15 Kapitel=Familie Arnold:

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Wir parkten direkt vor unserem Haus. Michael schaute und sagte: „Das ist euer Haus?“ Ich erwiderte: „Ja, leider kein Schloss. Du bist bestimmt mehr Luxus gewohnt, aber für uns hat's immer gereicht.“ „Nein, um Gottes Willen, ich finde es wunderschön, und es passt vollkommen zu dir!“ Wir gingen in Richtung Haustür. Ich atmete tief durch und betätigte die Klingel.

Ich sah durch die Milchglastür, wie meine Schwester schreiend die Treppen hinunterrannte: „Ich mach auf, ich möchte ihn als Erste sehen!“ Ich blickte etwas verlegen zu Michael, aber er lächelte. Sie öffnete uns die Tür und wäre fast in Ohnmacht gefallen, als sie Michael sah. „Ähm, hallo, das ist doch...!“ „Ja, Mia, das ist Shindy. Du siehst richtig.“ „Mama, Papa, Nina ist da mit... ähm, ja.“ „Michael, freut mich, Mia. Ich habe schon viel von dir gehört!“ Mia staunte und konnte es nicht glauben. Sie trat zur Seite und machte uns den Weg ins Haus frei. Schon sah ich meine Mutter aus der Küche kommen, typisch mit ihrer Kochschürze. Sie war eine wunderbare Köchin und beherrschte vor allem die serbische Küche perfekt. „Dete moje, ljubi te majka!“ (Deine Mutter küsst dich, mein Kind.) Sie umarmte mich, und wie immer standen ihr Freudentränen in den Augen. Sie blickte zu Michael, streckte ihm ihre Hand hin und sagte: „Du bist bestimmt Michael. Ich bin Svetlana, Nikolinas Mutter.“ Er nahm ihre Hand und begrüßte sie mit einem Handkuss: „Freut mich, Frau Arnold, Sie kennenzulernen.“ Meine Mutter erwiderte, sagte aber zugleich: „Bitte, sag Svetlana.“

Nun zeigte sie geradeaus ins Wohnzimmer. Wir gingen hinein, und ich sah meinen Vater, der vor dem Fernseher saß. Die Nachrichten liefen auf voller Lautstärke; er hatte gar nicht mitbekommen, dass es geklingelt hatte und wir da waren. Als er mich sah, sprang er auf. „Kind, ich habe dich gar nicht hereinkommen gehört. Komm her, lass deinen alten Herrn dich anschauen. Meine Tochter, mein Ein und Alles. Grüß Gott, Sie sind wohl der Freund meiner Tochter?“ „Ich bin Michael. Freut mich, Herr Arnold.“ „Ebenfalls. Hat der Bart religiöse Gründe?“ „Papa...“ Ich schüttelte den Kopf. Wir nahmen gleich am gedeckten Tisch Platz. Mutter bot uns etwas zu trinken an. „Kinder, was wollt ihr trinken?“ Ich sagte Cola, Michael ebenfalls. Da meinte mein Vater: „Ach, Sie sind doch ein ganzer Mann. Ein Schnaps für den jungen Mann, Svetlana!“ Meine Mutter sagte: „Sigi, pusti decu, šta će im sad rakija pred jelo?“ (Sigi, lass die Kinder in Ruhe. Was wollen sie jetzt mit Schnaps vor dem Essen?) Meine Mutter sprach mit uns immer überwiegend Serbisch, als wir Kinder waren. Aber Mia konnte mittlerweile kaum noch Serbisch sprechen, verstehen dann schon eher. Mein Vater verstand sehr viel, da er früher als Soldat auf dem Balkan stationiert war, aber auch er sprach es schlecht. Ich hingegen beherrschte die Sprache immer noch gut.

Mutter brachte das Essen auf den Tisch. Sie hatte mein Lieblingsessen gemacht: Hühnerfleischsuppe, Sarma (Krautwickel), Ćevapčići (Hackbällchen), Đuveč (Gemüsereis) und als Nachspeise Čupavci (Schoko-Kokos-Kuchen). „Mhh, Mama, volim tvoje jelo!“ (Ich liebe dein Essen!) Ich blickte Michael an, um an seiner Mimik zu erkennen, ob es ihm schmeckte, als er plötzlich anfing zu sprechen: „Also, Svetlana, ich muss Ihnen sagen, ich dachte, ich werde nie jemanden finden, der an die Küche meiner Mutter herankommt, aber Sie haben es geschafft. Es schmeckt genauso gut wie bei meiner Mutter.“ Ich lächelte, und meine Mutter fasste sich ans Herz und sagte: „Oh, vielen Dank, mein Junge!“

Mein Vater beäugte ihn eine Weile schweigend, bis er ihm die Frage stellte: „Sie sind Sänger?“ „Rapper, Papa“, sagte Mia. Sie war die ganze Zeit ungewöhnlich still, was ich von ihr gar nicht kannte. Bestimmt war sie immer noch geschockt, dass ihre große Schwester mit ihrem Idol als Freund zu Hause aufkreuzte. Michael grinste Mia an und antwortete: „Ja, ich verdiene mein Geld mit Rappen.“ „So, so. Und was machen Sie, wenn es mit dem Sing... äh, Verzeihung, Rappen nicht mehr läuft?“ „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, da es bei mir gerade erst richtig gut zu laufen beginnt.“ „Ach so. Woher kommen Sie, wenn ich fragen darf? Wie ein Deutscher schauen Sie nicht aus.“ „Meine Mutter ist aus Griechenland, und mein Vater war Deutscher.“ „So, so.“ Das war der typische Spruch meines Vaters, wenn er sich nicht sicher war, ob sein Gegenüber ihm die Wahrheit sagt.

Ich wechselte dann schnell das Thema: „Mia, wie läuft die Schule?“ „Jao, draga moja...“ (Oh je, meine Liebe...) „...bitte nicht von der Schule sprechen“, sagte meine Mutter. Ich sah Mia an, die etwas genervt in ihren Teller blickte. „War da was?“ Doch Mia schaute hoch zu Michael und fragte: „Shindy, ist Kay wirklich so blöd, oder tut er nur so?“ Michael lachte. Nach dem Essen setzten wir uns alle in den Wohnbereich. Mein Vater und Michael sprachen über Papas Vinyl-Sammlung. Ich half Mama und Mia beim Abräumen. In der Küche sagte meine Mutter zu mir: „Nina, ovaj momak je baš fin. Reci mi, je si dobro? Kako posao? Nisi se dugo javila svojoj majci.“ (Nina, dieser Mann ist sehr nett. Sag, geht es dir gut? Wie läuft die Arbeit? Du hast dich lange nicht bei deiner Mutter gemeldet.) Ich erzählte ihr von der Tour, von Bushido, Arafat, Ali, Tahsin und Yasser. Sie lachte über einige lustige Geschichten, die ich ihr erzählte. Dann erzählte ich ihr auch noch von Mesut. Darauf sagte sie: „Uh, nemoj mi reći da te je on tražio tamo. On je zvao neki dan ovde kod nas. Ja sam mu rekla da nikad više ne zove na ovaj telefon. Nemoj, sine, više sa njim. Ovaj dečko je lepši, a i mnogo pametniji. Poslušaj svoju mamu.“ (Oh, sag nicht, er hat dich dort aufgesucht. Er hat vor einigen Tagen hier angerufen. Ich habe ihm gesagt, er solle nie wieder auf diesem Telefon anrufen. Bitte, mein Kind, verzeih ihm nicht noch einmal. Dieser junge Mann ist viel hübscher und auch viel schlauer. Hör auf deine Mutter.)

So ging der Abend dann auch langsam zu Ende. Wir machten uns gegen 22 Uhr auf den Rückweg ins Hotel. Michael tätigte noch kurz einen Anruf. Später stellte sich heraus, dass er einen VIP-Pass für die Show in der Tonhalle am nächsten Abend für Mia angefordert hatte. Wir schickten ihr diesen per WhatsApp. Sie war so glücklich.

Nun fuhren wir zurück ins Hotel. Während der Fahrt sprachen wir nicht viel. Er sagte nur zu mir, dass meine Familie sehr, sehr nett sei und dass er froh sei, sie kennengelernt zu haben. Dann sagte er noch etwas, was mich total beeindruckte: „Ich hoffe, dass du dich in Stuttgart bei meiner Familie genauso gut und herzlich willkommen fühlen wirst, wie ich heute bei deiner.“

Kapitel 15 Ende. Uhh, das lief ja super. Alles passte wie die Faust aufs Auge. Jetzt noch eine Nacht zusammen im Hotel, morgen geht’s zur Tonhalle, Show-Beginn. Bis zum nächsten Kapitel. Bye Bye, Peace.

Classic Tour und Nightliner Geschichten! Shindy ABGESCHLOSSENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt