47.Kapitel. Melanie

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Fassungslos beobachtete ich, wie er bemüht entspannt auf die Menschen zulief. Es waren insgesamt drei. Joe, ein älterer Mann und eine Frau. Beide sahen aus, als wären sie mit Joe verwandt, wenn nicht sogar seine Eltern. Die Frau trug mindestens ein Dutzend versteckte Waffen am Körper und sah ziemlich grimmig drein, als Aman in ihr Sichtfeld trat. Fast unbemerkt fuhr ihre Hand in ihre Jackentasche, die groß genug war, um darin eine Waffe zu verstecken, die einen meiner Art töten konnte. Die Aman töten konnte. Ihr Mann hingegen sah Aman mit einem freundlichem, fast stolzem Lächeln entgegen, während Joe einfach nur an der Motorhaube des Autos lehnte und die Situation desinteressiert beobachtete. Das waren die Menschen, die die Forschungsstation leiteten und dafür sorgten, dass meiner Gattung furchtbares Leid angetan wurde. Das waren die Menschen die Aman großgezogen hatten. Dabei sahen sie, bis auf die Frau, gar nicht so fies aus.

Aman schlüpfte ins Haus und kam nach einigen Minuten in seiner Menschengestalt und in Klamotten wieder herraus. Die Zeit in der das Bollwerk zwischen mir und ihnen weg war, kam mir wie eine Ewigkeit vor und ich fühlte mich vollkommen ungeschützt.

"Weshalb seid ihr hier?", fragte er, den Blick auf die Frau gerichtet. Er schien zu wissen, dass sie die Gefährlichste von den Dreien war und behielt sie deshalb immer im Blick. Diese schwieg, sah ihn aber feindselig an. Ich deutete Amera, hierzubleiben, während ich mich umdrehte und leise durch das Gebüsch schlich, um einen Ort zu finden, an dem ich die Situalion besser überschauen konnte.

Als ich endlich eine Stelle fand, an der ich alles gut beobachten konnte, fand ich mich direkt hinter der Frau wieder. Sie stank nach Metall und Schusswaffen. Ich schüttelte leicht den Kopf, aber leider verschwand der Geruch dadurch nicht. Amera war außerhalb meines Sichtfeldes, während Aman näher zu den Menschen trat. Angespannt beobachtete ich, während sie sich unterhielten, wie die Frau immer wieder ihre Körperhaltung veränderte. Was sie redeten, ignorierte ich. Mich interessierte nur die Körperhaltungen der Menschen und wie Joe sich aus alledem heraushielt, was seine Familie beredete. Alles verlief ruhig, bis der fremde Mann Aman eine Frage stellte und sich automatisch alle anspannten. Die Frau rührte sich nicht mehr, Joe schien interessierter zu sein als vorhin und der Mann sah Aman ernst an, während dieser sich einen Überblick über seine Situation verschaffte. Leise und vorsichtig, schlich ich mich aus dem Gebüsch und versteckte ich hinter dem Wagen und lugte hinter ihm hervor. Aman entdeckte mich. Kurz waren seine Augen schreckensgeweitet, doch er überspielte es schnell und sah wieder zu seiner Adoptivfamilie. Ich hielt den Atem an, da ich wusste,um welche Frage es sich hier handelte. Würde Aman die Firma übernehmen oder nicht?
Würde er das Folterlabor weiterführen oder nicht?

Aman sah ernst zu dem Mann der ihn aufgezogen hatte, dann nickte er und ich konnte die Entschlossenheit sehen, die in seinem Blick lag.
Die Frau schrie empört auf, als der Mann Aman die Hand gab und erleichtert lächelte. Joe schien ebenfalls auf gewisse Weise erleichtert zu sein, doch ich konnte nicht weiter auf die anderen Menschen achten, da die Frau nun eine Schusswaffe zückte, sie entsicherte und auf Aman zielte.

"Du Mistvieh wirst sofort diese Antwort zurücknehmen! Du hast kein Recht auf diese Firma, auf das, was wir über Jahre aufgebaut haben. Auf das, was ich aufgebaut habe.", rief sie und trat einen Schritt auf den Löwen zu.

Für einen Augenblick herrschte schockierte Stille, bis sich Joe aus seiner Starre löste und sich einmischte.

"Mom, die Entscheidung ist doch nun gefallen. Kannst du denn nicht akzeptieren, dass ich diese Firma nicht haben will?! Und, dass er sie sowieso besser leiten könnte als ich?", rief er und trat auf sie zu. Aman knurrte leise, während die Frau schrie: "Du hälst dich da jetzt raus, Jonathan! Ich habe genug von diesem albernen Geschwätz."

"Melanie, beruhige dich und leg die Waffe weg.", versuchte es nun der Mann in einem Ton, mit dem man vielleicht ein Pferd beruhigen konnte. Sie glich einem wütendem Elefanten.

Während sie diskutierten, schlich ich mich näher an die Frau heran. Wenn ich es schaffte, sie von hinten zu Fall zu bringen, würde sie hoffentlich die Waffe fallen lassen. Andererseits, war das, was ich da vorhatte, eine verdammt dumme Idee. Die Waffe könnte losgehen, sobald sie auf de Boden aufschlug oder sie könnte noch im Fall schießen und jemanden treffen. Die Frau könnte auch, nachdem sie die Schusswaffe verloren hatte, zu einem ihrer vielen Messer greifen und mich damit angreifen. Ich wollte nicht, dass sie Aman verletzte, doch irgendetwas musste ich tun. Ich schlich mich näher herran und Aman entdeckte mich. Wieder weiteten sich seine Augen vor Schreck, doch dieses Mal blieb diese Reaktion nicht unbemerkt.

Die Frau drehte sich aprupt um und hielt die Waffe auf meinen Kopf gerichtet. Ihr Lächeln war eiskalt und ich wusste, dass sie schießen würde, wenn ich auch nur eine Bewegung tat. Mein Blick richtete sich starr auf ihre Augen, welche mich in einem mordlustigen Grün anfunkelten. In mir wurde alles starr.

"Tja Amaniel, entweder du ziehst deine Antwort zurück oder deine kleine Killer-Freundin stirbt vor deinen Augen. Sie hat das halbe Personal zusammen mit ihrer Schwester umgebracht. Sie verdient den Tod.", sagte sie kalt und richtete ihren Blick wieder auf Aman.
"Also?" Ich konnte die Verzweiflung in seinen Augen sehen und ich wusste, dass er am liebsten diese Firma sofort aufgegeben hätte, nur um mich vor ihr zu beschützen, doch er wusste auch, dass sie schießen würde, wenn sie ihre gewünschte Antwort hatte, nur um ihn leiden zu sehen.

Ich beobachtete im Augenwinkel, wie Joe sich seiner Mutter von hinten näherte, während sein Vater immernoch versuchte auf sie einzureden. Leider wusste ich, dass sie sich nicht umstimmen lassen würde. Ich sah es in ihrem Blick.

Ich knurrte leise und ruckartig wandte sie sich wieder mir zu. Ihre Hand glitt ihn ihre Jackentasche und ich ahnte, was sie gleich herausholen würde. Das war der Moment in dem Joe den Arm seiner Mutter packte und ruckartig nach oben zog. Ein Schuss ertönte. Seine Mutter drehte sich und schwang den anderen Arm mit einem Messer in seine Richtung. Zu spät bemerkte sie, dass es ihr Sohn war, dem sie nun das Messer in die Seite hieb. Mit aufgerissenen Augen beobachtete sie, wie ihr Sohn zu Boden ging. Ich verlor keine Zeit, sprang sie an, biss in ihre Schulter und zog sie von Joe weg, der sich am Boden krümmte. Sie ließ die Schusswaffe fallen und sich einfach wegziehen.

Löwen - Das Geheimnis der SavanneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt