Es fiel mir und Flo unglaublich schwer, Jako zu trösten, da wir selbst vollkommen erschüttert waren.
Wie kann es sein, dass Marti noch nicht auf meiner Seite ist? Oder zumindest auf dem Weg dorthin? Warum haben wir so lange nichts von ihm gehört? Ist er wirklich tot?
All diese Fragen, keine Antworten.
Ich werde hier noch verrückt.
Irgendwann begann Jako, sich aufzulösen. Flos Blick weitete sich vor Panik, doch ich beruhigte ihn.
"Keine Sorge, er wacht bloß auf. Ihm passiert nichts"
"Wenn du wüsstest, was in dieser Basis vor sich geht..." Flo Blick war weit weg, in seinen Erinnerungen. Um uns verformten sich der Nebel, es erschien ein Raum, eine kahle Dusche.
Dann ein Büro, mit einer großen dunklen Kreatur.
Ein großer grauer Platz, Schatten, überall um uns herum.
Ich merkte, wie ich mich langsam aufzulösen begann.
"Flo? Flo!"
Er drehte sich nicht einmal um, betrachtete nur das Bild vor sich.
Ich verschwand endgültig und ließ ihn alleine mit seinen Gedanken.Wieder ein Erwachen in meinem Zimmer in der UWG. Ich hatte mich eigentlich schon längst an das Leben hier gewöhnt, doch seit ich mit Jako geredet hatte, war mir hier alles wieder fremd geworden.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es grade mal sieben war, die perfekte Zeit, um Andre und Niklas Frühstück zu machen. Ich denke, es war an der Zeit, sie einzuweihen.
Als die beiden Schlafmützen um halb acht in die Küche torkelten, stand schon alles für ein ausgedehntes Frühstück bereit.
Andre rieb sich verschlafen die Augen und murmelte "Morgen, Felix", bevor er sich am Tisch niederließ.
Niklas war noch zu verpennt, um mehr als ein undeutliches Grunzen von sich zu geben.
"Morgen, Leute"
Eine Pause entstand, als sich alle Brötchen nahmen, sie aufschnitten und belegten.
"Ich wollte mit euch reden, über... den Traum..."
Andre erstarrte mit dem Brötchen im Mund und schaute mich aus großen Augen an, Niklas hatte klirrend sein Messer fallen gelassen. Als er mit rotem Kopf wieder unter dem Tisch hervorkroch, fuhr ich fort.
"Bevor ich... ankam, habt ihr da je darüber geredet?"
Die beiden blickten sich unsicher an und schüttelten den Kopf.
"Ich wusste nicht, dass du ihn auch hattest, Andre...", murmelte Niklas. "Also... Also bin ich gar nicht verrückt? Oder zumindest nicht verrückter als ihr beide?"
Ich nickte und erklärte kurz, was Jako und ich bisher herausgefunden hatten. Es war fast erschreckend, wie leicht sie mir alles glaubten, aber immerhin haben sie auch alles selbst miterlebt.
"Parallelwelten?", fragte Niklas nach.
"Ja, Parallelwelten. Oder viel mehr... ein Riss, durch den wir aus dieser Welt gesogen wurden. Wir drei, Rick und Steve haben es zurückgeschafft, Flo, Frodo und Jako sind noch dort"
Andre rieb sich die Schläfen angesichts der Menge an Informationen.
"Und was ist mit... wie hießen sie noch gleich? Marti und Vanessa?"
Ich zögerte. Konnte ich ihnen von meinen Befürchtungen erzählen?
"Vanessa... hat sich von Frodo getrennt. Seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen, obwohl sie in derselben Basis wie Jako ist. Ich glaube nicht, dass... sie in diese Welt gehört. Sie ist vermutlich Bestandteil der andere Welt"
"Und Marti?", hakte Niklas nach.
"Marti... ist gestorben. Jako hat gehört, wie er erschossen wurde. Aber er ist weder in der Zwischenwelt, wie Flo, noch ist er hier. Vermutlich gehörte er auch nicht... hierher"
Betreten schauten Niklas und Andre auf ihre Teller. Andre war schon vor fast zehn Jahren in der anderen Welt gestorben, Niklas vor fünf. Ihre Erinnerungen waren längst nicht mehr so frisch wie meine, Steves oder gar Ricks, doch trotzdem ging ihnen der Tod ihres alten Freundes und die Unerreichbarkeit ihrer Freundin Vanessa sehr nahe.
"Glaubst du, wir können auch in diese Zwischenwelt?", fragte Niklas vorsichtig.
"Ich weiß nicht... Wir könnten es versuchen. Ihr müsst euch ganz fest auf euer Ziel konzentrieren, etwa so..." Ich schloss die Augen und dachte ganz fest an Flo. Sofort stand ich wieder vor ihm, doch von Niklas und Andre fehlte jede Spur.
"Felix!", rief Flo aus, da hatte ich die Augen schon wieder geöffnet.
Andre und Niklas saßen immer noch mit geschlossenen Augen da und warteten, dass etwas geschah.
Ich stand auf, ging um den Tisch herum und stellte mit hinter sie. Mit jeweils einer Hand auf ihren Schultern versuchte ich erneut in die Zwischenwelt zu gelangen.
Es fiel mir erheblich schwerer, so als würde mich das Gewicht der beiden an die Realität binden. Flos Augen wurden riesig, als er uns vor sich auftauchen sah, mich deutlich und klar, Andre und Niklas bloß als unscharfe Schatten.
Vermutlich waren sie zu lange in der normalen Welt gewesen. Außerdem war es mir zu Anfang ähnlich ergangen, oft konnte ich Jako nur für ein paar Augenblicke sehen. Von Sekunde zu Sekunde wurde es schwieriger, die beiden festzuhalten, und schließlich ließ ich sie keuchend los. Sofort verschwanden ihre schattenhaften Gestalten und ich war allein.
Nicht ganz allein, vor mir hockte ja nach wie vor Flo.
"Was war das grade? Waren das Niklas und Andre?" Ich nickte. "Ich habe sie hier hergebracht, doch es war unglaublich anstrengend. Vielleicht können wir das Gleiche mit dir machen, wenn... Flo?"
Um uns hatten sich die undeutlichen Schatten und Nebel materialisiert. Flo war gefangen in seiner Gedankenwelt, die sich vor seinen Augen abspielt.
Eine Menschenmasse hatte sich gebildet, doch Gesichter konnte ich keine erkennen.
Unwohl trat ich von einem Bein aufs andere, als sich eine Gestalt aus der Menge löste. Dann noch eine.
Frodo und Vanessa.
Frodo und Vanessa, wie sie sich küssen.
"Ähm, Flo...?"
Flo war vollkommen abgelenkt, er betrachtete die Szene.
"Flo, hör auf!"
Er schreckte aus seinen Gedanken auf und schaute mich gequält an.
"Felix? Ich hab ein Problem..."
"Wohl eher zwei Probleme..."
"Was?" Verwirrt blinzelte er mich von unten an. Ich setzte mich zu ihm.
"Du hast zwei...- ist ja auch egal. Erzähl, wo drückt der Schuh?"
"Frodo, er... Weißt du, ich habe ihn geliebt. Wir waren ein Paar. Und nun... Verblasst er. So wie mein ganzes Leven verblasst. Und neue Formen tauchen auf, Schatten und Gestalten... Vermutlich mein Leben in deiner Welt. Und in deiner Welt ist Frodo glücklich, aber nicht mit mir, sondern mit Vanessa. Und ich bin mit Ina zusammen. Ergibt das Sinn, obwohl wir uns doch so geliebt haben?"
"Ich weiß nicht, für mich ergibt hier vieles keine Sinn, Flo. Aber solange du hier bist, kannst du weder Frodo noch Ina erreichen. Wir sollten erstmal versuchen, dich zu mir zu holen"
"Aber was ist, wenn... wenn ich Frodo einfach vergesse? Wenn meine Gefühle und Erinnerungen vollkommen überlagert werden?"
"Dann wirst du nichts mehr von dem Schmerz spüren können. Es ist so, als würdest du etwas sehr Wertvollen verlieren, doch du vergisst es und bekommst dafür etwas anderes genauso Wertvolles"
"Kann man Menschen so leicht ersetzen...?", fragte Flo heiser und versank wieder ganz in Frodos Anblick.
Ich sprach ihn noch ein paar Mal an, doch er reagierte nicht, und so kehrte ich in die Realität zurück.••••••
Juhu, Chorfreizeit!
Juhu, Stimme zerstört!
Juhu, mitten in der Nacht geweckt werden und nicht mehr einschlafen können!
Juhu, neues Kapitel!Ist ein bisschen länger und dafür auch langweiliger als ihr es gewohnt seid. Aber das Problem bei einer vollkommen selbsterdachten Geschichte ist, dass man sich trotzdem bemühen muss, alles logisch und verständlich zu erklären.
Deshalb sind Fanfictions ja auch so praktisch, wenn man irgendwelche Fantasy-/Science Fiction-Storys hat, also Sachen, in die man sich erst reindenken muss, weil die Figuren nicht auch noch einer Extra-Beschreibung bedürfen.
Apropos Extra: Ich versuch, noch eine Extraportion Schlaf zu bekommen, morgen habe ich den ganzen Tag Probe.
Gute Nacht, träumt etwas Schönes :3
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War No More || Berliner Cluster
FanfictionÜberall herrschte Krieg. Jako musste dabei zusehen, wie einer seiner Freunde nach dem anderen starb. Mit nur noch einer Handvoll von ihnen, Rick, Frodo, Marti und Flo, kämpft er sich durch die Nachkriegszeit, die gezeichnet ist von Hunger, Krankheit...