"Versprich mir, dass das nie wieder passiert...", flehte Anne doch John wusste, dass er nichts versprechen konnte. "Ich hab das nicht kommen sehen, okay? Wie kann ich dir versprechen, dass es nie wieder passiert, wenn ich selbst nicht weiß ob und wann es wieder passiert? Außerdem ist mir nur kurz schwindelig geworden, nichts dramatisches."
"Nichts dramatisches? Kind, du hättest sterben können. Ich hab jeden Tag Angst davor, dass es dein letzter ist, natürlich werde ich dann panisch, was soll ich denn ohne dich machen?"
"Sag sowas nicht... ich werde nicht sterben, hörst du? Es ist alles in Ordnung -den Umständen entsprechend."
"Kannst du an Weihnachten bitte etwas essen? Ein kleines bisschen?"
"Ich kann es versuchen."
Dann war sie wider da; die Stille. Doch sie war nicht unangenehm. Anne hielt ihren Sohn im Arm, als würde sie versuchen ihn vor der Krankheit zu schützen und er selbst genoss diesen Moment.
Zum ersten Mal in seinem Leben wünschte sich John, Weihnachten absagen zu dürfen, doch daraus würde wohl nichts werden.
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Als John müde und trotz des Schlafens erschöpft in die Küche tapste, sah er seine Mutter schon fröhlich summend in der Küche stehen und Waffeln backen. "Fröhliche Weihnachten... oder so", brummte er verschlafen -die Vorweihnachtszeit war ihm lieber als Weihnachten selbst. Schon ein paar Jahre zuvor hatten John und seine Mutter beschlossen, sich an Weihnachten nichts zu schenken, genauer gesagt, seitdem John aus dem "ich-klebe-irgendwas-zusammen-und-schenke-jedem-etwas-Selbstgemachtes"-Alter raus war.
"Ein bisschen mehr Freude, wenn ich bitten darf, Jesus hat Geburtstag!", äffte Anne ihre Mutter nach und John musste über die Imitation seiner Großmutter lachen. Sie war nie wirklich streng religiös gewesen und hatte in jedem Raum zehn Kreuze aufgehängt, war nie großer Anhänger der Kirche, doch Jesus' Geburtstag und die Ehe waren ihr heilig -und die Bibel. Dies war auch der Grund dafür, warum sie nichts von Johns Homosexualität wusste. Er hatte an diesem Weihnachtsfest eigentlich Florian seiner gesamten Familie vorstellen.
Bei dem Gedanken daran steigen ihm Tränen in die Augen, er vermisste Florian immer noch sehr.
"Schatz, was ist los?", fragte Anne besorgt.
"Ich wollte doch allen F-Flo heute vorstellen, weißt du noch. Gott, ich vermisse ihn..."
Obwohl er es nicht wollte, fing er an zu schluchzen und die Tränen wurden unaufhaltsam und selbst als seine Mutter ihn seufzend in den Arm nahm, wurde es nicht besser. Über diesen Seufzer würde er sich später Gedanken machen, jetzt gehörten seine Gedanken etwas anderem. "Was, wenn ich nie wieder jemanden finde? Ich hab so furchtbar Angst davor, alleine zu sein."
Ein wenig überrascht davon, dass John so offen über das Thema Liebe mit ihr sprach, versuchte Anne die richtigen Worte zu finden. "Warum solltest du nie wieder jemanden finden?" "Ich bin krank." "Und? Wenn dich jemand wirklich liebt, dann wird er an deiner Seite sein und dir dabei helfen da raus zu kommen, wie ich es tue, wie Levi-ähm."
Geschockt wurde sie von ihrem Sohn angestarrt. "Du verarschst mich gerade, oder?"
"Ich fürchte nicht."
"Ich weiß nicht, was ich davon halten soll."
"Du musst auch nichts davon halten, sprich ihn möglichst einfach nicht darauf an, okay?"
Er nickte. Zu mehr war er gerade nicht im Stande und als seine Mutter mit den fertigen Waffeln auf dem Teller schon am Tisch saß und Kakao trank, stand er immer noch, wie angewurzelt, in der Küche und starrte den Fleck an, auf dem seine Mutter gerade noch gestanden hatte.
"Ich...ich komm gleich zu dir, gib mir 'ne Sekunde.", sagte er, als er merkte, wie sie sich in seine Richtung drehte und ihn erwartungsvoll ansah. Stumm machte John sich einen Tee und setzte sich zu Anne, die schuldbewusst ihre Waffeln aß. Dass sie das, was sie Levin versprochen hatte -nämlich nichts zu sagen-, nicht halten konnte, ließ sie schuldig fühlen und sie hoffte, die Freundschaft zwischen John und ihm nicht irgendwie kaputt gemacht zu haben.
"Wie wäre es, wenn wir uns einen Film oder ein oder zwei Folgen irgendeiner Serie ansehen und dann anfangen zu kochen? Wir haben viel zu tun heute.", versuchte sie ihren Sohn von dem, was er gerade erfahren hatte, abzulenken.
"Klingt gut."
•••
Ich hab's nicht geschafft, 'nen vernünftigen Cut einzubauen, shame on me.
Und 600 Reads, holy moly, das ist geil. Riesengroßes Danke an jeden einzelnen, der sich das antut, ihr macht mich glücklich. :')
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federleicht
Teen FictionMagersucht. Ein Kampf um Leben und Tod. ••• F: „Wenn du nichts isst, ist es vorbei!" J: „Lieber bringe ich mich um." John ist mit seinem Freund, Florian, gerade erst fast drei Monate zusammen, als die gefährliche Krankheit die...