Titel des 25. Teils

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Mehrere Minuten geschah gar nichts. Die Stimmen hatten sich wieder Richtung Haus entfernt.
Hoffentlich entdecken sie nicht den Raum hinter dem Schrank...
Sollte sich meine verschwindend geringe Hoffnung bewahrheiten und Jaucke noch leben, dann waren all seine Sachen sicher aufbewahrt.
Wenn sie doch bloß das Buch nicht finden...
Mit den Parallelwelten könnten diese ungebildeten Spaten vermutlich nicht viel anfangen, aber ich hatte beim Blättern ein Kapitel überflogen, 'Tipps für Wächter'.
Darin wurden Spionagegeräte genauestens beschrieben, wie man versteckte Menschen auffindet, unter anderem aber auch sehr anschaulich Tötungs- und Foltermethoden. Wenn die Soldaten das in die Finger bekämen, hätten auch die letzten freien Bürger Berlins keine ruhige Minute mehr.
Die vielen Paar schwerer Stiefel kamen wieder näher. Ich hätte mit aufsteigender Panik gerechnet, doch ich war seltsam ruhig, mein Atem ging langsam und gleichmäßig.
Sollen sie mich doch erschießen. Marti ist tot, Flo und Frodo vermutlich auch, Felix ist in einer abgefuckten Parallelwelt... Oder ich habe einfach Halluzinationen. Ich werde verrückt.
Sollen sie mich doch umbringen.
"Was macht ihr da?"
Eine Frauenstimme, irgendwie vertraut, doch sie war kalt und hart.
"Den Befehl ausführen. Er steckte mit Marti Fischer unter einer Decke. Wir bringen ihn um"
"Nein. Er ist zu wertvoll. Er könnte uns wichtige Informationen liefern... später. Vorerst gibt er einen guten Arbeiter ab"
Einer der Soldaten packte mich und zog mich grob hoch.
"Bringt ihn weg"
Die Frau schubste mich vorwärts, bugsierte mich irgendwo hinein, vermutlich in einen Laster, der Motor lief schon.
Die restlichen Soldaten kamen angerannt, einer machte lautstark Meldung.
"Nichts gefunden, Offizier Gierszewski!"
Gierszewski?
"Gut, alles einsteigen. Wir bringen ihn weg", antwortete die Soldatin.
Die Türen wurden zugeschlagen, ich riss mir das Tuch vom Kopf. Aber es brachte sowieso nichts, das Innere des Lasters war schwarz wie die Nacht.
Gierszewski? Das konnte nicht sein! Das durfte nicht sein!
Gefühlt mehrere Stunden fuhren wir durch die Straßen, ich hatte den Eindruck, dass der Fahrer mehrmals umdrehte, wahrscheinlich um mich in die Irre zu führen. Dabei wusste ich längst, wo wir hinfuhren: In eine Basis.
Nach einer Ewigkeit öffneten sich die Türen wieder.
"Aussteigen!", befahl ein Soldat. Ich stolperte aus dem Wagen. Der Soldat führte mich in eine Baracke. Zuerst musste ich mich ausziehen und duschen, dann wurde mir ein einfacher grauer Einteiler gegeben. Schuhe bekam ich nicht.
Eine Soldatin kam herein, ihr Blick kalt, ihr Gang steif und forsch. Sie hatte einen strengen blonden Zopf und blassblaue Augen. In ihrem Gürtel steckte eine Waffe.
"Ich weiß, wer du bist, Joiko. Du gehörtest zu Fischers Gruppierung"
Wir haben nichts gemacht! Wir wollten uns doch nur verstecken, ein ruhiges Leben führen!
"Fischer, der Verräter"
Verräter?
"Ich habe grundsätzlich etwas gegen Verräter"
Sie umkreiste mich einmal und betrachtete mich abschätzig und für meinen Geschmack definitiv zu lange.
"Die Haare müssen ab"
"Nein!" Zu spät wollte ich mich zurückhalten, das verbotene Wort war schon gesprochen.
'Nein' ist etwas, was du vor Soldaten niemals sagen solltest.
"Nein? Och, das süße Prinzesschen möchte ihre goldene Mähne nicht verlieren. Setz. dich. Hin!"
Ich gehorchte sofort.
Ihre Augen funkelten, sie packte eine meiner Haarsträhnen und zog fest daran, um meinen Kopf auf ihre Höhe zu bringen.
"Freu dich schon einmal auf deine Kurzhaarfrisur, Schätzchen" In Ihrem Blick fand ich nichts Menschliches, nur das pure Böse. Ich schluckte, entriss mich ihrem Griff und versuchte, teilnahmslos dreinzublicken.
"Macht, was ihr wollt"
"Ach, es ist dir egal? Gut, mal sehen, ob du genau so reagierst, wenn wir dir einen Finger abschneiden", knurrte sie.
"Es ist gut, Schöning, lass ihn, er ist neu. Seine Haare werden ihm genug wehtun"
Diese Stimme... Sanfter als vorhin im Laster, beschwichtigend.
"Gierszewski, du bist schwach! Du bist deiner Stellung nicht würdig!"
"Ich bin immer noch dein Vorgesetzter!" Ihre Stimme war nun wieder kalt, ruhig.
Gefährlich.
"Verlass sofort den Raum. Noch so eine Unverschämtheit, und ich sorg dafür, dass deine Finger abgeschnitten werden und du in einer Basis landest. Lass mich jezz mit ihm alleine"
Die blonde Soldatin, Schöning, ballte die Hände zu Fäusten und blickten Gierszewski finster an, doch die Wachen an der Tür hoben drohend ihre Waffen und Schöning verließ mit lauten Schritten den Raum. Die Wachen folgten ihr. Die Tür fiel ins Schloss und plötzlich war es still.
Gierszewski war an eine Schublade getreten und hatte sie geöffnet. Selbst von hinten konnte ich sie erkennen. Das braune Haar, die Statur, ihre Art, sich zu bewegen...
Sie wandte sich um. Ihre großen Augen blickten mich stumpf an. In ihren Händen hielt sie eine Schere.
Ich räusperte mich. Meine Stimme hatte in den letzten paar Augenblicken ihren Klang verloren.
Ich räusperte mich noch einmal und flüsterte tonlos:
"Vanessa..."

••••••••••

Ouuh, wtf, was macht sie hier?! (Keine Ahnung... Sie ist plötzlich in meiner Geschichte aufgetaucht... Einfach so...)

Schöning ist der Name meiner Ex-Sportlehrerin.
Sie hat mich gehasst.
Das beruhte auf Gegenseitigkeit.
Ääh... Okay, man sieht sich beim nächsten Kapitel xD
Wenn ihr überhaupt noch wach seid... naja, Gute Nacht :3
(Warum schafft ihr es bloß immer wieder, mich zu bestechen, damit ich mehrere Kapitel am Tag raushaue? xD)

War No More || Berliner ClusterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt