32.Kapitel. Gezielt oder Nebenwirkung?

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-Niara-

Wir waren beide wach. Das wusste ich. Er wusste es auch. Und doch lagen wir noch so da, wie wir aufgewacht waren. Er hatte die Arme um mich gelegt und ich lag noch dicht an ihn geschmiegt. Es fühlte sich schön und irgendwie richtig an.

Keiner von uns hatte irgendein Wort gesagt, nachdem wir bemerkt hatten, dass der andere wach war, auch hatte sich keiner von uns angespannt oder hatte den Anschein gemacht, flüchten zu wollen.

Auch, wenn ich nicht wirklich hier sein wollte, fühlte ich mich für den Moment sicher und beschützt. Wir lagen da und lauschten den Atemzügen des anderen, während die Sonne weiter in den Westen zog.
Der Vormittag und die Mittagshitze waren schon längst vergangen, während wir noch geschlafen hatten.
Vorsichtig bewegte ich mich  um eine bessere Lage zu bekommen.

"Willst du aufstehen?", fragte Aman unsicher und spannte sich leicht an. Damit war die entspannte Atmosphäre zerstört.
Seine Arme zogen sich leicht zurück.
Ich sah zu ihm hoch.
"Willst du?", fragte ich neugierig.
Er zuckte mit den Schultern.
"Irgendwann müssen wir ja mal etwas essen.", meinte er mit einem Lächeln, doch in seiner Stimme lag etwas bedauerndes.

Ich rückte ein Stück von ihm weg, stand auf und streckte mich. Langsam lief ich Richtung Tür und ich spürte seinen Blick auf meinem Rücken ruhen.
Im Türrahmen blieb ich stehen und drehte mich zu ihm um.
"Willst du nicht aufstehen?", fragte ich.
"Ich komm nach.", erklärte er und ich musste ein Grinsen unterdrücken, während ich zur Tür hinaus lief und in die Küche ging.

Ich sah in den Kühlschrank und überlegte, was ich machen sollte, als ich hörte, wie Aman aufstand und im Bad verschwand.
Er hatte in der letzten Nacht bei mir gelegen, während es mir schlecht ging. Der Gedanke ließ die Schmetterlinge in meinem Bauch flattern.

Ich entschied mich nach einer Weile für Spiegeleier und machte mich an deren Zubereitung.

Der Hunger nagte an mir und der Duft der halbfertigen Eier, ließ meinen Magen knurren.

Während ich die Eier auf die Teller verteilte und kurz darauf Brot in Scheiben schnitt, bemerkte ich erneut Amans Blick auf mir ruhen. Er stand hinter mir, an die Wand gelehnt und beobachtete mich.
Es störte mich nicht, aber weshalb er mich so beobachtete, wusste ich nicht. Wieder einmal flatterten die Schmetterlimge empor.

"Essen ist gleich fertig.", meinte ich und ich hörte, wie er näher kam und sich an den Schränken zu schaffen machte. Auch ohne, dass ich ihn sah, wusste ich, dass er angespannt war. Scheinbar wusste er im Moment doch nicht, wie er mit der Situation umgehen sollte. Ich wusste es auch nicht so wirklich.

Neugierig lunste ich zu ihn hinüber, während ich die Teller ins Esszimmer trug. Er wirkte unruhig, wollte es sich aber nicht anmerken lassen.

Während des Essens, sagte keiner von uns ein Wort, bis er zum Schluss seine Gabel auf den Teller legte und mich direkt ansah.

"Ich will mir nachher mal deine Schulter ansehen, um sicher zu gehen, dass es in den vergangenen sechs Tagen gut verheilt ist."
Moment mal ... sechs Tage?
Magdalenas Tod, war doch erst vier Tage her.
Was ging hier vor sich? Ich hielt in meiner Bewegung inne.

"Was? Sechs Tage? Ich bin doch erst vor zwei Nächten weggegangen.", meinte ich irritiert.

Stirnrunzelnd sah er mich an. Dann schien er zu begreifen.

"Nein. Du hast scheinbar die letzten sechs Tage so gut wie durchgeschlafen, nachdem du vom Baum gefallen bist.", meinte er nachdenklich.
Ungläubig riss ich die Augen auf.
Ich konnte doch unmöglich sechs Tage lang durchgeschlafen haben.

"Am besten fragen wir Jioni.", murmelte er und holte etwas aus seiner Hosentasche.
Dieses Ding, das so nervtötend klingelte. Konzentriert tippte er darauf herum und steckte es schließlich wieder in seine Tasche.
Verwirrt runzelte ich die Stirn und schüttelte schließlich den Kopf.

Besser wäre es, sich gar nicht darüber Gedanken zu machen. Ich nahm das Geschirr, ging damit in die Küche und stellte es in den Geschirrspüler. Als ich mich jedoch wieder umdrehte, um ins Wohnzimmer so gehen, stand Aman dicht vor mir und instinktiv wollte ich ein Stück zurückweichen, doch er hielt mich fest und sah mir bittend in die Augen und dann auf die Schulter. Seufzend zog ich den Ärmel meines T-shirts hoch und ließ ihn sich die Stichwunden ansehen.

"Gut. Sie sind verheilt und nicht mehr zu sehen.", erklärte er, zog meine Hand vom Ärmel weg, der von selbst wieder herunterrutschte, und nahm sie sanft in seine Hand. Ich sah ihm in die Augen. Er war nervös, das war leicht zu erkennen.

"Hör mal, ich weiß wirklich nicht, was das zwischen uns ist, doch nach letzter Nacht, weiß ich, dass da etwas ist. Ich will einfach wissen, wie es jetzt weitergehen soll.", sagte er und sah mir tief in die Augen. Erst war mir unklar, was er meinte, doch dann wurde mir klar, dass er wissen wollte, ob wir es mit einer 'Beziehung' (wie es die Menschen immer nannten) versuchen sollten oder nicht. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, denn scheinbar schien er auf alles vorbereitet zu sein, was ich nun sagen könnte. Auch wirkte es so, als würde er seinen eigenen Willen zurückhalten. Unentschlossen suchte ich in seinen Augen nach irgendetwas, das mir half, die passenden Worte zu finden.

"Wir könnten es miteinander versuchen oder auch nicht, wenn du es nicht willst.", meinte er leise und kam mit dem Gesicht langsam näher und ließ endlich durchblicken, was er wollte.
Ich lächelte in mich hinein.

"Also, wenn du ...", fing er wieder an.
"Oh halt endlich die Klappe!", fauchte ich und küsste ihn und nahm damit sowohl ihm als auch mir eine kleine Last von den Schultern.
Er entspannte sich spürbar, legte seine Arme um meine Taille und erwiederte den Kuss.

"Oh man, ernsthaft?", zerriss eine Stimme die Stille.
Wir schraken auseinander und sahen entsetzt zu der Person, die im Türrahmen stand und uns beobachtete.
Aman räusperte sich.
"Jioni, wie lange stehst du schon da?"
Das würde ich aber auch gerne wissen.
Grinsend lehnte sich die Leopardin an de Türrahmen.
"Seitdem ich die Tür aufgeschlossen und euch beide hier entdeckt habe.", sagte sie und wandte ihren Blick Aman zu.
"Und da hast du dich aufgeregt, dass ich sie deine Freundin genannt habe? Ist doch offensichtlich, dass es so ist."
Verdutzt sah ich zwischen ihnen hin und her.

"Ich habe dich nicht deswegen hergebeten.", erklärte Aman und ignorierte ihren Kommentar.

"Hast du auch nicht. Du willst wissen, ob es wahr ist, dass die Kleine hier fast sechs Tage lang durchgeschlafen hat. Ja, es ist wahr und bevor du voreilige Schlüsse ziehst, ich habe rein gar nichts mit ihrem Schlafbedürfnis zu tun.", erklärte sie und sah uns locker an. Wie konnte sie das alles wissen?
Ich sah zu Aman, der nur mit den Schultern zuckte.

"Womit hat es dann etwas zu tun?", fragte ich Jioni oder wie sie hieß. Sie wandte mir ihren Blick zu und sofort wurde ihr Gesichtsausdruck misstrauisch.

"Es hat scheinbar etwas mit dem Betäubungsmittel zu tun, das dir gespritzt wurde. Ob es allerdings eine einfache Nebenwirkung war oder, ob die Betäubung gezielt so aggressiv trotz Gegenmittel war, kann ich noch nicht sagen.", erklärte sie und ließ mich nicht aus den Augen. Irgendwie war mir ihre Gegenwart unangenehm, doch wusste ich nicht warum.

"Danke.", sagte Aman aufrichtig und streichelte sanft meinen Rücken. Eine kleine Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus.

"Okay ... ich gehe dann mal wieder.", sagte sie und verschwand so leise, wie sie gekommen war. Nur die Haustür war zu hören, als sie sie öffnete und wieder schloss.

Ich wandte mich Aman zu.

"Deine kleine Freundin mag mich nicht.", meinte ich und beibachtete ihn.

"Jioni mag Löwinnen allgemein nicht. Nicht seitdem sie von einem kleinem Rudel aus ihrem Revier vertrieben wurde. Seitdem lebt sie in meinem Revier und ganz ehrlich, es stört mich nicht. Sie ist so etwas, wie eine Nachbarin, die man fast nie sieht.", erklärte er.

Ich wusste, dass Leoparden so etwas wie der afrikanische Buschfunk waren, die über alles und jeden Bescheid wussten, der für sie von Interesse war. Es war etwas beängstigend, so jemanden in Amans Nachbarschaft zu wissen.

"Du musst dir ihretwegen keine Gedanken machen. Sie hilft mir nur, etwas herauszufinden.", erklärte er und nahm mich in den Arm.

Löwen - Das Geheimnis der SavanneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt