Irgendwie schaffe ich es dann doch zur Arbeit und zu meiner Überraschung vergeht der Tag recht schnell. Ich rufe bei der DSO an, erledige etwas Papierkram, lungere auf einer der Galerien herum und sehe mir Operationen an und zwischendurch behandle ich mal eine kleine Schnittwunde. Nathan sehe ich nur zu Beginn meiner Schicht kurz bei Jonas, Alex laufe ich ein paar Mal über den Weg. Trotzdem bleibt es ein recht langweiliger Tag. Der kommt mir allerdings gelegen, denn eine Erholung von dem ganzen Stress war dringend mal nötig.
Gegen Abend verlasse ich das Krankenhaus wieder. Es war nur eine kurze Schicht und dafür werde ich morgen umso mehr arbeiten müssen. Auf dem Parkplatz, fast an meinem Auto, höre ich plötzlich wie jemand immer wieder meinen Namen ruft. Bevor ich mich umdrehe, weiß ich, dass es Alex ist. Ich würde seine Stimme immer und überall wieder erkennen. Ich bleibe stehen und drehe mich um, auch wenn er mir jetzt ziemlich ungelegen kommt. Er joggt auf mich zu.
„Hey, ähm.. Kannst du mir vielleicht einen Gefallen tun?"
„Welchen denn?", frage ich vorsichtig.
„Kannst du mein Geschenk mit bei Kate und Dean abgeben? Sie fahren doch schon nächste Woche und ich fliege morgen zu meinen Eltern. Es ist spontan, sorry, aber ich schaffe es vorher nicht. Oder hast du deine Geschenke schon abgegeben?"
„Ich wollte gerade hinfahren, ich nehme deins natürlich mit. Hast du es denn dabei?"
„Im Auto."
Sein Auto steht nicht weit entfernt von meinem. Ich begleite ihn kurz und sehe dabei zu, wie er eine Tüte vom Rücksitz holt. Sie ist prall gefüllt mit Geschenken.
„Ist etwas mit deinen Eltern?", frage ich. Es ist mir unangenehm, weil es mich ja eigentlich nichts angeht, aber ich habe Alex' Eltern schon beim ersten Besuch ins Herz geschlossen.
„Nein, sie haben gefragt, ob ich für ein paar Tage zu ihnen kommen möchte. Wenn ich schon Weihnachten in Düsseldorf bleibe. Soll ich Ihnen etwas von dir ausrichten?"
Er drückt mir die Tüte in die Hand. Ich zögere. Ich würde seinen Eltern gerne frohe Weihnachten wünschen, aber wäre das nich merkwürdig? Wir sind nicht mehr zusammen und ich möchte nicht, dass sie auf falsche Gedanken kommen. Andererseits könnte Alex das dann ja schnell aufklären.
„Wünsch ihnen frohe Weihnachten von mir.", sage ich schließlich. Alex verspricht, dass er es ihnen ausrichten wird. „Gut, dann mache ich mich mal auf den Weg."
Erst sagt er nichts. Er sieht mich einfach nur an und er sieht dabei fast traurig aus.
„Melli?"
„Ja?"
Ich schaffe es kaum das Wort auszusprechen. Wir sind auf einem ganz falschen Weg und ich möchte nicht, dass es noch einmal annähernd so weit kommt wie auf Kates Hochzeit. Er beugt sich vor. Ich erstarre, weil ich nicht weiß was er tut und weil ich nicht weiß, was ich tue. Dann küsst er mich sanft auf die Wange.
„Danke.", flüstert er und zieht sich wieder zurück.
Ich zwinge mich zu einem Lächeln. „Gerne."
Dann lasse ich ihn an seinem Auto stehen und gehe zurück zu meinem. Seine Tüte lege ich zu meiner auf dem Rücksitz, dann starte ich den Wagen und verlasse den Parkplatz. Im Rückspiegel kann ich sehen, dass er noch immer an seinem Auto steht und mir hinterher sieht.*
„Die hier sind von mir.", sage ich und gebe Kate meine Tüte. „Und die sind von Alex." ich überreiche ihr die andere Tüte.
„Von Alex?", fragt Kate und sieht mich mit diesem typischen Blick an.
„Er hat Sie mir mitgegeben, weil er morgen nach Island fliegt. Nichts besonderes."
„Okay, okay. Ich denke wir werden die mit zu meinen Eltern nehmen und dann Heiligabend auf machen."
Sie legt die Türen trotzdem unter den geschmückten Weihnachtsbaum. Generell hat Kate sich mit der Dekoration mal wieder selbst übertroffen, und das, obwohl sie die meiste Zeit gar nicht Zuhause sein wird.
„Ist Lina noch wach? Ich weiß, ich bin spät dran, aber ich würde mich gerne von ihr verabschieden."
„Dean bringt sie gerade nach oben. Du kannst ruhig noch eben zu ihnen gehen."
Oben wünsche ich Dean und Lina frohe Weihnachten und verabschiede mich mit einer Umarmung von ihnen. Dann ist es für Lina an der Zeit ins Bett zu gehen und für mich ist es an der Zeit nach Hause zu fahren.
Vor Kates Haustür kündigt mein Handy den Eingang einer WhatsApp Nachricht an. Sie ist von Nathan.
Hi, hier ist Nathan (Alex hat mir deine Nummer gegeben). Wir sind für ein paar Tage bei unseren Eltern in Island. Ruf mich an, wenn es Neuigkeiten von Jonas gibt, ich nehme dann direkt den nächsten Flieger zurück.
Ich schicke einen Daumen nach oben zurück und verstaue mein Handy in meiner Handtasche. Diese werfe ich dann auf den Beifahrersitz und mache mich endlich auf den Weg nach Hause.
Und so kommt alles wie es geplant war. Alex und Nathan fliegen nach Island und sind nicht im Krankenhaus, Kate und Dean fahren weg und ich bleibe zurück und konzentriere mich auf meine Arbeit. Ich könnte auch in den Pub gehen und meine Freunde treffen, stattdessen trage ich mich für so viele Schichten wie möglich ein. Zum einen, weil es ein sehr angenehmes und entspanntes Arbeiten ist, wenn ich genau weiß, dass Alex nichtmals im selben Land ist und zum anderen habe ich Sorge Fabian zu treffen.Außerdem gehe ich hin und wieder nach Feierabend mit Hannah in die Bar am Krankenhaus. Jetzt, wo ich Alex dort sicher nicht treffen werde, kann ja nichts unerwartetes passieren. In etwas weniger als zwei Wochen ist Heiligabend. Dass ich arbeite, kommt mir äußerst gelegen, denn so muss ich nicht großartig einkaufen. Die Leute verhalten sich ja so, als würde jeden Moment der Krieg ausbrechen.
Und dann kommt der Moment, in dem ich doch noch ins Auto springe und nervös in einen der überfüllten Supermärkte fahre.
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Doctor
Teen FictionNach der Trennung von Alex kämpft Melissa sich durchs Leben. Sie hat ihr Studium beendet und sich bei verschiedenen Krankenhäusern beworben. Als sie eine Zusage von dem Krankenhaus, in dem auch Alex gearbeitet hat, bekommt, nimmt sie ohne zu Zögern...