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• Naked - James Arthur •

Seit gestern lag ich in meinem Bett und starrte an die Decke. Meine Augen brannten vom fehlenden Schlaf, doch es konnte auch an den salzigen Tränen liegen.

Ich hatte nichts gegessen, nur ein wenig getrunken. Nie hätte ich geglaubt, dass mich ein paar Worte so verletzen könnten.

Hätte beispielsweise Brian sie zu mir gesagt, wäre es mir wohl egal gewesen. Aber es kam auf die Person an, die die Wörter sagte. Lucian...

Als der schrille Klingelton meines Handys die Stille durchbrach, hätte ich mir am liebsten entnervt ein Kissen auf mein Gesicht gedrückt, doch die Hoffnung, dass es Lucian sein könnte, ließ mich nach meinem Handy greifen und den Anruf annehmen.

Enttäuscht vernahm ich die Stimme von Delia. „Hey, Lila! Ich wollte nur Bescheid geben, dass Mac und ich in vierzig Minuten losfliegen! Ich werde dich wirklich vermissen, drei Wochen ohne dich! Aber wir werden einfach jeden Tag schreiben!" Delia klang aufgekratzt und fröhlich, im Hintergrund war Stimmengewirr und eine Durchsage zu vernehmen.

Ich unterdrückte einen Seufzer und sah auf die Uhr. 5:13 morgens. Wie hatte ich vergessen können, dass Delia heute mit Mac in den Urlaub flog?

„Oh, ich habe dich wahrscheinlich aufgeweckt. Sorry.", deutete meine Freundin mein Schweigen und ich ließ sie einfach in dem Glauben, dass ich bloß müde sei, denn ich wollte ihr nicht ihren Urlaub verderben.

„Ist schon gut. Ich freu mich für dich. Die drei Wochen werde ich ohne dich zurechtkommen.", sagte ich leise und hoffte, dass meine Stimme halbwegs normal klang.

„Sekunde.", erwiderte Delia. „Nein, Mac! Wir werden keinen Sex auf der Flugzeugtoilette haben! Das ist echt unhygienisch dort, du wirst dich wohl gedulden müssen, bis wir im Hotel sind!"

Ich hörte Mac etwas antworten. „Okay, du hast es ja gehört. Da sind wir zwei Jahre verheiratet und er ist immer noch schlimmer als ein Kaninchen!", schimpfte meine Freundin.

Ihre Aussage entlockte mir trotz meines momentanen Zustandes ein Kichern. „Ich halte euch jetzt nicht länger auf, genieß den Urlaub und grüß Mac von mir!"

„Mach ich! Ich schreib dir." Delia legte auf und ich legte mein Handy wieder auf den Nachttisch, ehe ich mich aufrappelte.

Ich musste aufs Klo und außerdem konnte ich nicht ewig in meinem Bett herumliegen, bloß weil Lucian nicht das Gleiche fühlte, wie ich. Von vornherein war mir das klar gewesen, aber nein, ich hatte es unbedingt darauf anlegen müssen!

Wütend auf mich selbst stampfte ich aus meinem Zimmer. Nachdem ich auf der Toilette war, beschloss ich, mir ein wenig die Füße zu vertreten, um fünf Uhr morgens. Zugegeben, das war etwas ungewöhnlich, aber gerade war mir das egal.

Sollte die Presse halt in den Klatschzeitschriften darüber schreiben, dass die Tochter Rodríguez Schlafprobleme hatte. Ich trat aus der Haustür und atmete tief die frische Luft ein. Fröstelnd schlang ich meine Arme um mich, denn ich hatte nur das Shirt und die Jeans von gestern, sowie Sandalen an.

Mit jedem Schritt fühlte ich mich befreiter und wohler. Es tat gut, einfach herumzulaufen und über nichts nachzudenken.

Im Stadtpark angekommen setzte ich mich auf eine Bank, die etwas abseits der Straßenlaternen lag und vor einem kleinen Teich stand, indem sich der Mond spiegelte.

„Kannst du auch nicht schlafen?" Erschrocken spannte ich mich an, als sich plötzlich jemand neben mich setzte. Nur langsam beruhigte ich mich wieder und erkannte ein kleines Mädchen. Es war vielleicht zehn Jahre alt.

„Nein.", erwiderte ich knapp, statt ihr eine Predigt darüber zu halten, dass sie um diese Uhrzeit nicht mehr alleine draußen sein sollte. So jemand war ich nicht und außerdem war diese Angelegenheit ihre eigene, in die ich mich nicht einmischen würde.

„Weißt du, manchmal hat es keinen Sinn, lange über irgendwas nachzudenken, weil sich dadurch auch nichts verändert. Man muss schon etwas tun."m sagte das Mädchen plötzlich und starrte gedankenversunken auf das Wasser.

Ich ließ ihre Worte auf mich wirken und stellte fest, wie recht sie hatte. Es stimmte tatsächlich, das Alter sagte nichts über die Reife aus, denn das Mädchen benahm sich erwachsener, als ich es je getan hatte.

Das Mädchen sprang auf und verschwand leichtfüßig in der Dunkelheit, ehe ich auch nur einen einzigen Ton sagen konnte.

Ich saß noch auf dieser Bank, als die Morgendämmerung einsetzte und die Kirchturmuhr sieben schlug und dachte über die Worte eines zehnjährigen Mädchens nach, die mehr verstand, als ich und Lucian, ohne dass sie uns überhaupt kannte.

Fest entschlossen erhob ich mich schließlich und lief zurück nach Hause. Ich entsperrte mein Handy und schrieb Lucian eine Nachricht.

Wir müssen reden. Dringend! -Lila

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Wie findet ihr das Kapitel?
Ich bin nicht hundertprozentig damit zufrieden und ich weiß, es ist kurz, tut mir leid...
Hab es aber immerhin doch noch geschafft, eines zu schreiben^^

Ich hoffe, ihr hattet einen schönen, ersten Advent! Hab euch lieb,
eure Ms_Creatix

Lucian| ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt