Alex PoV
Ich sitze immer noch so da, als Tobias wieder kommt. Allerdings bin ich etwas gefasster und meine Gedanken sind immerhin etwas klarer als vorher und ich habe meine Gefühle nach außen hin unter Kontrolle.
„Wie geht es ihr?", frage ich leise. Tobias setzt sich zu mir auf den Boden und jetzt, wo ich ihn so betrachte, sieht auch er ganz schön mitgenommen aus. Die Freundschaft zwischen ihm und Melissa scheint sich doch ganz schön vertieft zu haben.
„Ist alles ziemlich hektisch da drin. Dein Bruder kommt gleich und erklärt dir alles. Darf ich überhaupt ‚du' sagen? Tut mir leid, ich hab nicht wirklich drüber nachgedacht."
Ich muss lachen. „Klar darfst du. Du bist echt ein netter Kerl. Ich habe nie verstanden, wieso Melissa dir das von damals verziehen hat und ehrlich gesagt, ich würde lügen wenn ich behaupten würde es jetzt zu verstehen, aber ich bin froh, dass sie es getan hat."
„Geht mir genauso."
Die Zeit bis Nathan endlich den Schockraum verlässt kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Tobias ist schon lange gegangen um sich mit Arbeit etwas abzulenken. Meine Haut spannt, als meine Tränen langsam trocknen. Ich sehe die kahle Wand gegenüber an.
Nathan ist ganz der professionelle Arzt und im ersten Moment macht es mich wütend. Die Frau, die ich, sein Bruder, über alles liebe, liegt da drin und er zeigt keinerlei Emotionen? Meine Wut hält jedoch nicht lange an, denn ich weiß genau, dass ich nicht anders reagieren würde wenn es andersrum wäre. Wie soll er auch sonst einen kühlen Kopf bewahren und vernünftig arbeiten? Er legt mir eine Hand auf die Schulter.
„Komm mit, wir suchen uns einen Raum."
Da Widerspruch hier ohnehin nicht hilft, spare ich mir alle meine Fragen auf und lasse mich von Nathan aus der Notaufnahme bringen. Wir gehen in den nächsten Bereitschaftsraum und ich lasse mich erschöpft auf das Bett fallen. Nathan setzt sich zu mir. Als er mich über Melissa's Verletzungen aufklärt wird mir ganz anders.
Es ist noch schlimmer, wenn man selbst Arzt ist und weiß, was das alles bedeutet.
Mir wird übel und mir bleibt nichts anderes übrig als mein Gesicht in meinen Händen zu vergraben.„Es sah aber viel schlimmer aus, als es in Wirklichkeit ist. Sie wird gleich operiert, aber ich würde sagen, dass sie durchkommt. Du kannst danach zu ihr."
Ich nicke. Sie kommt durch. Sie wird es schaffen. Hoffentlich. Nathan legt eine Hand auf meine Schulter und ich lehne mich an ihm an. Es sind seltene Momente, in denen wir richtige Brüder sind; in denen wir füreinander da sind. Aber es sind die Momente, die eine Familie ausmachen. Ich kann immer auf Nathan zählen, auch wenn er ziemlich oft Scheiße baut und unmöglich sein kann. Und er kann immer auf mich zählen, ganz egal wie es nach außen hin manchmal aussieht. Er ist mein großer Bruder.
„Was ist mit dem Baby?", frage ich beunruhigt.
„Dem geht's super. Hat nichts abbekommen. Melissa hatte wirklich Glück im Unglück." Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: „Ist es deins?"
„Ja. Ich wusste es nicht."
„Sie wusste es bestimmt selber noch nicht lange. Die Bilder wurden heute gedruckt. Das ist unglaublich. Mein kleiner Bruder wird Vater und ich werde Onkel."
Ich muss Lächeln. Wer Nathan als Onkel hat kann sich auf was einstellen. Aber es ist doch irgendwie das größte Glück. Melissa und ich werden Eltern. Und irgendwie habe ich die Hoffnung, dass wir endlich reden können. Alles aufklären. Aber das ist vorerst egal. Ihre Gesundheit ist am wichtigsten.
„Wann wirst du es Mom und Dad sagen? Die werden sich so freuen! Ein kleines Weihnachtswunder.", schwärmt Nathan.
„Das hat noch Zeit. Erstmal muss Melissa gesund werden und dann müssen wir noch einiges klären."
„Ich bin mir sicher, dass ihr das ganz schnell hinbekommen werdet. Wenn ihr nach Hause fliegt will ich mitkommen!"
Ich gebe mich geschlagen. „Ich werde dir Bescheid sagen."
„Leg dich etwas hin. Das dauert bestimmt noch eine Weile bis sie fertig sind. Ich wecke dich auch sofort wenn ich was Neues weiß."
„Vergiss es.", widerspreche ich sofort. „Als ob ich jetzt ein Auge zu tun kann."
„Dann werden wir das wohl zusammen durchstehen müssen. Ich lasse dich nicht alleine."
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Doctor
Teen FictionNach der Trennung von Alex kämpft Melissa sich durchs Leben. Sie hat ihr Studium beendet und sich bei verschiedenen Krankenhäusern beworben. Als sie eine Zusage von dem Krankenhaus, in dem auch Alex gearbeitet hat, bekommt, nimmt sie ohne zu Zögern...