Kapitel 13 - „wir hatten dich gewarnt."

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Suzans Sicht

Die grelle Sonne schien durch die Gardinen direkt auf mein Gesicht und weckte mich erbarmungslos. Ich stöhnte auf. Die Kopfschmerzen plagten mich wie verrückt. Langsam setzte ich mich auf und konnte mich am Spiegel betrachten, der gegenüber des Bettes an der Wand platziert war.

Meine Augen und Wangen waren angeschwollen. Ich sah so fertig aus. Mein Gesicht blass und meine Haare zerstreust. Was kann ich denn auch erwarten, wenn ich die ganze Nacht über geweint habe?

Vielleicht reagierte ich zu sensibel auf die Lügen von Malik. Sie brachen mir das Herz. Waren es denn wirklich Lügen? In der Nacht stellte ich alles in Frage. Vielleicht war es auch Kübra, die mich anlog. Ich suchte nach Motiven, wieso sie es hätte tun sollen und fand keine. Sie war meine einzige, richtige Freundin in dieser Stadt. Ich kannte viele noch von damals, aber verlor den Kontakt zu ihnen. Ich verließ mich also Kübra. Dummer Fehler. Ein ganz Dummer Fehler.

Ich hörte, wie meine Mutter mit Derya, Kübras Mutter sprach. Sie fragte meine Mutter, wie es mit der Wohnungssuche lief. Ich verzog das Gesicht, denn ich wusste meine Mutter hatte sich seit Tagen keine Wohnung, sondern eine Arbeitsstelle gesucht. Sie war auf so vielen Bewerbungsgesprächen, dennoch nahm sie keine Firma an. Damals erlaubte mein Vater es ihr nicht arbeiten zu gehen, demnach hatte sie nicht genügend Qualifikationen oder Erfahrungen. Ihre Deutsch-Kenntnisse waren auch nicht die besten. Ich verstand, wie schwer sie es hatte und wollte ihr unter die Arme greifen. Was so viel hieß, dass ich wieder im Hochzeitssaal arbeiten musste.

Bei dem Gedanken bekam ich wieder Bauchschmerzen. Das hieß nämlich, dass ich auf Malik treffen würde. War ich denn bereit dafür? Fragen über Fragen. Ich beschloss mich, zunächst mit dem Thema abzuschließen und auf andere Gedanken zu kommen.

Langsam streckte ich mich und bemerkte, dass es schon 11 Uhr war. Ich stand auf und wollte ins Badezimmer gehen, als ich aus Neugierde in das Zimmer, wo Emre normalerweise schlief, blickte.
Sein Bett war leer und offenbar über die Nacht nicht benutzt worden. Wo steckte er bloß? War er mit Kübra? Wut durchzog sich durch meinen Körper. „Wenn Kübra jetzt Emre nicht widerstehen kann und sich auf ihn einlässt, werde ich sie umbringen.", dachte ich mir. Schließlich musste ich für unsere Freundschaft auch Opfer bringen.

Unter der Dusche durchzogen mich auf einmal ganz andere Gedanken. Ich hatte Angst, dass Emre wieder in die schiefe Bahn geraten würde. Seine alten Freunde wohnten hier und waren überhaupt der Grund, weshalb er schon früh eine Vorliebe entwickelte, zu rebellieren. Mit ihnen hatte er so vieles schon erlebt und steckte so tief in der Scheiße. Ich versuchte ich mich von negativen Gedanken zu lösen und wollte den ganzen Tag über weder an Malik noch an meinen Bruder denken.

Nach der angenehmen Dusche zog ich mich um und gesellte mich zu Derya und meiner Mutter im Wohnzimmer. Sie redeten über alles mögliche. Von dem Getratsche über die Nachbarn bis hin zum Wetter und der Politik in der Türkei. Bis die Türklingel sie unterbrach. Ich stand auf:" Ich gehe schon."

Als ich die Tür öffnete stand ein völlig wütender und verwirrter Emre vor mir. „Was ist los?", fragte ich sofort nach. Er schubste mich gehässig zur Seite um in die Wohnung zu gelangen. Ich folgte ihm in sein Zimmer und war neugierig, was mit ihm los war.

„Pack deine Sachen, wir verschwinden.", befiehl er mir, während er sich seinen Koffer aus dem Schrank griff. Ich war mit der Situation total überfordert und konnte nicht reagieren. Was war nur los? Emre sah mich an und brüllte:" PACK EIN, HAB ICH DIR GESAGT."

Sein Gebrülle weckte die Aufmerksamkeit meiner Mutter und Derya und sie kamen zu uns ins Zimmer.

„Emre, was machst du da?", fragte meine Mutter vorsichtig. „Wir haben keine Zeit mehr! PACKT SOFORT EURE SACHEN!", schrie er auch diesmal meine Mutter an.

Ich war so wütend auf Emre, dass er sie so schlecht behandelte und wollte mit ihm diskutieren, bis das laute Klopfen, vielbesser Hämmern an der Tür mich davon abhielt. „Wer ist das?", fragte ich vorsichtig. Emre schloss schuldbewusst die Augen. „Macht nicht auf.", murmelte er.

Meine Mutter schüttelte ihren Kopf:" Ihr seit doch verrückt." Sie lief zur Tür und Emre rannte auf sie zu. Doch er konnte sie nicht davon abhalten, diese Tür zu öffnen.

Als Zuschauer dieses Ereignisses stellst du dir viele Möglichkeiten vor, wer durch diese Tür spazieren würde. Die Polizei? Mein Vater? Kübra? Vielleicht sogar Malik. Okay, die letzte Möglichkeit ist eher eine Wunschvorstellung.

Doch die Person, die ich tatsächlich niemals Erraten könnte, stand hinter dieser Tür. Bilal.

Wie versteinert stand ich im Flur und blickte in Bilals wütenden Augen. Zwar war unsere letzte Begegnung recht freundlich, doch der Anblick in seine wütenden Augen ließ mich an unsere erste Begegnung erinnern. Sofort bekam ich Gänsehaut. Mistkerl!

Bilal stand in der Mitte zwischen zwei Männern, die breit genug waren, um nicht durch die Tür zu passen. Ich verstand den Zusammenhang nicht. Was wollten sie von meinem Bruder?

„Wie kann ich euch helfen?", fragte meine Mutter und versuchte so höflich wie möglich zu wirken. An ihrer Stimme erkannte ich, dass sie jedoch Angst hatte. Ich musste schlucken. „Emre muss mit uns mitkommen.", entgegnete Bilal und blickte mich an. Ein schwaches, bedrohliches Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht.

„Was wollt ihr von meinem Sohn?", die Ahnungslosigkeit und Verzweiflung meiner Mutter konnte man ihr vom Gesicht ablesen. Ohne überhaupt die Aufforderung dazu zu bekommen traten Bilal und diese Männer in unsere Wohnung. Sie stellten sich vor Emre und sahen ihn bedrohlich an.

„Du hast einen sehr dummen Fehler begangen, Emre. Es wird Zeit dafür aufzukommen.", gab Bilal selbstbewusst von sich. Emre stand steif wie ein Stock und entgegnete nicht. So kannte ich ihn gar nicht. „Es kostet dich mehr als du dir vorstellen kannst, wenn du uns verratest. Wir hatten dich gewarnt.", sagte Bilal mit einer bedrohlicheren Stimme. Nach einer kurzen Pause fuhr er fort:" Kommt rein, Jungs."

Und auf sein Kommando traten zwei Polizisten in das Haus. Nun realisierten alle Zuschauer des Ereignisses, wie Ernsthaft die Lage war. Meine Mutter weinte sofort drauf los:" Nein! Emre, was hast du dieses Mal angestellt?!"

Mein Bruder verkniff sich die Augen. Tränen liefen seinen Wange entlang und die Polizisten nahmen ihn vor unseren Augen fest.

„Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie jetzt sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht auf einen Anwalt. Sollten Sie sich keinen leisten können, wird Ihnen einer gestellt."

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Ihr seit die besten, es freut mich Total, dass ihr das Buch so feiert.

Ihr könnt mir auch gerne Verbesserungsvorschläge geben, damit ich vielleicht auch euren Ansprüchen/ Wünschen nachkommen kann.

Dankeschön für all eure Kommentare und Votes.
Ich wünsche euch schöne Feiertage.

Eure Suzan 🍃

MALIKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt