Der unerwünschte Gast

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"MUTTER!" halte die laute Stimme meine Mutter im Raum. Alle waren für einen kurzen Augenblick still und sahen sie an. Es war eigentlich nicht ihre Art laut zu werden, aber bei Grandma konnte sie sich oft nicht beherrschen. Ich fand es auch nicht nett, wie sie mit Niall umging.

"Niall arbeitet hart! Hör auf immer über alle zu Urteil, die du nicht kennst. Du hast ja keine Ahnung, wie erfolgreich er ist und-"

"Lass gut sein Kate. Ich möchte nicht, dass ihr meinetwegen streitet." unterbrach Niall plötzlich die Ansage meiner Mutter. Er winkte ab und ging zu Haustür, um die Koffer zu holen. Stillschweigen folgte ich ihm nach draußen, während die Tür hinter mir zufiel.

"Niall." seufzte ich, während er die Treppen nach unten ging und er einen der beiden Koffer nahm. "Mach dir nicht allzu viele Gedanken, über meine Grandma. Sie ist eben so. Wenn jemand nicht studiert, dann ist er in ihren Augen nichts. Sophie ist auch ein schwarzes Tuch für sie und zu ihr ist sie aber noch ein bisschen gnädiger, als zu anderen, weil sie eine Ausbildung gemacht hat."

Seufzend drehte er sich zu mir um und sah mich leicht lächeln dabei an. "Dann muss sie dich ja mega gerne haben."

"Ach, ich hab da auch schon eine Menge mitgemacht. Glaub mir." als ich das sagte, ging ich dabei ebenfalls die Treppen hinunter und kam auf ihn zu. Niall hatte sich währenddessen auf den großen Koffer meiner Oma gesetzt. Wir waren nun fast auf Augenhöhe.

"Es ist schon okay, wenn sie mich nicht mag. Ich meine, unser erstes aufeinander treffen hätte ja auch anders sein können. Wenn ich vielleicht in einen meiner teuren Anzüge und mit einer meiner Platinschallplatten die Treppen heruntergekommen wäre, hätte sie mich vielleicht gemocht." zwinkerte Niall mir zu. Ich konnte nicht anders, als zu lachen. "Ja, wahrscheinlich."

"Aber deine Mutter und Elisabeth haben auch kein gutes Verhältnis zueinander, oder? Es wirkte nämlich überhaupt nicht so." fragte Niall mich, nachdem ich mich wieder gefangen hatte.

"Na ja, wie soll ich das erklären? Grandma wollte eben schon immer, dass meine Mutter studiert und erfolgreich wird. Ihr Ehemann, den sie natürlich erst nach dem Studium kennengelernt hatte, sollte dann irgendwann mal in der Lage sein, die Firma zu übernehmen. Und dann irgendwann sollte erst ein Kind folgen. Aber so war es eben nicht. Sie wollte nicht studieren, sie suchte die Abwechslung und den Spaß." Niall nickte ab und zu, während er mir zu hörte. "Sie wurde mit 18 schwanger, von einem Mann, der sie mit einem Kind alleine gelassen hatte. Sie hatte schon mehr Jobs, als ich aufzählen könnte und die wurden alle miserabel bezahlt. Ich glaube, du merkst, wohin ich hinaus will, oder?"

"Aber deine Mutter wollte doch nicht studieren. Wenn sie ihr wichtig wäre, würde sie darauf eingehen und sie unterstützen." erwiderte Niall mir anschließend.

"Glaub mir, das wollte sie. Sie wollte mich als kleines Kind zu sich holen - um mich zu erziehen, weil sie dachte, mein Mutter wäre nicht in der Lage dazu, das zu tun."

"Und nun überschüttet sie dich mit ihrer Liebe, weil du studieren wirst. Wow!" kopfschüttelnd sah mich Niall an. "Was soll ich sagen, ich will studieren und ohne sie wäre ich nicht in der Lage dazu. Sie freut sich und ich habe nichts dagegen. Natürlich finde ich es auch nicht gut, wie sie immer mit allen umgeht, sie sollte sich echt mal am Riemen reißen." setzte ich seufzend nach.

Kurz schwiegen wir uns gegenseitig an, bevor Niall das Wort ergriff.

"Amara?"

"Hm?"

"Es tat gut, dass wir wieder mal miteinander geredet haben. Ich will nicht dass es komisch zwischen uns ist, dafür bist du mir zu wichtig." setzte er gelassen an. Ich biss mir in die Lippe und nickte. "Ja, du mir auch."

Er seufzte. "Na gut. Vielleicht sollten wir mal die Koffer hineintragen, bevor deine Oma, ich meine Mrs. Julien, noch befürchtet das ihr Gepäck gestohlen wurde." dabei versucht er die Stimme meiner Grandma nachzumachen. Ich folgte ihm kichernd, mit dem kleinen Koffer in der Hand, wieder ins Haus.

Das Gemüt im Haus hatte sich inzwischen wieder einigermaßen beruhigt. Die Drei saßen zusammen im Esszimmer und füllten sich gerade ihren Tassen mit heißen Wasser und Teebeutel.

"Wollt ihr auch einen Tee?" fragte Bobby mich und Niall. Es war so still, zu still.

Wir nickten synchron.

"Also Amara, wie war es in London? Du hast mir ja gar nicht erzählt, dass du dort warst. Und vor allem ganz alleine. Wolltest du schon für die Uni proben?" fragte mich meine Oma, als sie in ihrem Tee rührte.

"Was? Ich war doch nicht allein. Niall hat mich uns Sophie eingeladen, sonst wäre ich da vermutlich nicht hingekommen." erwiderte ich ihr und deutete dabei auf Niall, der neben mir saß.

Grandma's Gesichtsausdruck veränderte sich, als sie mich antworten hörte. Dabei fiel ihr Blick wiedermal auf Niall. "Verdient man als Straßenmusiker so viel, dass man zwei junge Mädchen nach London einladen kann? Ich hoffe doch, du hattest keine sexuellen Absichten, den Beiden gegenüber! Amara muss studieren, bevor -"

"JETZT HÖREN SIE MIR MAL ZU!" jetzt war es überraschender Weise Niall der lauter wurde. "Von nun an verbiete ich es ihnen mich mit 'du' anzusprechen, immerhin haben Sie es auch mir verboten. Ich bin ein Erwachsener Mann! Wie kommen Sie auf die Idee, dass ich den Beiden gegenüber Absichten hatte? Und wie viel ich verdiene, geht sie nun wirklich nichts an! Vielleicht hat es Ihnen noch keiner gesagt, aber es dreht sich nicht immer alles um Geld und Erfolg!"

Das hatte sicher keiner von uns erwartet! Niall hatte aber absolut Recht! Ich nickte ihm zustimmen zu.

Sie antwortete ihm darauf nicht, sondern nahm einem Schluck von ihrem heißen Tee. Das ließ sogar sie sprachlos! Ich sah, wie meine Mutter Niall zufrieden zuzwinkerte. War ja klar, dass ihr das gefallen hatte, dass er sich wehrte.

"Kathrine, was hast du den für das Abendmahl gekocht?" fragte meine Oma plötzlich, um sicher vom Thema abzulenken.

"Es ist kurz vor 17 Uhr! So früh essen wir nie!" erwiderte sie daraufhin stirnrunzelnd.

"Bei uns wird immer um 17 Uhr gegessen. Also, was kannst du mir anbieten? Oder kannst du noch immer nicht kochen. Ach, ich vergaß!" winkte sie ab, "Das arme Kind wurde ja immer nur von Fastfood und Fertiggerichten ernährt." setzte sie abwertend nach.

"Hey! Von meinen Braten schwärmt jeder!" verteidigte sich meine Mum sofort.

"Ja, Schatz. Der schmeckt klasse!" lobte nun auch Bobby, das Essen meiner Mutter. Ich wollte es jetzt nicht laut sagen, aber früher haben wir uns oft einfach was bestellt. Für uns war es praktischer, den wir waren ja nur zu zweit!

"Was kochst du dann irgendwann heute, wenn es dich freut, zum Abendessen?" hackte meine Oma nun mit hochgezogenen Augenbrauen nach.

"Wir wollten heut Pizza bestellen." antwortete meine Mum ihr leise.

"Ich habe es doch gewusst! Aus meiner Tochter ist nichts geworden! Sie hat sich nur schwängern lassen von irgendeinem Kerl! Ich hätte dich zum Studium zwingen müssen!"

"Grandma?!" unterbrach ich sie leicht verletzt. Dann würde es mich doch gar nicht geben! Wie konnte sie das nur sagen?! "Amara, mein Kind. Deine Oma liebt dich trotzdem." sie lächelte mir breit entgegen, dabei wäre ich schon gleich ihr Perlenkette verrutscht.

"Mutter jetzt reicht es. Wir werden dich jetzt in dein Hotel bringen, damit du mal eine Nacht darüber schlafen kannst. Vielleicht wird dir, dann bewusst wie unausstehlich du heute warst!" hörte ich meine Mutter sagen. Danach stand sie auf und nahm ihr leere Tasse in die Hand, um sie zur Spüle zu bringen.

"Hotel? Ich bleibe natürlich hier! Ihr könnt mich nicht einfach irgendwohin abschieben, als wäre ich eine uralte Frau, die in ein Altersheim gehört!"

Zum Glück hatten wir das freie Gästezimmer mit noch verschlossenen Kisten von unseren Umzug zugemauert. Es war randvoll, vom Bett sah man überhaupt nichts mehr.

"Das geht nicht! Wir haben keinen Platz. Das Gästezimmer ist vollgestellt mit Kisten, du kannst also nicht bleiben!" erwiderte meine Mutter zufrieden.

"Warum? Amara oder Neil sollen ein Zimmer für mich räumen. Ich bin schließlich die Großmutter, für mich ist immer Platz!"

My irish Stepbrother (Niall Horan FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt