Titel des 19. Teils

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Ich lief und lief, meine Füße bewegten sich von alleine, ich dachte an nichts, mein Kopf war leer.
Bis auf ein Wort: Marti
Marti
Marti
Marti
Marti
Marti
Marti
Marti
Marti
Marti
Marti
Marti
Marti

Erst als ich vor dem Trümmerhaufen und der Mauer stand, merkte ich, dass ich mein Ziel fast erreicht hatte.
Meine Beine schmerzten und brannten heftiger als das Feuer in der Hölle und ich blieb stehen, um zu Atem zu kommen.
Über all den Trümmern lag eine dicke Staubschicht. Ich hätte stutzig werden sollen, doch alles, was mein Kopf dachte, war 'Marti'.
Ich hatte das Wort so oft gedacht, dass es an Bedeutung verloren hatte.
Und so kletterte ich über die Mauer und gelangte zu Jauckes Späti. Ich öffnete die Tür - sie klemmte immer noch - und betrat den winzigen Verkaufsraum.
Durch die Fenster drangen die ersten Sonnenstrahlen und ließen Staubkörner in der Luft tanzen.
Ich kniff die Augen zusammen und erblickte die Reihen an leeren Regalen. Als ich näher zum Tresen kam, war nichts zu hören außer meinen Schritten und meinem ruhigen Atem.
Natürlich stand hinter dem Tresen niemand. Und mein gerufenes "Jaucke!" hätte ich mir auch sparen können, als ich die Wand erblickte und dort nicht, wie gefühlt schon seit dem Urknall, Jauckes Schrottflinte hing. Er war fort. Ob verschleppt, getötet oder geflohen, ich konnte es nicht sagen.
Aber Jaucke war kein Mann, der floh.
Ich betrat das Hinterzimmer. Auch hier war alles verstaubt und es sah aus, als hätte jemand das Lager in aller Eile ausgeräumt. Dort stand noch die Liege, auf der ich Rick zuletzt gesehen hatte, wenn man meine Visionen außer Acht lässt, davor Steve, Felix und so viele anderer meiner Freunde. Ich schluckte. Wenn Jaucke nicht mehr hier war, was würde mit Marti geschehen? Was würden sie mit seiner Leiche machen? Würde auch er in meinen Visionen auftauchen? So viele Fragen...
Ich ging weiter, durch die Hintertür in den Innenhof. Die Kreuze hatten sie nicht mitgenommen. Ich kannte den Weg, konnte ihn auch blind gehen, wenn nötig. Und es war nötig, meine Tränen verschleierten meinen Blick.
Marti.
Würde ich Marti sehen können?
Meine Schritte waren unsicher, zitternd.
Endlich stand ich vor den drei kleinen Holzkreuzen.
Rick.
Steve.
Felix.
Ich schloss die Augen, in Erwartung an Felix' Gesicht, doch alles blieb schwarz. Ich seufzte enttäuscht und öffnete meine Augen wieder. Je länger ich die Kreuze betrachtete, desto mehr bekam ich das Gefühl, dass etwas fehlte.
Ich sprang auf, ging ins Hinterzimmer zurück und sah mich etwas genauer um, auf der Suche nach Werkzeug oder Ähnlichem. Da war die Liege, die leeren Regale, ein großer Schrank... Wo schlief Jaucke eigentlich? Er hatte ja wohl kaum auf der Totenliege geschlafen, oder?
Ich ergriff die rostigen Griffe des mannshohen Schrankes, doch sie klemmten. Erst als ich mich mit aller Kraft dagegen lehnte, sprang sie plötzlich auf und ich stolperte einige Schritte zurück. Dahinter lag einfach ein leerer Schrank. Doch die Rückwand sah seltsam aus, sehr neu und sauber. Ich tastete alle Ecken ab und fand einen Knopf. Die Wand glitt zur Seite.
Hinter ihr erstreckte sich ein weiterer Raum, nicht sehr groß, doch es sah nicht so aus, als hätte hier jemand etwas mitgenommen.
'Ist ja fast wie Narnia', dachte ich leicht schmunzelnd und betrat den Raum.
"Jaucke?"

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Viel Spaß bei deinem Ball, @its_tabsiii

War No More || Berliner ClusterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt