20 - Schwiegersohn

196 17 11
                                    

Ruggero hat mich freundlicherweise bei meinen Eltern abgesetzt, nachdem wir noch ein bisschen unterwegs waren. Es hat gut getan mir mal alles von der Seele zu reden. Der Italiener ist ein super Zuhörer und Ratgeber.

"Und Jorge kommt dann also auch noch vorbei?" hakt meine Mamá nochmal nach. Ich hab ihr gestern geschrieben, das er mitkommt. Aber sie will es ja unbedingt von mir hören 

"Ja, Jorge kommt dann auch zum essen." 

Das Grinsen in meinem Gesicht kommt fast automatisch, als ich seinen Namen ausspreche. Da wir noch unter uns sind, beschließe ich meine Mutter direkt zu fragen, die sich gerade ums Essen kümmert.

"Kann ich mit dir über eine Sache reden, die mich gerade beschäftigt?" beginne ich das Gespräch und besorgt setzte meine Mamá sich neben mich. 

"Was ist denn los? Bist du krank? Fehlt dir etwas?" fragt sie und legt einen Arm um meine Schulter. 

"Du darfst es niemanden erzählen, okay?"

"Bist du Schwanger?" äußert sie ihre Vermutung und ich schüttel den Kopf.

"Nein...sehe ich etwa so aus?" frage ich geschockt, aber meine Mutter gibt Entwarnung.

"Also vor einigen Monaten, da hatte ich was mit Caros Freund." spucke ich dann die Wahrheit aus. Diese Worte schon wieder über die Lippen bringen zu müssen tut weh. 

"Und Carolina weiß davon nichts, oder?"

"Nein. Ich hab ein extrem schlechtes Gewissen. Ihr Freund hat sie schon öfters betrogen, das weiß sie aber nicht. Ich würde es ihr am liebsten erzählen, auch das ich eine von ihnen bin...sie würde mir das nicht verzeihen, oder?"

"Ach Schätzchen." seufzt meine Mutter und nimmt mich in den Arm, wodurch ich mich gleich besser fühle.

"Du und Carolina, ihr werdet immer Freundinnen bleiben. Egal was passiert. Spätestens nach zwei Wochen könnt ihr doch gar nicht mehr ohne einander." 

"Aber das ist was anderes. Ich hab mit ihrem Freund geschlafen. Ich kann mir das ja selbst nicht mal verzeihen." jammere ich weiter.

"Jeder macht mal Fehler. Das klingt zwar jetzt doof dahergesagt, aber es ist wahr. Du bereust es und hast ein schlechtes Gewissen, das hat nicht jeder nach sowas."

"Und was soll ich tun? Weiterhin für mich behalten oder Caro alles beichten?"

"Das musst du am Ende entscheiden. Allerdings sehe ich wie dich das ganze bedrückt. Du leidest darunter und vielleicht ist es das beste, wenn du ehrlich bist. Es wird dich sonst nur auffressen."

"Mhh." antworte ich nur und lasse mich weiter von meiner Mamá trösten. Das hat mir irgendwie gefehlt. Ich hatte zwar schon immer ein enges Verhältnis zu meiner Familie, aber umso älter man wird, desto weniger solcher Momente finden statt.

Die Minuten verrinnen, bis es an der Haustür klingelt.

"Das wird Jorge sein." äußere ich mich und stehe auf, wo ich an die Tür gehe. Natürlich behalte ich Recht. 

Mit einer Schachtel Pralinen und einer Flasche Whiskey steht er vor mir. Das breite Grinsen trägt er schon den ganzen Tag im Gesicht. Bin wirklich ich der Grund dafür? Okay, mir geht es ja nicht anders. Ich fühl mich wohl mit ihm. Das Gefühl, welches er in mir auslöst ist einzigartig.

"Das du mich nicht begrüßt akzeptiere ich vielleicht noch, aber das du mich nicht mal reinlassen willst ist gemein." holt seine Stimme mich aus den Gedanken. 

"Oh Sorry." stammel ich und gehe zur Seite.

Als er an mir vorbeigeht, drückt er mir einen flüchtigen Kuss auf mein Haar und begrüßt dann meine Mutter, die schon ganz gespannt im Türrahmen, zwischen Küche und Vorsaal auf uns wartet.

El SolteraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt