15 - Callboy

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"Für diesen Ausblick würde ich wirklich am Wochenende sogar früh aufstehen." schwärme ich von Jorges Ausblick von seinem Balkon aus, als ich mich an das Geländer stelle. Die Sonne ist schon fast vollständig aufgegangen und alles hier wirkt so idyllisch und ruhig.

Nachdem wir ein bisschen Zeit im Bett verbracht haben, sind wir nun wieder draußen und vegetieren noch die zweieinhalb Stunden so vor uns hin.

"Für diesen Ausblick würde ich nie wieder schlafen." erwidert Jorge und schaut zu mir.

"Das war selbst für deine Verhältnisse kitschig." necke ich ihn und setze mich dann auf seinen Schoß.

"Trotzdem sitzt du hier." grinst er und legt seine Hände an meinen Rücken.

"Ich wollte dich mal was fragen." beginnt er dann doch ernst.

"Muss ich Angst haben?" frage ich noch schmunzelnd nach und er schüttelt den Kopf.

"Nein, ich...oh Gott, ich bin nicht gut in sowas..." seufzt er und schließt für ein paar Sekunden seine Augen, ehe sie mich sofort wieder in den Bann ziehen, da er mich ansieht.

"Ich hätte nicht gedacht, so schnell schon jemanden hier zu finden, dem ich so vertraue wie dir...die Tage mit dir sind unfassbar schön und aufregend. Jedenfalls wollte ich wissen wie du zu dem ganzen stehst? Ich weiß, wir sind noch weit weg von Beziehung, Liebe und den ganzen Kram, aber willst du überhaupt in die Richtung gehen?"

Gute Frage.

"Ich mein, ich komm auch damit klar, wenn du nur was lockeres für zwischendurch willst, aber...naja...ich will nur wissen woran ich bin."

Wieso muss das immer die Frau entscheiden? Und wieso muss man das überhaupt bereden? Es läuft so gut und sowas macht es doch dann kaputt.

"Wie stehst du denn dazu?" stelle ich also meine Gegenfrage.

"Ich würde gern auf weitere Dates mit dir gehen und sehen wie es läuft." antwortet er scheinbar ohne groß überlegt zu haben.

Augenblicklich bekomme ich eine Blockade und in meinen Gedanken ist Mike. Mich weiter auf Jorge einzulassen würde ihm das Herz brechen. 

Warum denke ich überhaupt darüber nach? Er hat mich als Schlampe bezeichnet, also scheint ihm ja doch nicht mehr so viel an mir zu liegen. 

Selbstschutz. Feigheit. Angst.

Die drei Worte beschreiben gerade meine Lage.

"Valentina?" hakt Lockenköpfchen nach.

"Fährst du mich nach Hause?"

"Was?"

"Bitte fahr mich nach Hause...oder weißt du was, ich ruf mir ein Taxi."

Ohne eine Antwort von ihm zu bekommen stehe ich von seinen Beinen auf und gehe nach drinnen, wo mein Handy liegt. Jorge folgt mir aber direkt und nimmt es mir aus der Hand.

"Was ist los? Hab ich was falsches gesagt?" will er von mir wissen und ich versuche vergebens mein Handy aus seiner Hand zu befreien.

"Ich muss mich nicht rechtfertigen." 

"Ich soll das also einfach so hinnehmen, das du urplötzlich verschwinden möchtest? Vor ein paar Minuten war alles gut und dann willst du weg. Klär mich auf."

"Akzeptier es einfach!" brumme ich genervt und er überlässt mir mein Handy. Dann verzieht er sich wieder auf den Balkon, während ich mir ein Taxi bestelle und mich dann in seinem Zimmer umziehe.

Ich weiß das es unfair ist, aber ich bin gerade nicht in der Lage darüber zu reden. Ich weiß ja selbst nicht mal so richtig was mit mir los ist. Ohne mich von ihm zu verabschieden, verlasse ich seine Wohnung und warte etwas weiter vorn bei der Straße auf mein Taxi, welches mich knapp zwanzig Minuten warten lässt.

El SolteraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt