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Am Mittwochmorgen schreibt Fabian mir, dass er für Donnerstagabend eine Reservierung bekommen hat und wir essen gehen können. Es kommt mir nicht ungelegen, da ich am Donnerstag Nachtschicht habe und vom Restaurant zum Krankenhaus ist es nicht weit. Bleibt nur noch die Outfitfrage zu klären. Das Restaurant scheint teuer zu sein, also sollte man wohl angemessen gekleidet erscheinen. Eigentlich total merkwürdig dort mit seinem besten Freund Essen zu gehen, aber wir sind beide Single und wollen das Restaurant testen. Ich bin nur froh, dass ich endlich ein geregeltes Einkommen habe, auch wenn ich ab und zu immer noch bei Tobias Eltern aushelfe.

Ich habe mir schon im Voraus eine Hose und ein Top bestellt, die zwar schick aber auch unglaublich gemütlich sind. Jetzt fehlen nur noch die passenden Schuhe. Dafür habe ich mich mit Kate verabredet. Dean hat heute Nachmittag frei, sodass wir mal wieder ganz ungestört reden können. Ich weiß, dass Kate ihre Tochter über alles liebt, aber manchmal vermisst sie auch die alten Zeiten, in denen alles noch einfach war.

Den Arbeitstag bringe ich schnell hinter mich. Ich bin heute der Kardiologie zugeteilt, sodass ich Alex komplett aus dem Weg gehen kann. In der Notaufnahme halte ich mich so gut wie gar nicht auf. Da wir bereits in der zweiten Woche sind und unser Team am besten angeschnitten hat, dürfen wir bei Operationen zusehen und manchmal sogar die Haken halten. Auch wenn unsere Hauptaufgabe immer noch darin besteht Patienten mal Aspirintabletten zu verschreiben oder die Krankenakten aufzuarbeiten, wird die Arbeit zunehmend angenehmer und spannender. Trotzdem bin ich froh, als ich das Krankenhaus verlassen und etwas Zeit mit meiner besten Freundin verbringen kann.

Ich habe Kate schon ein Foto von meiner Kleidung geschickt, damit sie sich schon mal darauf einstellen kann die perfekten Schuhe zu suchen. Leider hat Kate Recht und es passen tatsächlich nur hohe Schuhe zu der Hose.

"Die sind doch klasse!", sagt Kate zum bestimmt vierten Mal und zeigt auf ein Paar Schuhe. Ich suche meine Größe heraus und ziehe sie an.

"Die sind viel zu hoch und der Absatz ist zu dünn. Ich kann darauf nicht laufen."

"Das kannst du doch üben."

"Wir gehen aber schon morgen essen, Kate.", erinnere ich sie neckend.

"Na gut."

Sie gibt sich geschlagen und wir setzen unsere Suche fort. Kate findet ein Paar Pumps, die ihr so gut gefallen, dass sie sie für sich kauft. In einem anderen Geschäft werde dann auch ich fündig. Nudefarbene Wildlederpumps die vorne spitz zulaufen. Ehrlich gesagt nicht meine erste Wahl, aber passend zum Dresscode und im gleichen Farbton wie die Hose. Die Verkäuferin überreicht mir die Tüte und wir verlassen zufrieden den Laden.

"Gehen wir noch einen Kaffee trinken? Ich lade dich ein.", schlage ich vor und Kate nickt.

Also setzen wir uns in ein kleines Café gegenüber des Schuhgeschäfts und bestellen uns jeweils einen Cappuccino. Das Café ist sehr einladend gestaltet und die Kellnerin ist total freundlich. Wir bekommen sogar noch einen Teller mit Keksen dazu.

"Wie war es denn heute auf der Arbeit?"

Ich trinke einen Schluck aus meiner Tasse bevor ich antworte. "Ganz gut. Ich war in der Kardio."

"Also kein Alex?"

Ich schüttle den Kopf. Kate nimmt einen Keks und tunkt ihn in den Cappuccino. Ich kann ihr ansehen, dass sie über irgendetwas nachdenkt.

"Weißt du, ich habe ein total schlechtes Gewissen. Schon seit Monaten."

"Wieso das denn?"

"Die Wette war meine Idee, erinnerst du dich? Und damit bin ich irgendwie an allem was passiert ist schuld.", erklärt sie.

"Kate, nein. Du bist vielleicht der Auslöser, aber schuld bist du nicht. Du meintest es nur gut und ich hatte eine wirklich schöne Zeit mit einem weniger schönen Ende aber das ist alles nicht deine Schuld.", versuche ich sie zu beruhigen. Mehr als Auslöser ist Kate nun wirklich nicht.

"Das hat Dean auch gesagt. Weißt du, ich bin so unsicher. Auf der einen Seite finde ich schrecklich was Alex dir angetan hat, aber.."

"Aber..?", hake ich nach, als sie nicht weiterspricht.

"Aber ich kann nicht glauben, dass Alex das alles nur gespielt hat."

"Er ist eben ein guter Schauspieler. Mach dir keine Vorwürfe, Kate."

"Naja und da ist noch was..", fügt sie unsicher hinzu. Diesmal warte ich einfach bis sie fortfährt. "Naja, Alex ist Linas Patenonkel und die beiden sind ein Herz und eine Seele."

"Ich weiß, dass Alex sie sehr mag. Was hat das mit mir zu tun?"

"Ich.. Ich habe mich einfach gefragt wie das funktionieren soll wenn Lina Geburtstag hat. Vor allem wenn sie älter wird."

"Weil Onkel Alex nie zu ihrem Geburtstag kommt?"

Langsam verstehe ich, worauf Kate hinaus möchte. Sie nickt und sieht betreten in ihre Tasse, die mittlerweile fast leer ist.

"Kate, du kannst ihn trotzdem einladen. Ich arbeite mit ihm zusammen, da überstehe ich das auch noch. Mach dir keine Probleme wo keine Probleme sind. Ich kann mit Alex' Anwesenheit klarkommen, aber schlag dir bitte aus dem Kopf, dass wir wieder zusammen kommen."

"Das werde ich erst tun wenn du den Ring abnimmst.", kontert sie.

Diesmal sehe ich auf meine Tasse. Kate hat ja Recht, aber ich kann es einfach nicht. Damit beende ich diesen Lebensabschnitt komplett und ein kleiner Teil von mir hofft immer noch darauf, dass das alles ein großes Missverständnis war. Aber um das herauszufinden müsste ich mit Alex reden und das will ich ebenfalls nicht. Ich bin in der Zwickmühle. Reden oder Schweigen. Ring am Finger oder Ring nicht am Finger.

"Lass uns über etwas reden.", schlägt Kate vor. Bei einem Blick auf die Uhr fügt sie hinzu: "Vielleicht auf dem Weg zum Auto? Ich wette Dean hat es geschafft die ganze Bude auf den Kopf zu stellen."

Also bezahlen wir und gehen anschließend zum Auto. Ich habe Kate mitgenommen, sodass ich sie auch bei sich Zuhause absetzen muss. Ich halte am Straßenrand und warte bis Kate ihre Sachen zusammen hat.

"Also dann. Erzähl mir wie das Essen war, vielleicht gehen Dean und ich dann auch einmal hin."

"Mache ich.", antworte ich lächelnd und winke ihr noch einmal zu. Dann steigt die aus und geht zur Haustür. Ich mache mich auf den Weg nach Hause und nehme mir fest vor sofort schlafen zu gehen, um genug Schlaf zu bekommen.

DoctorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt