Nachdem Alex alles für das Essen vorbereitet und nebenbei immer wieder versucht hat mir das schlechte Gewissen auszureden, sitzen wir in einer Decke eingekuschelt auf dem Sofa, essen und sehen uns "Ist das Leben nicht schön?" an. Draußen ist es dunkel und man kann den Schnee kaum noch sehen, drinnen jedoch erhellt der Weihnachtsbaum das Wohnzimmer. Dafür, dass es unser erstes gemeinsames Weihnachten ist, und Alex alles alleine auf die Beine stellen musste, ist es mehr als perfekt.
Es ist ein merkwürdiges Gefühl zu Wissen, dass es unser erstes Weihnachten zu zweit ist und wohl auch für die nächsten Jahre bleiben wird. Trotz allem beginne ich mich über unser Baby zu freuen. Ich kann es kaum abwarten, dass es sich zum ersten Mal bewegt. Es ist ein unfassbares Glück.
"Fahren du und Nathan über Weihnachten eigentlich nie zu deinen Eltern?", frage ich, als der Abspann vom Film läuft.
"Nicht mehr. Nathan war immer beim Bund und meine Eltern sind zu Nachbarn gegangen, also habe ich mir angewöhnt über die Feiertage zu arbeiten."
"Kann ich verstehen."
"Ich habe noch eine Frage.", sagt Alex plötzlich, stellt unsere Teller auf den Tisch und dreht sich etwas zu mir.
"Ich würde meinen Eltern das mit uns und dass sie Großeltern werden gerne persönlich sagen. Würdest du mich begleiten? Natürlich erst wenn du wieder vollkommen fit bist, aber es wäre mir wirklich eine große Hilfe dich an meiner Seite zu haben."
Es ist süß, wie unbeholfen Alex beim formulieren seiner Frage wirkt. Um ihn nicht auf die Folter zu spannen, willige ich schnell ein. Das entspannt ihn deutlich.
"Und wann willst du es Kate sagen?"
"Ich habe keine Ahnung.", gestehe ich. "Sie hat mich letztens noch gefragt, ob wir nicht im Sommer verreisen wollen."
"Wann ist denn der Stichtag?"
Ich zucke mit den Schultern. "Den genauen Tag habe ich nicht im Kopf, aber es ist irgendwann im Juni. Ich hab ihr erstmal gesagt, dass wir ja auch spontan noch im Winter verreisen können, aber andererseits möchte ich noch so lange wie möglich arbeiten. Vielleicht versteht sie es besser, wenn ich ihr die Wahrheit gesagt habe."
"Wie wäre es vor der Silvesterparty?", fragt Alex.
"Daran habe ich auch schon gedacht. Aber ich möchte auf keinen Fall, dass sie es den anderen schon erzählt. Ich will erst, dass die ersten drei Monate voll um sind. Und außerdem erfährt sie dann auch von der Sache auf ihrer Hochzeit und ich bin mir nicht sicher wie sie das aufnehmen wird."
Alex nickt nachdenklich. Dann schlägt er vor einfach abzuwarten und es ihr bei Gelegenheit zu sagen. Es ist natürlich nicht ideal, gerade weil ich die Sache nicht länger aufschieben möchte wie nötig, aber es ist wohl doch das Beste was wir aus der Situation noch machen können. Immerhin bin ich nicht alleine und habe Alex an meiner Seite.
Das schlechte Gewissen werde ich trotzdem nicht los. Ich habe ihm monatelang nicht zugehört und nicht glauben wollen. Und trotz allem kümmert er sich so liebevoll um mich und tut so, als wäre das alles nie passiert. Wenn ich eines weiß, dann ist es, dass es so einen perfekten und aufrichtigen Mann wohl kaum zwei mal auf der Welt gibt.
Wir machen Weihnachtsmusik an und während Alex aufräumt und alles in die Küche bringt, sehe ich ihm einfach dabei zu. Es ist immer noch gewöhnungsbedürftig, dass wir bald eine kleine Familie sind. Und das, obwohl ich so oft wenn ich sehe wie er etwas tut ein Déjà Vu habe.
Nachdem alles erledigt ist, kommt Alex zurück und setzt sich wieder zu mir."Ich habe noch etwas für dich."
"Oh nein, Alex, das ist unfair. Ich hatte gar nicht die Chance dir etwas zu besorgen.", protestiere ich sofort. Alex lächelt.
"Du brauchst mir nichts zu besorgen. Es macht mich schon überglücklich, dass du wieder bei mir bist. Und du trägst unser Kind in dir. Du könntest mir kein größeres Geschenk machen."
"Naja, du machst mir doch auch schon ein Geschenk indem du mir meine Dummheit verzeihst.", wende ich ein.
Alex seufzt und schenkt mir einen genervten Blick. "Du machst das hier nicht gerade einfacher für mich."
Dann reicht er mir ein kleines Päckchen.
"Ich bin nicht gut im Geschenke einpacken. Mach es einfach auf."Ich gebe mich geschlagen und nehme ihm das Päckchen aus der Hand. Nach dem ich das Geschenkpapier entfernt habe, kommt eine schwarze Schachtel zum Vorschein. Es dauert ein paar Sekunden, bis ich den Verschluss gefunden habe. Alex rutscht nervös hin und her. Dann bekomme ich es endlich hin und öffne die Schachtel. Zum Vorschein kommt der Ring, den Alex mir schon einmal gegeben hat. Als er vor mir auf die Knie gefallen ist und um meine Hand angehalten hat.
"Sie mussten ihn dir für die Operation abnehmen. Aber ich möchte, dass wir genau da weiter machen, wo wir aufgehört haben. Ich liebe das was wir haben. Und ich liebe unser Baby. Und ich liebe dich. Wenn dir das zu schnell geht ist das okay. Dann lassen wir uns Zeit. Aber es wäre mir eine Ehre wenn du mich heiraten würdest, Melissa."
Ich bin so gerührt, dass ich gar nicht weiß was ich sagen soll. Ich ziehe ihn einfach zu mir und lasse unsere Lippen sich vereinen.
"Ist das ein 'Ja'?"
"Ja. Natürlich. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie glücklich du mich machst."
Alex nimmt lächelnd meine Hand, um mir den Ring überzustreifen. Das kalte Material fühlt sich vertraut an. Es ist, als hätten wir das Videospiel nicht gespeichert und trotzdem beendet; Alles ist wie vorher. Und auch wenn es vielleicht nicht der beste Weg ist, ist es der Weg, der sich am besten anfühlt. Und auch wenn der Weg bis hierhin sehr holprig war, ich würde es immer wieder genau so machen.
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Doctor
Teen FictionNach der Trennung von Alex kämpft Melissa sich durchs Leben. Sie hat ihr Studium beendet und sich bei verschiedenen Krankenhäusern beworben. Als sie eine Zusage von dem Krankenhaus, in dem auch Alex gearbeitet hat, bekommt, nimmt sie ohne zu Zögern...