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Fabians Gesichtsausdruck spiegelt meine Gedanken wieder. Was zur Hölle war das? Und wieso? Das wird unsere ganze Freundschaft zerstören.

"Es tut mir leid.", murmelt Fabian. "Ich weiß nicht was in mich gefahren ist."

Ich stehe stocksteif da und starre meinen besten Freund an. Wo ist die Zeitmaschine in die ich einsteigen kann? Ich habe jetzt genau zwei Möglichkeiten und es wird nie wieder sein wie zuvor. Dieser Kuss hat alles verändert. Fabian fährt sich durch die Haare und sieht kurz zu Boden, bevor er seinen Blick wieder auf mich richtet.

"Ich, ähm, ich muss...", stammle ich ohne wirklich zu wissen was ich sagen möchte.

"Du musst nichts sagen."

Und dann? Wie wollen wir denn dann weitermachen? So tun, als wäre das nie passiert? Als hätte Fabian nicht eindeutig Gefühle, die weit über eine Freundschaft hinausgehen?

"Ich muss darüber nachdenken." Ich mache eine kurze Pause. "Und ich muss arbeiten. Ich bin spät dran."

"Okay. Willst du mich anrufen?"

Ich nicke und zwinge mich zu einem Lächeln. Dann drehe ich mich schnell um und verschwinde durch die Eingangstür im Krankenhaus. Wie soll ich denn jetzt arbeiten? Ich muss Kate anrufen.

Im Foyer läuft Alex mir über den Weg. Besser gesagt, er versperrt mir den Weg und verschränkt die Arme. Bitte lass ihn nichts gesehen haben. Es wird alles immer schlimmer.

"Trägt man so etwas neuerdings?", scherzt er. Doch mir ist gar nicht nach Scherzen zumute. Was soll ich nur machen? Und wieso kann Alex es nicht einfach einmal gut sein lassen und sich nicht so aufführen als wären wir befreundet, verliebt oder sonst irgendetwas?

"Ich hatte ein Date.", patze ich ihn an und entscheide mich, doch lieber die Treppen zu nehmen. Doch da habe ich die Rechnung ohne Alex gemacht, der viel sportlicher ist, als ich, und mir schnell folgt.

"Ist denn alles in Ordnung? Du wirkst durcheinander."

"Mir geht es gut."

Ich verlasse das Treppenhaus und öffne die Tür zur Umkleide. Dort hole ich meinen Kittel aus dem Spind. Alex steht immer noch in der Tür und beobachtet jede meiner Bewegungen.

"Willst du mir jetzt auch noch beim umziehen zusehen?"

"Nichts, was ich nicht schon gesehen hätte." Er grinst dreckig und schließt die Tür. Jetzt bin ich mit ihm alleine in dem kleinen Raum. Großer Gott, das kann doch alles gar nicht wahr sein. Mein Leben ist ein schlechter Witz.

"Hör auf damit. Zwischen uns ist nichts mehr! Wieso willst du das denn nicht verstehen?" Wütend sehe ich meinen Exfreund an.

"Weiß dein Date", er stellt mit den Händen Anführungszeichen in der Luft dar, "denn von deinem Ring?"

"Bilde dir bloß nichts darauf ein! Und ja, er weiß von dem Ring. Außerdem.." Ich ziehe mir den Kittel über und lasse meine anderen Klamotten einfach an. Ich werde mich nicht vor Alex ausziehen. "Außerdem trage ich den nur noch, weil er zu klein ist und nicht mehr ab geht."

"Klar. Hast du keine Turnschuhe dabei?"

"Sehe ich so aus?", stelle ich die genervte Gegenfrage.

"Dann ist heute wohl dein Glückstag. Komm mit, du bist mir für die nächsten zwei Tage zugeteilt."

Nein, bitte nicht. Ich seufze, folge Alex dann in den Flur. Der Klang meiner hohen Schuhe hallt durch den Gang. Alex führt mich in einen dunklen Raum, an dessen Wänden CT Aufnahmen hängen. Ich erkenne es sofort.

"Das ist.."

"Ein ziemlich großes Astrozytom des Mittelhirns mit kompressionsbedingtem Hydrozephalus.", beendet Alex meinen Satz. Ich trete einen Schritt näher und betrachte die Aufnahmen.

"Das ist der Wahnsinn."

"Der Patient ist einundzwanzig Jahre alt. Du wirst die Nacht damit verbringen dich auf die Operation vorzubereiten. Ich möchte, dass du jeden meiner Schritte in und auswendig kennst. Alle Risiken, alle Alternativen."

"Du meinst ich soll dir assistieren?", frage ich ungläubig nach. Wieso tut Alex das? Denkt er, er kann mich so zurückgewinnen, oder will er mir wirklich bei meiner Karriere helfen?

"Das kann deine Karriere einen großen Schritt weiter bringen. Also bereite dich vor. Es werden viele Ärzte zusehen. Davon darfst du dich nicht ablenken lassen. Hier ist eine Kopie der Krankenakte."

Ich nehme sie sprachlos an. Die zweite Woche und so eine große Operation? Alex assistieren? Kann ich das überhaupt? Aber ich muss es tun. Das könnte mich so weit bringen und ich hätte einen großen Vorsprung vor den anderen.

"Okay." Ich gehe zur Tür.

"Melissa?"

"Ja?" Er schweigt, aber ich bleibe noch stehen, weil es so aussieht, als läge ihm noch etwas auf der Seele.

"Ich habe euren Kuss gesehen. Du und Fabian. Ich weiß, du brauchst mein okay nicht. Und du willst es wahrscheinlich auch gar nicht. Aber ich möchte nur, dass du weißt, dass es okay ist. Fabian ist ein netter Kerl und ich weiß, dass er dir niemals wehtun würde. Ich meine.. Es tut mir weh, sehr sogar, aber das wird vorüber gehen. Und bitte nimm keine Rücksicht. Ich weiß, dass du auf harte Schale machst, aber ich weiß auch, dass da ein weicher Kern ist. Ich möchte, dass du glücklich wirst."

"Ich weiß nicht, ob ich glücklich werden kann." Eine Träne rollt über meine Wange. "Ich wollte mit dir glücklich werden und dann das ganze Theater. Ich kann dir nicht verzeihen, aber ich weiß auch nicht, ob ich ohne dich glücklich werden kann."

"Natürlich kannst du glücklich werden."

Er kommt näher und legt sanft seine Hand an meine Wange. Instinktiv ziehe ich mich etwas zurück, lasse ihn aber meine Hand nehmen.

"Ich weiß, dass du mir nicht verzeihen kannst. Und ich weiß, dass du meine Erklärung nicht hören möchtest. Vielleicht irgendwann, aber jetzt eben nicht. Und das ist völlig in Ordnung. Du musst mich nicht als Freund betrachten, aber als Vorgesetzter. Als Vorgesetzter, der dir helfen will."

"Ich bin so verwirrt, Alex. Ich weiß nicht wo mir der Kopf steht. Ich weiß nicht was ich fühlen soll. Meine Gedanken sind so wirr. Und du machst dieses hin und her mit."

"Möchtest du Kate anrufen?" Ich nicke. "Okay, nimm die Akte, geh in einen Besprechungsraum und ruf sie an. Aber dann musst du dich vorbereiten, okay? Du hast nur bis morgen Abend Zeit."

"Danke."

Ich wische mir mit dem Ärmel meines Kittels über mein Gesicht. Hoffentlich ist die Schminke nicht komplett verschmiert. Ich weiß nicht wie es weiter gehen soll. Wieso ist Alex auf einmal so kooperativ? Was ist das mit Fabian? Und wie sind meine Gefühle?

"Ich konnte dir nicht der Mann sein, den du verdient hast. Aber ich kann dir der Oberarzt sein, den du verdienst."

DoctorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt