass du seit Monaten so leidest? Du bist meine einzige Tochter. Du und Emre seit mein Lebenssinn. Ich will nur dass es euch gut geht." Ich weinte und schluchzte, wie verrückt.

„Es ist alles hier ein wenig durcheinander geworden. Geh weg von hier und lass dir alles einmal durch den Kopf gehen. Es bringt nichts, hier ständig in Maliks und Bilals Nähe zu bleiben und dann zu hoffen, alles ändert sich. Ich kauf dir ein Flugticket und du fliegst zu Oma und Opa in die Türkei. Du schaltest einmal richtig ab und kommst erst wieder, wenn du dich wohl fühlst."

„Was ist mit der Schule?", fragte ich. Die Idee zu meiner Oma und meinem Opa ins Dorf zu fliegen, war keine schlechte Idee. Ich wollte nur noch weg von hier.

„Nichts ist wichtiger als dein Wohlergehen. Du kommst wieder und suchst dir eine vernünftige Ausbildungsstelle."

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„An alle Passagiere: Bitte halten Sie die Sicherheitsgurte noch angelegt. In kürze erreichen wir Frankfurt und werden von sagenhaften 30 Grad empfangen."

Dem Piloten richtig zuhören konnte ich nicht. Meine Flugangst war einfach unüberwindbar und ich wartete verkrampft auf diesen einen Augenblick, als die Flugzeugräder den Boden berühren und alle anfangen zu klatschen. Endlich hatte ich es geschafft.

Ich stieg aus dem Flugzeug und nahm die Atmosphäre war. Viel hatte sich seitdem ich vor einem halben Jahr fortging nicht geändert. Doch ich musste schon sagen, dass die Atmosphäre im Dorf um einiges besser war.

Es tat wirklich sehr gut, fast 6 Monate in der Türkei alles verarbeiten zu können. Ich muss schon zugeben, dass ich mit Malik nicht abschließen konnte und ihn vermisste. Doch ich wusste an erster Stelle musste ich darauf achten, dass es mir gut geht. Dass ich mich nicht verrückt mache und an mich und meine Familie denken musste.

Ich wartete gefühlte Stunden auf meinen Koffer, der wie zu erwarten als letztes auf dem sich drehenden Teil stand. Ich flog mit 10 Kilo in die Türkei und kam mit 35 Kilo wieder zurück. Ich meine nicht damit, dass ich viel geshoppt habe oder sonst was. Nein, im Gegenteil. Alles, was sich in meinem Koffer befand waren Nahrungsmittel, die meine Oma mir unbedingt mitgeben musste. Dementsprechend gestaltete sich mein Koffer sehr hartnäckig, bei meinem Versuch es zu aus diesem Dreh-Teil zu tragen.

Überraschend kam mir ein starker Arm zur Hilfe und nahm den Koffer vom Band. Die Person drehte sich zu mir und gab mir meinen Koffer. Ich lächelte freundlich, doch bevor ich etwas sagen konnte, wurde ich überrumpelt.

„Erzähl niemanden, dass du mich hier gesehen hast."

Ich sah ihn verblüfft an:" Wem soll ich das denn sagen?"

Ich war gerade mal seit einer halben Stunde wieder in Deutschland und schon war ich verwirrter denn je.

„Du weißt nicht, wer ich bin?", der Junge sah mich Unglaubwürdig und schockiert an. Ich sah ihn noch länger an, um sein Gesicht jemanden zuordnen zu können, doch es gelang mir nicht. War er ein weitentfernter Verwandter? Ein Typ aus meiner alten Schule? Wer war dieser Junge? Er hatte grüne Augen und hellbraune Haare. Gut sah er definitiv aus, doch ich kannte ihn nicht.

Er lächelte mich nachdenklich an. „Wer bist du denn?", fragte ich. Er reichte mir seine Hand:" Savas." Ich nahm sie entgegen:" Savas? Ich bin Suzan."

Savas lächelte noch einmal, bis er von komischen Männern mit langen Bärten gerufen wurde. „Es tut mir leid, ich muss gehen. Aber war nett mit dir zu plaudern.", sagte er hektisch und war auch schon wieder weg.

Ich sah ihm nachdenklich hinterher und fragte mich:" Wer bist du, Savas?"

MALIKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt