Ich steige aus dem Auto und sehe hoch. Mein cremefarbenes Kleid geht mir bis kurz über die Knie und passt zu Fabian's Krawatte. Dean hatte Kate vor zwei Wochen einen Antrag gemacht. Schon heute wollten sie heiraten. Ich hätte gedacht, dass Kate sich viel Zeit für die Planung nimmt. Sie wollte es prunkvoll, schließlich ist es der wichtigste Tag ihres Lebens. Aber irgendwie ging dann doch alles ganz schnell und die Hochzeit war für heute angesetzt. Geheiratet wird in einem alten Schloss.
Auch wenn alles so schnell ging, die Planung war alles andere als einfach. Ich sollte Kate's Trauzeugin werden. Dean hatte sich für James entschieden. Dementsprechend sollte Alex auf Lina aufpassen. Da Kate ihre Trauzeugen aber nicht die ganze Zeit vorne stehen haben wollte, hatte sie uns, also Alex, Fabian, James, Lilly und mir, Plätze in der ersten Reihe reservieren lassen. Ich weiß nicht, ob es Kate's Absicht gewesen war, aber ich sitze zwischen Fabian und Alex. Diese Nähe ist unerträglich. Zum einen, und das kann ich einfach nicht verleugnen, fühlt sich ein kleiner Teil von mir immer noch zu ihm hingezogen, und zum anderen fühle ich mich verletzt. Dabei war das doch im Krankenhaus auch kein Problem. Vielleicht verletzt mich aber auch die Tatsache, dass Alex und ich auch heiraten wollten. Wir hätten da vorne stehen und uns das Ja-Wort geben sollen. Es tut weh zu sehen, was ich verloren habe.
Ich verdränge meine Gedanken und drücke Fabian's Hand. Lina streckt ihre kleinen Arme nach mir aus und mit meiner Rechten Hand nehme ich eine ihrer Hände und rede mit ihr. Auf Alex versuche ich nicht zu achten. Wir wollten auch Kinder haben und doch sollte es bei uns einfach nicht sein.
Es ärgert mich, dass ich nichtmals am wichtigsten Tag im Leben meiner besten Freundin nicht an mich denken kann.Dean steht nervös vorne und wartet. Endlich geht die Türe zum Saal auf und Kate betritt den Raum. Ihre roten Haare sind hochgesteckt und das Kleid sitzt perfekt. Sie ist wunderschön. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen und ich verspüre puren Stolz. Das ist meine beste Freundin.
Die Zeremonie ist ebenso wunderschön und teilweise habe ich Tränen in den Augen. James und ich stehen auf und unterschreiben, dann geht Alex nach vorne und übergibt Lina an ihre Eltern. Gefeiert werden soll im Saal nebenan. Das Essen ist, als hätte Kate es selbst gekocht, was mich im Übrigen auch nicht gewundert hätte. Es schmeckt großartig. Eine Band spielt auf einer kleinen Bühne im Raum. Irgendwann trauen die ersten sich auf die Tanzfläche. Der Hochzeitstanz wird aufgerufen und als sich dem Brautpaar immer mehr Gäste anschließen, fragt auch Fabian mich, ob ich tanzen möchte. Ich nicke und lasse zu, dass er seine Hände an meine Hüfte legt. Wir bewegen uns langsam zur Musik. Ich sehe über Fabians Schulter und lasse meinen Blick durch den Raum schweifen. Dann entdecke ich Alex. Er tanzt mit einer Frau. Sie ist hübsch und ich spüre, wie die Eifersucht in mir wütet.
In diesem Moment wird mir noch einmal klar, dass es nichts bringen wird ein Arbeitsverhältnis mit Alex aufrecht zu erhalten. Ich kann ihn nicht nur als Oberarzt sehen. Er ist doch mein Vorgesetzter. Ich kann meine Gefühle nicht verdrängen. Ich sollte mich auf Fabian konzentrieren, aber es geht einfach nicht. Als hätte Alex bemerkt, dass ich ihn beobachte, sieht er plötzlich auf und sieht mich mit seinen strahlend blauen Augen an.
"Entschuldige mich kurz", murmle ich Fabian erschrocken zu. "Ich muss nur eben zur Toilette." Ich suche nach der Tür, die aus dem Raum führt, gehe so normal wie möglich heraus, doch als ich die Türe hinter mir ins Schloss fallen höre, fange ich an zu laufen. Immer schneller.
Mir wird alles zu viel.
Ich kann das einfach nicht."Melli!", höre ich Alex hinter mir rufen. Er war mir gefolgt. Verdammt. Ich laufe noch schneller, so schnell wie meine Schuhe es zulassen.
"Melissa, bleib stehen."Ich erreiche die Türe, die meines Wissens nach zu einem Waschraum führt. Ich kann sie allerdings nicht schnell genug schließen. Alex stellt einen Fuß zwischen die Tür, drückt sie auf und tritt ein. Ich dränge mich an die hintere Wand. Er schließt die Tür ab.
"Lass mich, Alex.", bringe ich hervor. Ich sehe auf den Boden.
"Melli. Ich will nur.. Nur sichergehen, dass alles okay ist.", stammelt er. Da platzt mir der Kragen.
"Nein, es ist nichts okay! Es ist gar nichts okay, verstehst du?" Alex sieht mich an. "Hör auf mich so anzusehen. Hör auf damit, hör auf damit, Alex! Fabian hat Pläne. Ich mag ihn, er ist perfekt für mich und ich versuche so sehr glücklich zu sein. Nach allem was du mir angetan hast, versuche ich wieder glücklich zu sein, aber..."
"Melissa, beruhige dich doch!"
"Nein, ich kann nicht atmen, Alex!" Meine Stimme erhebt sich, wird immer unkontrollierter. Ich achte gar nicht auf das was Alex sagt oder sagen möchte.
"Ich kann nicht atmen wenn du mich so ansiehst. Also hör verdammt nochmal auf damit! Ich kann einfach nicht mehr. Das funktioniert nicht. Ich mache allen etwas vor und belüge jeden der mir wichtig ist. Ich belüge mich selbst.""Es könnte ja alles so einfach sein! Du willst doch einfach nur nicht zuhören, das ist unser Problem!" Alex kommt einige Schritte auf mich zu. Wenn ich wollte könnte ich ihn nun berühren. Seine Stimme zittert, als versuche er nicht loszuschreien.
"Ich muss dir nicht zuhören, Alex! Wir wollten heiraten, Kinder kriegen. Ich wollte den verdammten Rest meines Lebens mit dir verbringen und dabei war ich dir nie so wichtig wie das Geld für das du mich belogen hast!"
Er sieht mich einen Moment sprachlos an. Dann beugt er sich vor und presst seine weichen Lippen hart auf meine. Ich habe keinen Tropfen Alkohol getrunken und bin doch so benebelt. Gott, wie ich diese Lippen vermisst habe. Und so lasse ich es zu, dass seine Lippen sanfte Küsse auf meinem Hals platzieren und seine Hände meinen Körper berühren, während meine Hände sich fest in seine braunen Haare krallen und Tränen mir über die Wange strömen.
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Doctor
Teen FictionNach der Trennung von Alex kämpft Melissa sich durchs Leben. Sie hat ihr Studium beendet und sich bei verschiedenen Krankenhäusern beworben. Als sie eine Zusage von dem Krankenhaus, in dem auch Alex gearbeitet hat, bekommt, nimmt sie ohne zu Zögern...