Titel des 45. Teils

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"Hör zu, Felix, du musst es schaffen, als Soldat in der Basis aufgenommen zu werden. Das funktioniert eigentlich ganz einfach, indem..."

"... indem du auf der Straße einen Zivilisten verprügelst"
"WAS?"
"Keine Sorge. Der Zivilist werde ich sein. Du wirst mich vor den Augen von ein paar Soldaten zusammenschlagen, sie werden dich einigen Tests unterziehen und dich dann aufnehmen. Unser Schlüssel zum Sieg sind Informationen, Felix, und du wirst sie uns liefern. Das genaue Vorgehen besprechen wir später, ich muss noch einige Vorbereitungen für dein Gluttony treffen. Flo, du hilfst mir" Flo nickte, offensichtlich noch etwas konfus von dem, was er grade von Jaucke erfahren hatte. Doch was auch immer er ihm gesagt hatte, es hatte seinen Ausdruck komplett verändert, von unendlich niedergeschlagen zu... ich kann es nicht besser beschreiben als 'fest entschlossen'. Wozu entschlossen? Ich kann es nicht sagen, aber er schien nicht mehr die ganze Zeit über Frodo nachzugrübeln.
Das war gut... glaube ich.
"Felix, du versuchst, mit Jako Kontakt aufzunehmen. Erzähl ihm von unserem Plan. Sag ihm, dass Marti und Frodo leben"
Ich nickte und Jaucke schickte mich mit einer Handbewegung aus dem Zimmer.

Kurze Konzentration und ich befand mich auf der unwirklich grünen Wiese, wo ich mich immer mit Jako getroffen hatte, nur dass diesmal eine Tür neben mir gradewegs ins Schloss fiel.
Was Jaucke und Flo dahinter wohl machen...?
Es geht mich wohl nichts an, sonst hätten sie mich nicht weggeschickt.
Ein paar Geräusche drangen aus der Tür, ein seltsames Vibrieren und Summen, leise Stimmen, eine Explosion. Ich entfernte mich ein paar Meter von der Tür, weil ich wusste, dass ich mich direkt neben ihr nicht würde konzentrieren können.
Dann schloss ich die Augen und dachte fest an meinen Freund Jako.
Wenige Sekunden später tauchte er vor mich liegend auf, schlafend, eine Frau festhaltend, die ich erst auf den zweiten Blick als Vanessa identifizieren konnte. Sie war mager, vernarbt und hatte kurze dunkle Haarstoppeln auf dem Kopf.
Beide waren in dreckige Einteiler gehüllt, und beide sagen unglaublich... kaputt aus.
Ich rüttelte kurz an Jakos Schulter. Er schlug die Augen auf.
"Felix!", rief er leise aus und wollte aufstehen, doch ich hielt ihn davon ab.
"Halt sie noch ein paar Momente fest, sonst verschwindet sie sofort wieder"
Erst da schien ihm Vanessa aufzufallen, die noch immer in seinen Armen schlief.
"Was? Ich konnte sie mitnehmen?"
Ich nickte. "Warte kurz, ich hab noch nicht so viel Übung..."
Ich schloss die Augen und berührte ihre Schulter. Ich konnte ihre Anwesenheit fühlen, allerdings flackernd, wie eine Glühbirne mit Wackelkontakt. Doch je länger ich mich darauf konzentrierte, sie festzuhalten, desto mehr materialisierte sie sich in der Zwischenwelt.
Plötzlich öffnete sie ihre Augen, setzte sich auf und sah sich verwirrt um. Jako sah mich bewundernd an.
"Wow, Felix. Ich fühle, dass du etwas machst, auch wenn ich es nicht ganz begreifen kann. Aber sie... also Vanessa... ist... hier... Wie hast du das gemacht?"
"Ich habe heute schon Niklas und Andre hier hergebracht und danach Rick und Steve. Es ist gar nicht so schwer, wenn man es ein paar Mal gemacht hat"
"Das ist unglaublich! Hast du das selbst herausgefunden?"
Ich kratzte mich kurz verlegen am Kopf.
"Ja... Jaucke sagt, das war ziemlich gefährlich..."
"Du hast Jaucke getroffen?"
Ich nickte und deutete hinter mich. "Er ist hinter dieser Tür, mit Flo. Sie basteln an meinem neuen Gluttony"
"Aber ich dachte, wir müssen es zerstören?"
"Es ist... kompliziert. Das Gluttony ist quasi unser Körper in eurer Welt. Also das, was uns an die Welt dort bindet. Und da ich mich von meinem Körper getrennt habe, macht Jaucke mir nun ein neues Gluttony. Wir haben einen Plan:
Ich werde mich ins Militär einschleichen und dort ein paar Fäden ziehen. An je mehr Hebeln ich sitze, desto besser. Und irgendwann kommt es dann zum Übergriff. Das Problem ist, dass wir nicht nur alle von euch zu uns bringen müssen, sondern auch noch die Große Macht auf eurer Seite, also das Militär, besiegen müssen. Und dafür brauchen wir möglichst viele Maulwürfe unter den Soldaten"
Nun meldete sich Vanessa das erste Mal zu Wort:
"Also wenn das hier kein abgefuckter Traum ist, dann schlussfolgere ich, dass wir in der Zwischenwelt sind?"
Wir nickten beide. Sie nickte und sah mich plötzlich ganz schüchtern an.
"Hallo Felix..." Ich schloss sie einfach in meine Arme.
"Schön, dich wiederzusehen", lächelte ich und ihre Gesichtszüge entspannten sich zusehends.
"Wir haben auch einen Plan. Und er passt erstaunlich gut zu eurem"
"Hau raus", sagte ich gespannt.
"Wir sollten das alles vielleicht mit Jaucke besprechen...", warf Jako ein.
Er hatte kaum ausgeredet, da flog die Tür auf.
"Heiliger Beta, Vanessa! Ich hab schon lange auf dich gewartet! Komm her", rief Jaucke mit ausgebreiteten Armen. Seine Stimme hatte einen seltsamen Unterton.
Vanessa ging zögernd durch die Tür, ich konnte ihren Blick nicht sehen. Jako und ich folgten ihr.
"Ich weiß, wir haben uns lange nicht gesehen. Ich bin Jaucke. Du erinnerst dich noch?" Meinte er das ironisch? Es klang zumindest so.
"Ja, natürlich", antwortete sie knapp und, zu meiner Überraschung, sehr verbittert.
"Es ist viel passiert. Du bist Soldatin geworden. Nicht dass ich es nicht gewusst hätte, aber ich habe mir trotzdem Gedanken gemacht, ob wir dich so einfach zurückbekommen... Kommt, setzt euch..."
Plötzlich tauchte ein Tisch und vier Stühle auf. Jako, Flo, Vanessa und ich setzten uns hin, Jaucke stand vor uns und begann, seinen Plan zu erklären:
"Unsere liebe Vanessa hat, ganz die Soldatin, auf eigenen Faust etwas geplant.
Wir werden nun beginnen, ihren Plan und meinen zu verbinden und einen Masterplan zu schmieden..."
Ich versuchte, den Ton zu deuten, den Jaucke Vanessa gegenüber angeschlagen hatte, doch es gelang mir nicht.
Normalerweise sprach Jaucke nur das Nötigste, redete ruhig und wie ein, naja, ein alter weiser Mann eben, doch mit Vanessa war es ganz anders, als hätten... als hätten die beiden eine Vorgeschichte. Als würden sie sich schon sehr lange kennen. Und als wäre irgendetwas zwischen ihnen vorgefallen...

War No More || Berliner ClusterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt