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• Pretty Girl - Maggie Lindemann •

„Das kannst du vergessen! Ich bin einundzwanzig, ich kann selbst entscheiden, ob ich mitkomme, oder nicht!", schrie ich wütend. Das Blut kochte in meinen Adern und meine Muskeln waren alle bis aufs Äußerste angespannt.

„Und ob du auf die Gala mitkommen wirst! Die Veranstaltung ist extrem wichtig, für unsere komplette Familie! Außerdem kannst du dich nicht immer auf deinem Zimmer verkriechen, wegen was auch immer!", erwiderte meine Mutter mindestens ebenso hitzig.

Wir stritten nicht oft, aber wenn, dann richtig. Mein Vater hatte sich bereits in sein Arbeitszimmer verkrochen, da er lieber nicht zwischen die Fronten geraten wollte, was auch ratsam war.

„Du kannst mich nicht dazu zwingen!" Zornig drückte ich meine Fingernägel in die Handballen, bis es schmerzte. Nachher würden sicherlich halbmondförmige Abdrücke zu sehen sein.

„Solange du in diesem Haus lebst, machst du, was wir sagen, Lila Beatríce Rodríguez!" Oh je. Wenn mein Mutter mich mit meinem vollen Namen ansprach, dann verhieß das nie etwas Gutes.

„Oder willst du etwa, dass ich der Presse erzähle , dass du aufgrund von einem neuen Lover leider nicht zu der wichtigen Gala kommen konntest?" Mies. Ganz mies. Diese Masche half immer, denn aus welchem Grund auch immer, die Öffentlichkeit würde mich sofort als billig abstempeln.

Schlagzeilen wie ‚Hat die Tochter der Inhaber von Rodríguez Company schon wieder einen neuen Liebhaber?' oder ‚Lila Rodríguez' neuer Lover -was steckt dahinter? Schwangerschaft oder doch wieder nur ein One-Night-Stand?' wären dann gesichert. Und darauf hatte ich nun wirklich keine Lust.

„Das ist mies und unfair, Mom!", rief ich als letzten, halbherzigen Protest aus.

„Was ist schon fair? In dieser Welt kommst du nicht weit, wenn du keine Joker nutzt." Versöhnlich zwinkerte mir meine Mutter zu. Klar, schließlich hatte sie die Debatte gewonnen.

„Also gut, wo ist der Flyer?" Genervt streckte ich meine Hand in ihre Richtung aus.

„Das ist kein Flyer, sondern eine Einladung! Wir sind Ehrengäste, das ist keine der billigen Studentenpartys, Lila!" Empört reichte meine Mom mir die Einladung und rauschte davon.

Wie immer war sie modisch und top gestylt. Ihr Gang war aufrecht und elegant. Sie war sich ihrer überheblichen Wirkung auf die Öffentlichkeit bewusst und tat auch nichts gegen diese Meinung.

Nur wir, die Familie und enge Bekannte kannten sie wirklich. Privat war sie um einiges aufbrausender, temperamentvoller und sturer, genau wie ich. Dadurch bekamen wir uns zwangsläufig manchmal in die Haare.

Ich zog die Einladungskarte aus dem mit schwarzem Mustern überzogenen, bordeauxroten Umschlag und klappte sie auf.

Die Maske auf der Karte ließ in mir bereits die dunkle Ahnung aufkommen, dass es sich hier um eine Kostümgala handelte. Meine Lust auf die Veranstaltung sank noch mehr ins Negative.

Seufzend las ich mir den kurzen, geschwungenen und kursiven Text durch. Eigentlich war die Einladung ähnlich aufgebaut, wie viele andere auch. Viele Schmeicheleien und Floskeln, als wären wir mehr wert, als andere. Dann natürlich noch das Datum und die Uhrzeit.

Lucian| ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt