Heute ist Jorges Geburtstag. Deswegen haben Karol und ich erstmal ein schönes Frühstück für ihn vorbereitet.
"Meinst du er freut sich?" fragt Karol, als wir alles auf ein Tablett stellen.
"Natürlich wird er sich freuen. Allerdings würde er sich noch mehr freuen, wenn du ehrlich zu ihm wärst."
"Was meinst du?"
"Er ist der Überzeugung, dass du nicht nur hier bist, weil du Ferien hast oder ihn einfach nur besuchen willst."
Jorge hat sie die ganzen Tage nicht angesprochen, aber darüber nachgedacht. Vielleicht kann ich aus ihr rausbekommen, was los ist.
"Wenn ich ihm sage, warum ich hier bin, dann wird Jorge persönlich nach Mexiko reisen."
"Und warum? Sag mir wenigstens, was los ist." versuche ich es ruhig, als Karol sich auf einen der Küchenstühle setzt.
"Momentan ist es Zuhause einfach nicht zum aushalten."
"Inwiefern? Du musst schon genauer mit mir darüber reden, ich will dich ja verstehen."
"Ist das jetzt so ein Studium- Ding?"
"Nein. Jorge macht sich Sorgen um dich. Er wird dich nicht fragen, aber es bringt ihn um. Vielleicht kann ich dir ja helfen..oder ist seine Sorge unbegründet?"
"Ich will Jorges Geburtstag heute nicht versauen...also könntest du es für dich behalten? Wenigstens für heute?"
Immerhin habe ich sie soweit, dass sie reden will.
"Natürlich, ich sag kein Wort." erwidere ich und setze mich zu ihr.
"Ich bin hier, weil ich Angst habe, nach Hause zu gehen. Mama trinkt nur noch und Papa..."
Sie lässt ihren Satz unvollendet und schiebt ihren Pullover etwas nach oben. Dabei sehe ich einen großen, blauen Fleck, der ihre Hüfte ziert. Dann zieht sie ihre Ärmel etwas nach oben, sodass ich auch die Flecken auf ihren Armen sehen kann.
Für mich war es nie relevant, das sie nur langärmlige Sachen trägt, aber jetzt ergibt das Sinn.
"War das dein Papa?" frage ich und hoffe einfach nur sie sagt nein. Stattdessen fällt sie mir heulend in die Arme.
Wie lange hat das schon in ihr gesteckt? Wie soll ich das Jorge verschweigen? Wir müssen ihr helfen!
Minutenlang halte ich sie in meinen Armen, bis endlich aufgehört hat zu weinen.
"Versprich mir das du ihm nichts sagst. Nicht heute." schnieft sie und putzt sich die Nase.
"Aber wir müssen doch was tun. So kann das nicht weitergehen."
"Ich weiß. Nur nicht heute. Jorge hat Geburtstag, das ist sein Tag. Bitte, Valentina."
"Okay. Heute sage ich nichts, aber bitte sprich morgen mit ihm."
"Du weißt doch aber wie er ist. Er wird sich dann vermutlich einen Flug buchen und das auf seine Art klären."
"Du meinst gewaltsam?"
Ich hab Jorge mittlerweile schon öfters in einem aggressiven Zustand erlebt, ich weiß absolut was sie meint. Natürlich wäre das keine Lösung, aber ich könnte es nachvollziehen.
"Hör mal, wir schaffen schon irgendwie. Ich werde dabei sein und ihn wenn es nötig ist beruhigen und von seinen Mordgedanken abbringen. Mach dir darum keine Gedanken. Aber du musst die Wahrheit sagen, du kannst das nicht länger verstecken." versuche ich sie zu ermutigen, als wir Geräusche wahrnehmen.
DU LIEST GERADE
El Soltera
FanfictionValentina führt ein unbeschwertes Leben in ihrer Heimat Buenos Aires. Gemeinsam mit ihren besten Freunden Carolina und Michael lebt sie in einer WG mitten in der Stadt. Doch plötzlich keimen in ihr alte Gefühle für ihren Mitbewohner auf, denn Mike u...