"Es war wirklich schön euch beide wiederzusehen.", sagt Karin und zieht mich in eine feste Umarmung.
Es ist schon Sonntag. Der Tag unserer Abreise. Alex' Eltern konnten spontan noch einen Tisch in einem Café organisieren, sodass wir alle zusammen frühstücken gehen konnten. Unsere Koffer sind bereits im Auto um die Ecke.
Der Abschied fällt mir nicht einfach, denn Karin und Henry sind mir sehr ans Herz gewachsen. Ich fühle mich bei ihnen wie ein Teil der Familie, als hätten sie mich ohne wenn und aber einfach so in ihre Mitte aufgenommen. Ein Gefühl, welches ich lange nicht mehr erleben durfte und welches mich deshalb noch mehr erfüllt und den Abschied schmerzhafter macht.
"Kommt uns doch bald einmal besuchen.", schlage ich vor. Alex legt lächelnd einen Arm um meine Hüfte.
"Aber lieber erst wenn das Kinderzimmer fertig ist. Sonst bekommt Mamma noch einen Anfall bei dem ganzen Chaos."
"Wir kommen spätestens zu eurer Hochzeit. Aber das Chaos will ich mir tatsächlich nicht antun."
"Vielleicht komme ich für die Zeit, in der Alex das Chaos über unsere Wohnung herrschen lässt, einfach zu euch nach Island.", scherze ich.
Das was Alex' Vater daraufhin sagt lässt es mir ganz warm ums Herz werden.
"Du bist hier jederzeit willkommen."
Henry ist kein Mensch der großen Worte. Deshalb ist dieser eine Satz von noch größerer Bedeutung für mich. Ich bin wirklich angekommen.
Noch einmal umarmen wir uns alle, dann müssen wir uns endgültig verabschieden. Alex startet den Wagen und fährt los. Henry und Karin winken uns noch so lange hinterher, bis ich sie nicht mehr sehen kann.
Während der Fahrt ist es größtenteils still. Ich glaube, wir wissen beide nicht wirklich was wir sagen sollen und außerdem bin ich so müde, dass ich sofort wieder einschlafen könnte. Am Flughafen angekommen, geht es diesmal schneller als bei unserer Ankunft. Wir müssen nicht so lange anstehen, um das Auto wieder abzugeben und kommen auch ansonsten ganz gut durch. Vor Abflug informiere ich Kate schnell darüber, dass wir auf dem Heimweg sind, und am Flughafen in Düsseldorf schreibe ich ihr, dass wir sicher gelandet sind.
Damit wir die hohen Parkgebühren nicht haben zahlen müssen hatte Julia uns zum Flughafen gefahren. Nun sollte Lucas uns wieder abholen.
"Und, wie war es? Was haben deine Eltern gesagt?"
"Sie freuen sich sehr.", antworte ich strahlend.
"Und haben uns natürlich gleich darauf aufmerksam gemacht, wie viel Arbeit jetzt auf uns zukommt. Wir müssen alles einkaufen und einrichten, heiraten und so weiter... Und das bis Juni."
"Das kriegt ihr hin. Ich helfe euch gerne."
*
Erschöpft setze ich mich aufs Sofa. Ein Aspekt der mich an der Schwangerschaft wirklich nervt. Ich bin ständig müde.
"Wir sollten die Koffer ausräumen." Stöhnend erhebe ich mich wieder, aber Alex zieht mich zurück aufs Sofa.
"Das hat noch Zeit. Ruh dich aus, ich mach das gleich."
"Okay. Aber wir müssen das wirklich gleich machen. Wir haben so viel zu tun."
Plötzlich höre ich ein Geräusch aus dem Flur. Es hört sich so an, als würde jemand versuchen die Wohnungstür aufzuschließen. Auch Alex hat das Geräusch gehört.
"Du wartest hier.", sagt er und geht in den Flur. Es vergehen ein paar unbehagliche Sekunden, dann kommt Alex mit Kate im Schlepptau zurück. Sie trägt zwei Kartons mit sich.
"Hi.", sagt sie und stellt die Kartons auf den Boden neben den Tisch. "Wollte den Schlüssel zurückgeben, aber hatte keine Hand frei um richtig aufzuschließen."
Ich hatte ganz vergessen, dass wir Kate den Ersatzschlüssel gegeben hatten, damit sie nach den Rechten sehen kann, während wir weg waren. Sie setzt sich in den Sessel und zieht die Kartons zu sich heran.
"Was hast du da mitgebracht?", fragt Alex und setzt sich ebenfalls wieder hin.
"Hochzeitssachen. Keine Angst, ihr müsst nur ein paar Fragen beantworten, um den Rest kümmere ich mich, aber es ist jetzt alles sehr spontan und muss schnell gehen. Wir müssen auch bald nach einem Kleid für Melissa gucken und du, Alex musst mit Dean einen Anzug kaufen gehen."
Sie packt einige Kataloge aus ihren Kisten aus. Dann faltet sie ein Blatt Papier, welches sich als Checkliste entpuppt, aus.
"Okay. Also, ihr heiratet kirchlich. Also die Location ist eine Kirche. Das heißt wir brauchen nur noch eine Location für den Abend, die treibe ich auf. Hier ist eine vorläufige Gästeliste, die ich zusammen mit Julia erstellt habe. Die müsstet ihr bitte bis nächste Woche ergänzen. Ich weiß, das ist stressig, aber sonst schaffen wir das nicht."
Überfordert nehme ich die Gästeliste an mich, aber es bleibt keine Zeit sie zu überfliegen, denn Kate macht direkt weiter und reicht uns vier verschiedene Designs der Einladungskarten. Die Entscheidung fällt schnell. Alex und ich sind uns sofort einig.
"Diese Dokumente müsst ihr so schnell wie möglich bei der Stadt beantragen." Erneut reicht sie uns eine Liste. "Möchtet ihr Orgelmusik oder eigene?"
"Eigene.", sagen Alex und ich gleichzeitig. Lächelnd sehe ich ihn an.
"Sehr gut. Hier eine Vorauswahl, auch die müsst ihr ergänzen. Dann mache ich euch einen Termin mit dem Pfarrer aus, da könnt ihr den Ablauf besprechen. Nächster Punkt: Wer sind die Trauzeugen? Alex?"
"Nathan.", antwortet er. Auch wenn wir noch nicht darüber gesprochen hatten, irgendwie hatte ich mir gedacht, dass er seinen Bruder auswählen würde.
"Melissa?"
"Ist das eine ernst gemeinte Frage?" Ich lache und Kate grinst breit. Dann notiert sie ihren Namen auf dem Blatt.
"Essen egal?" Wir nicken. "Deko darf ich auch machen?"
"Aber nicht zu kitschig."
"Okay. Die Flitterwochen buchen wir wenn wir ein Datum für die Hochzeit haben, dann müsst ihr das auch direkt mit eurem Chef vereinbaren. Ziel Überraschung?"
Erneut nicken wir. Kate übernimmt tatsächlich die größten Teile der Planung. Das wäre aufgrund des Zeitdrucks auch nicht anders möglich. Andererseits stört es uns auch nicht wirklich.
"Blablabla.. Das hier" sie zeigt auf ein paar Stichpunkte, "mache alles ich. Kutsche oder Auto?"
"Auto.", antworte ich sofort. Alex fügt sich. Eine Kutsche wäre zwar wirklich schön und romantisch, aber auch teuer und würde viel zu viel Aufsehen erregen. Das hätten wir tun können, wenn wir die Hochzeit von RTL verfilmen lassen würden, aber das hatten wir von Anfang an strikt abgelehnt.
"Ihr müsst einen Tanzkurs machen. Dazu später. Besondere Wünsche bezüglich der Blumenkinder?"
"Auf jeden Fall Lina. Und Wendy, die würde sich sicher freuen.", sage ich. Alex nickt und nennt auch noch ein paar Namen. Auch die Namen der Brautjungfern fallen schnell.
"Dann müsst ihr die Ringe besorgen. Alex bekommt einen Junggesellenabschied, den Dean organisiert. Ich denke du willst keinen, Melissa?"
Ich schüttle den Kopf. Sie streicht den Punkt von der Liste.
"Super. Bei dem Rest komme ich so weit klar und sage euch Bescheid, falls ich noch Hilfe brauche. Ihr werdet euch überraschen lassen müssen. Melissa, passt nächste Woche für das Kleid?"
"Mittwoch habe ich frei."
"Perfekt. Dann bleibt nur noch eine Frage..."
Ich merke, dass Kate nervös wird. Diese Frage hat sie sich scheinbar nur für den Schluss aufgehoben, weil sie nicht wusste, wie sie sie stellen solle. Fragend sehe ich meine beste Freundin an.
"Wer führt Melissa zum Altar?"
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Doctor
Teen FictionNach der Trennung von Alex kämpft Melissa sich durchs Leben. Sie hat ihr Studium beendet und sich bei verschiedenen Krankenhäusern beworben. Als sie eine Zusage von dem Krankenhaus, in dem auch Alex gearbeitet hat, bekommt, nimmt sie ohne zu Zögern...