s e d i c i

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• Miracle - Julian Perretta •

„Komm schon! Nimm ab!" Genervt und verzweifelt fuhr ich mir abermals durch meine sowieso bereits durcheinander geratenen Haare.

Wie sollte ich Lucian den Vorfall von vorgestern erklären, wenn er mich ignorierte? Zugegeben, er hatte jedes Recht darauf, aber ich wollte nicht, dass er mich für eine Schlampe hielt. Noch nie war mir die Meinung von jemandem so wichtig gewesen, wie gerade. Ich hatte mich nie darum gekümmert, was andere von mir dachten. Doch jetzt war alles anders.

Denn Lucian war nicht einfach irgendwer. Und genau da lag das Problem. Etwas über zwei Wochen, dann wäre er wieder in Spanien. Über zweitausend Kilometer entfernt und unerreichbar.

Vielleicht war es sogar gut, dass ich mit meinem blöden Verhalten alles kaputtgemacht hatte, ehe es überhaupt begonnen hatte, dadurch würde der Schmerz nicht so groß sein, wenn Lucian endgültig abreiste.

Dies wiederholte ich zumindest immer und immer wieder in meinem Kopf, doch mein Herz wehrte sich mit aller Kraft dagegen und brachte mich zu ebendiesem Verhalten, welches ich gerade an den Tag legte.

Nämlich mit leerem Gesichtsausdruck, vollkommen zerzausten Haaren und Augenringen vor meinem Zimmerfenster zu stehen und vergeblich darauf zu warten, dass das nervtötende Tuten stoppte und stattdessen Lucians Stimme erklang.

Entnervt legte ich schließlich das Smartphone auf meinen Nachttisch und setzte mich auf das Bett, wo ich den Kopf in meinen Händen vergrub.

Und alles nur, weil ich ohne zu schauen über die Straße gerannt war. Genau genommen war ich zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen und da mich ohnehin das Pech zu verfolgen schien, brauchte ich mich darüber auch nicht wundern.

Als mein Handy nach geraumer Zeit einen kurzen Signalton von sich gab, entsperrte ich dieses voller Hoffnung, dass Lucian mir vielleicht geschrieben hatte.

Mein Herz klopfte wie wild, als ich die Nachricht öffnete, doch leider stammte sie von einer mir unbekannten Nummer. Wellen der Enttäuschung brachen über mich herein und meine Schultern sackten nach unten.

Die Versuchung war groß, in meinem Frust die Nachricht einfach zu ignorieren, doch letztendlich las ich sie mir doch durch. Im Nachhinein wünschte ich mir allerdings, ich hätte dies nicht getan.

Wir haben nicht verhütet! -Brian

Und das sagst du mir erst jetzt? Verdammte Scheiße, was soll ich jetzt machen? Was ist, wenn ich schwanger bin? Ich will kein Kind. -Lila

Meine Antwort tippte ich hastig ein und drückte auf Senden, ohne sie mir vorher noch einmal durchzulesen. Nervös knabberte ich an meinem Fingernagel, etwas, was ich zuletzt in der zweiten Klasse getan hatte.

Ich machte mir keine Gedanken darüber, woher er meine Nummer hatte, da ich es mir erschließen konnte. Entgegen unserer kompletten Familie verstand sich Ashton ziemlich gut mit Brian, ich war mir sicher, dass mein Bruder ihm meine Nummer gegeben hatte.

Denkst du ernsthaft, ich habe Bock auf eins?! Nimm die Pille danach oder treib's ab, ist mir egal. -Brian

Ach? Weil Mister Ich-bin-ja-so-toll ein Kondom vergessen hatte, musste ich jetzt die Konsequenzen tragen? Ich hatte auch nicht daran gedacht, aber ich war immerhin im Gegensatz zu ihm betrunken gewesen und er hatte dies einfach ausgenutzt!

Ich war vorhin bereits gereizt gewesen, doch mittlerweile fühle ich mich wie ein brodelnder, Asche spuckender Vulkan kurz vorm Ausbruch.

Ich besorge mir die Pille danach, das ist billiger und einfacher. Bleibt abzuwarten, wie sich alles entwickelt. -Lila

Ich schlug meinen Kopf gegen die Wand, an der mein Bett stand und seufzte. Mein Leben war ja nicht schon kompliziert genug, nein, das Schicksal musste noch eins obendrauf setzen. Die Kirsche auf der Torte eben.

In meinem Fall eine faulige Kirsche, auf einer matschigen, schlechten Torte.

Ich rieb mir meine schmerzende Stirn und wählte Delias Nummer. Es war mir egal, wie viel der Anruf kosten würde, ich musste jetzt mit ihr reden, sonst würde ich noch durchdrehen.

• • •

„...und vorhin hat er mir allen Ernstes geschrieben, dass wir nicht verhütet haben!", beendete ich meine Erzählung nach knappen zwanzig Minuten. Ich hatte jedoch die Ereignisse mit Lucian ausgelassen, da Delia mich nicht verstehen würde.

„Ist nicht wahr? Du und Brian?" Meine Freundin prustete los und konnte sich offensichtlich kaum mehr beruhigen.

„Ich hätte dir nicht davon erzählen sollen. Diese Reaktion war so klar.", murrte ich und nahm das Smartphone in die andere Hand.

„Sorry, aber es ist einfach zu komisch. Du kannst Brian nicht ausstehen und letztendlich landest du gleich zweimal mit ihm in der Kiste!"

Ich wusste selbst, wie absurd das klang, aber jetzt konnte ich auch nichts mehr daran ändern, auch wenn ich es gerne hätte.

„Das heißt, jetzt ist ein kleiner Brian oder eine kleine Lila unterwegs, oder wie?", erkundigte sich Delia immer noch leicht kichernd.

Ich stöhnte auf. „Gott verschone die Welt vor einem weiteren Brian. Einer ist schon zu viel. Aber nein, ich nehme die Pille danach oder treibe ab, wenn meine Pläne komplett durcheinander geraten."

„Ist auch vernünftiger. Du bist ja kaum erwachsen, genieß jetzt erstmal dein Leben. Windeln wechseln kannst du auch später noch. Oder niemals." Es tat gut, den aufmunternden Worten meiner besten Freundin zu lauschen.

„Und was soll ich jetzt tun?"

„Brian eine runterhauen, am besten in seine viel zu perfekte Visage. Dann machst du das Dings in deinem Bauch weg, falls eins existiert und lebst dein Leben. Du wirst sehen, es wird sich alles wieder einpendeln. Manchmal ist das Leben eben chaotisch, blöd und kompliziert, aber das heißt nicht, dass das für immer so ist. Ich spreche aus Erfahrung."

Das stimmte. Delia hatte auch einige Höhen und Tiefen überlebt, Krisen und schöne Momente, bis sie jetzt Mac gefunden hatte und glücklich war. Auch ich würde diese miese Situation, in der ich mich gerade befand, überstehen und irgendwann, in zwanzig Jahren darüber lachen.

Tief durchatmend verabschiedete ich mich nach fast drei Stunden von meiner Freundin und fühlte mich um einiges wohler und leichter.

• • •

Aktuell sind die Kapitel so unfassbar langweilig, aber ich versichere euch: Es ist die Ruhe vor dem Sturm ;)
Was denkt ihr so über einen Mini-Brian oder eine Mini-Lila?
#TeamLian oder #TeamLucila?

Lucian| ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt