49. Kapitel. Der Entschluss.

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Wie versprochen kam Aman am nächsten Tag heim. Amera war auf der Jagd und ich mit Soel allein. Der kleine Kater hatte Stifte und einen Zeichenblock gefunden und ihn in Beschlag genommen, als ich ein Auto die Straße hinauffahren hörte. Ich ging in den Flur und beobachtete, wie der Geländewagen seines Vaters die Straße hinauffuhr und schließlich vor dem Haus hielt. Die Beifahrertür öffnete sich und Aman stieg aus, verabschiedete sich von seinem Adoptivvater und lief langsam zum Haus, während der Mann drehte und wieder wegfuhr. Mein Herz klopfte heftig in meiner Brust, als er die Stufen zum Haus erklomm so, dass ich beinahe schon Panik hatte, dass er es bis draußen hören konnte. Er öffnete die Tür und schien nicht überrascht zu sein, dass ich gleich dahinter stand. Fragend sah ich ihn an.

"Joe geht es besser und auch damit einverstanden, dass wir die Firma gemeinsam übernehmen.", sagte er und wirkte sichtlich erleichtert.
"Wollt ihr die Firma ändern? Also etwas anderes daraus machen?", fragte ich leise und sah zu Boden.
"Sowohl ich als auch Joe und sein Vater sind damit einverstanden, aus dem Forschungszentrum eine Tierauffangstation zu machen, so wie es ursprünglich eigentlich sein sollte. Die örtlichen Behörden sollen sich zukünftig, um die menschenfressenden Löwen kümmern.", meinte er und legte seine Haustürschlüssel ab.

Er ging ins Wohnzimmer und ließ sich dort auf die Couch fallen. Er schien in den letzten Tagen nicht viel geschlafen zu haben, das sah man leicht an seinen Augenringen. Kurz huschte sein Blick zu Soel.

"Wo ist seine Mutter?", fragte er ruhig.

"Auf der Ebene und jagt.", erwiederte ich und setzte mich auf einen Sessel. Er nickte und schloss die Augen. Nach einigen Minuten war sein Atem gleichmäßig und tief, woraufhin ich Soel nahm und mit ihm den Raum verließ. Aman sollte etwas Ruhe finden. Ich verbrachte den Nachmittag damit, Soel die verschiedenen Gerüche die unterschiedlichsten Tierarten beizubringen, indem wir auf die Ebene gingen und in sicherem Abstand die Tiere beobachteten. Nach einer Weile kam Amera dazu und sofort war das Interesse des Jungen an den Tieren dahin. Amera lächelte als er zur Begrüßung um ihre Beine strich und sie führte uns zu dem Zebra, das sie gerissen hatte. Während ich mich sattaß, konnte ich im Augenwinkel meinen Neffen beobachten, der an einem Stück Fleisch herummknabberte.

Als es anfing zu dämmern und wir in der Nähe das Heulen der Hyänen hörten, machten wir uns auf den Rückweg. Konnten sie ruhig die Reste fressen, wir waren satt und zufrieden.

Oben am Haus angekommen, verwandelten wir uns zurück und gingen leise hinein. Amera trug Soel in ihr Schlafzimmmer, da dem Jungen schon die Augen zufielen und ich ging leise ins Wohnzimmer, um nach Aman zu sehen, doch schon im Flur bemerkte ich, dass er nicht mehr im Wohnzimmer, sondern in das Schlafzimmer gegangen war. Leise trat ich ein und sah ihn dort liegen. Allerdings schlief er nicht, sondern beobachtete mich aus seinen goldenen Augen entspannt.

"Alles okay?", fragte ich leise und er nickte und klopfte mit der Hand auf den freien Platz neben sich. Ich lächelte und legte mich neben ihn. Locker legte er seinen Arm um mich und küsste mir auf den Scheitel.

"Ich habe dich vermisst.", sagte ich leise und kuschelte mich an seine nackte Brust.
"Ich dich auch, aber ich musste warten, bis Joe wieder halbwegs zusammengeflickt war, damit wir über die Firma reden konnten. Übrigens würde meine Familie dich gerne kennenlernen.", sagte er und ich zuckte zusammen. Ich sollte mich in die Mitte von Folterknechten begeben?
Scheinbar schien er meinen Unmut zu bemerken, denn als er weiterssprach, versuchte er seine Stimme besonders beruhigend klingen zu lassen.

"Sie werden dir nichts tun. Die Firma ist erst zu dem geworden, was sie heute ist, nachdem ihnen einer von uns in die Finger geraten war und sich im Gehege verwandelt hatte. Leider war dadurch die Neugier der Menschen geweckt worden und Melanie fing an, die Erforschung unserer Art weiter in den Vordergrund zu stellen, bis das Gelände irgendwann nur noch ein Forschungszentrum war und keine Tierauffangstation mehr. Mein Vater hat versucht, das alles etwas abzuschwächen, indem er Waris trainiert hatte, damit sie menschenfressende Rudel aufspürte und dafür sorgte, dass sie eingefangen werden. Leider waren es zum Schluss nicht mehr nur die Menschenfresser, sondern auch unschuldige Rudel. Mit Melanie starb also auch das Forschungszentrum.", erklärte er und ich entspannte mich etwas, doch der Tag meiner Gefangennahme blieb mir immernoch im Hinterkopf hängen. Als Joe mich einfing und zur Forschungsstation fuhr. Wahrscheinlich würde ich nie eine gute Meinung von ihm haben, doch ich musste ihn ja auch nicht täglich sehen.

Meine Augen waren kurz davor zuzufallen, als plötzlich ein Knall ertönte und Aman an mir zusammenzuckte. Auch ich schrak zusammen und saß mit einem Mal im Bett. Einen Moment später registrierte ich wie die Haustür aufging und sich wieder schloss. Aman stand auf und trat in den Flur und wenige Sekunden später drang mir ein vertrauter Geruch in die Nase. Ich verließ das Bett und folgte Aman in den Flur.

"Ist sie weg?", fragte Aman und die Antwort folgte prompt.

"Natürlich. Die wird keine Probleme mehr machen. Jedenfalls nicht hier."
"Hey Vinz.", begrüßte ich ihn und stellte ich neben Aman. Vinz umarmte mich flüchtig unter dem schlecht gelaunten Blick von Aman.

"Schön dich zu sehen, Niara."

"Weshalb bist du hergekommen?", fragte Aman neutral.

"Ich dachte, es interessiert euch vielleicht, dass Waris nun in der Obhut von Pflegern ist, die über eure Art Bescheid wissen.", antwortete er ernst und sowohl ich als auch Aman starrten ihn fassungslos an.

Er grinste.
"Macht euch keine Sorgen. Sie wissen, wie sie mit Waris umgehen müssen, sollte sie einmal verwandelt vor ihnen stehen.", sagte er mit einer Sicherheit in der Stimme, die unsere Unsicherheit fast verdrängte, aber eben nur fast.

"Bist du dir auch sicher, dass sie dieses Wissen nicht missbrauchen werden?", fragte Aman und Vinz nickte, ohne noch weiter darauf einzugehen. Beruhigend war das nicht gerade aber wir nahmen das mal so hin.

"Was ist hier passiert? Joe hat sich gestern am Telefon nur kurz gehalten und irgendetwas davon gehabt, dass seine Mutter nun keine Probleme mehr macht."
Aman führte ihn mit einer Geste in das Wohnzimmer und dort beredeten sie alles, während ich zurück ins Bett ging. Später spürte ich, wie sich Amans Arm um mich legte und mich an seine Brust zog.

Löwen - Das Geheimnis der SavanneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt