War No More || Berliner Cluster

Titel des 37. Teils

Andre und Niklas redeten aufgeregt miteinander. Ich öffnete meine Augen und betrachtete sie gutmütig lächelnd. Natürlich, für sie war dieser kurze Ausflug in die Zwischenwelt unglaublich gewesen. Jahrelang dachten sie, sie hätten sich alles nur eingebildet, und dann komme ich daher und beweise ihnen das Gegenteil.
Sie bemerkten, dass ich wieder bei ihnen war, und gingen sofort an, durcheinander zu reden:
"Ich hab Flo gesehen, Felix! Flo!"
"Es war, als löse man sich von allem Weltlichen... es war unglaublich!"
"Aber es war auch wahnsinnig anstrengend. Ich dachte kurz, es zerreißt mich"
"Können Rick und Steve das eigentlich auch?"
Ich dachte nach. "Meines Wissens nach haben sie es noch nicht versucht, aber... Apropos Rick und Steve: Die beiden wissen über die neuesten Entwicklungen ja noch gar nicht Bescheid!"
Schnell schrieb ich Steve, dass ich Neuigkeiten hätte.
'Komm her', antwortete er schlicht. Ich wollte schon zurückschreiben, dass wir auf dem Weg wären, da fiel mir etwas anderes ein und ich änderte mein Vorhaben.
'Kennt ihr das besetzte Haus in Tempelhof? Lass uns dort treffen. Ich bring Andre und Niklas mit', schrieb ich, steckte dann mein Handy ein und rief: "Auf, Jungs, wir müssen los! Jacke, Mütze, Schuhe, lange Unterhose nicht vergessen"
Andre trank schnell seinen Kaffee aus, Niklas nahm sich noch ein Brötchen, und dann folgten sie mir die Tür hinaus hinein in das schnelle und im Vergleich doch so friedliche Berlin.

Kurze Zeit später trafen wir bei dem mehrstöckigen Haus ein. Rick und Steve warteten schon in der herbstlichen Kälte, mit dicken Jacken und Mützen.
"Warum wolltest du, dass wir uns hier treffen?", fragte Rick anstelle einer Begrüßung mit klappernden Zähnen.
Ich hatte den ganzen Weg hierher darüber nachgedacht. Vermutlich war es aus einem Instinkt heraus, genau wie das letzte Mal, als ich herkam. Es muss etwas zu bedeuten haben.
"Los, wir gehen rein, dann erzähl ich euch das Neueste", meinte ich und wir betraten das Haus.
Es hatte sich in den letzten Wochen kaum etwas verändert. Die Wände waren nach wie vor vollgeschrieben, doch ich beachtete sie nicht weiter. Aus vielen Räumen drangen Lichter und Geräusche von schaffenden Menschen, doch mich zog es die Treppe hinauf, in das einzige Atelier, das dunkel war. Im Vorbeilaufen sah ich, dass viele Räume bloß mit Kerzen erhellt wurden, und auch bei diesem war es nicht anders. Ich fand eine Packung Streichhölzer und entzündete eine Kerze nach der anderen, während Rick, Steve, Andre und Niklas etwas ratlos und dicht zusammengedrängt in der Mitte des Raumes standen.
"Also, Felix, wieso hast du uns hergeholt? Und warum haben wir so lange nichts von dir gehört?", versuchte Steve es noch einmal.
Ich atmete einmal tief durch und dachte darüber nach, wie ich ihnen alles erklären könnte, ohne dass sie vollkommen verwirrt waren.
"Das ist eine lange Geschichte... Und auch ziemlich kompliziert... Ich hab eine Idee! Ich nehme euch einfach mit in die Zwischenwelt! Da kann ich euch zeigen, was passiert ist"
"Zwischenwelt, wovon... Wovon redest du eigentlich, Few?" Rick war zusehends verwirrt. Niklas schaltete sich ein und erklärte: "Die Zwischenwelt, das ist sozusagen der Übergang von der einen Seite zur anderen... Felix kann sehr leicht dorthin gelangen, er hat uns auch schon mitnehmen können! Es war sehr schwer, aber mit euch geht es sicher leichter, weil ihr noch nicht so lange hier seid"
Rick und Steve runzelten zweifelnd die Stirn. Auch ich war mir meines Vorhabens nicht mehr ganz so sicher.
"Wir sollten es erstmal probieren, ich weiß nicht, ob es klappt..." Doch ich spürte, dass hier etwas anders war... 'Spezielle Orte', davon hatte Jako gesprochen, solche Orte helfen bei der Kontaktaufnahme zur anderen Seite. Dies hier musste so ein Ort sein.
Ich trat zwischen Steve und Rick.
"Ich sag nur kurz jemandem Bescheid, einen Moment", murmelte ich und schloss die Augen. Sonst musste ich mich immer stark konzentrieren, damit ich nicht wieder aus der Zwischenwelt herausglitt, doch diesmal ging es unglaublich leicht. Sofort sah ich Flo einige Meter von mir entfernt, mit einem Controller in der Hand vor einem Bildschirm hockend.
"Flo?"
"Oh, Hi Felix. Ich bin nicht so gut darin, mir selber etwas auszudenken, also spiel ich einfach Spiele, die ich schon auswendig kenne. Grade ist Zelda dran" Er deutete auf den Bildschirm, auf dem Link mit Epona über die Ebene von Hyrule ritt.
"Ich weiß nicht mehr genau, wo die Erinnerungen herkommen, von der einen Seite oder der anderen..." Er kratzte sich verwirrt, aber kaum noch so niedergeschlagen wie heute Morgen am Hinterkopf und ich registrierte die Cap, die er trug, mit einem Triforce darauf. Ich grinste heimlich. Er schien immer besser in dieser Gedankenwelt zurechtzukommen, wenn er sich sogar solche Details ausdenken konnte.
"Hör zu, gleich kommen Steve und Rick" Er blickte auf, alle anderen Gedanken verschwanden aus seinem Kopf und somit auch aus der Welt. Wir standen im Nichts. Sofort stellte ich mir das Erstbeste vor, damit wir nich in der Luft hängen oder gar in ein unendliches Nichts fallen: eine Raststätte an einer Autobahn, an der ich einmal vor ein paar Jahren übernachten musste.
Wir standen vor einem Bistro, durch die Schalldämmwände drang das monotone Rauschen der Autos leise zu uns.
Flo blickte sich um.
"Tut mir leid, mir ist auf die Schnelle nichts besseres eingefallen..."
"Kein Ding, hab mich nur kurz erschrocken. Hab lange so viele Autos mehr gesehen oder gehört..."
Diese Sachen hatte ich längst vergessen. Ich erinnerte mich zwar noch ziemlich gut an die andere Seite, aber an solche Details konnte ich mich nicht mehr erinnern. Es war, als wäre das schon Jahrzehnte her. Gleichzeitig wurde mein Leben hier vor dem Traum aber immer noch nicht klarer. Es fühlte sich immer noch so an, als hätte ein anderer Felix hier gelebt. Als hätte ich keine Vergangenheit mehr. Plötzlich wusste ich nur zu gut, wie Flo sich fühlte.
Aus der einen Welt herausgerissen, in der anderen noch nicht angekommen.
Verloren, ohne Halt.
"Du hast gesagt, Rick und Steve kommen her?", unterbrach Flo meine Gedanken.
"Ja, aber ich will sie nicht zu sehr erschrecken, deshalb musst du dich vorerst verstecken. Geh da rein" Ich scheuchte ihn in das Bistro und kehrte dann in meine Welt zurück.
"Wir haben ihnen grade erklärt, wie das mit der Zwischenwelt funktioniert", sagte Andre, als er bemerkte, dass ich wieder da war. Rick und Steve wirkten kaum noch verwirrt, eher neugierig.
"Okay, bereit?"
Sie nickten und warteten gespannt.
"Schließt eure Augen und konzentriert euch. Versucht, mir zu folgen" Ich legte beiden eine Hand auf die Schulter, Steve zuckte leicht zusammen.
Ich drückte seine Schulter beruhigend und schloss dann die Augen. Sofort wurde ich in die Zwischenwelt gezogen, etwas schwerfälliger durch die beiden Frösche, die ich festhielt.
Doch schließlich standen wir wieder auf der Autobahnraststätte.

Kleiner Infoabschnitt, in ein Gespräch von Rick, Steve, Andre und Niklas verpackt:

Felix stand mit geschlossenen Augen vor ihnen, ganz ruhig und still. Steve betrachtete ihn nachdenklich.
"Er steht einfach hier... Das hat er auch schon bei uns Zuhause gemacht, weißt du noch, Rick? Als er mit Jako Kontakt aufgenommen hat!"
"Stimmt. Der einzige Unterschied war, dass er da immer umgekippt ist. Okay, Leute, was meinte er nun mit 'Zwischenwelt'?"
" 'Zwischenwelt', so hat er den Ort zwischen Jakos Seite und unserer genannt. Es ist ein Ort, der vermutlich nur in unseren Gedanken existiert, Genaueres müsste uns Jaucke erklären, aber wir haben immer noch keine Ahnung, wo er steckt"
"Und er kann da einfach so hinein? Und wir auch?"
"Genau da liegt das Problem, Rick: Er hat schon oft mit Jako Kontakt aufgenommen, am Anfang nur unbeabsichtigt für ein paar Millisekunden. Und als er es bewusst versucht hat, hatte er zu Beginn unglaubliche Schwierigkeiten. Es scheint, als würde uns unser Leben hier immer stärker an diese Welt binden, und je länger wir hier sind, desto schwieriger kommen wir zurück in die Zwischenwelt"
"Deshalb glauben wir auch, dass Ihr es leichter haben werdet als wir", ergänzte Andre Niklas Ausführungen.
"Und wie will er uns 'zeigen', was passiert ist?", fragte Steve zweifelnd.
"Er sagte, man könne die Zwischenwelt mit seinen Gedanken manipulieren und erschaffen. Vermutlich will er euch einfach seine Erinnerungen zeigen, weil das schneller geht als alles mühsam zu erklären"
"Okay, eine letzte Frage noch...", meinte Rick.
"Schieß los"
"Wem will er jezz Bescheid sagen? Gibt es jemanden in der Zwischenwelt? Einen Wächter vielleicht?"
Andre und Niklas sahen sich unsicher an, doch in dem Moment flackerten Felix Augenlider und er schlug sie wieder auf.
"Leute, er ist wieder da! Wir haben ihnen grade erklärt, wie das mit der Zwischenwelt funktioniert", meinte Andre, als er bemerkte, dass Felix wieder da war.

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Hoffe, ihr steigt noch durch, alles Unklare kläre ich auf Anfrage in den Kommentaren :)
Fröhlichen 1. Dezember! (Vielleicht schaffe ich es sogar so adventskalendermäßig, jeden Tag etwas hochzuladen, aber wenn ich es nicht schaffe, kommen am nächsten Tag dafür zwei Kapitel^-^ schönen Abend noch, zündet ne Kerze an und hört Musik oder lest ein gutes Buch oder so... und Leute! Es hat geschneit! Aber der Schnee ist leider schon wieder geschmolzen. Naja, besser als Schneematsch)