Das Rascheln von Blättern im lauen Wind, ein berauschender Duft von Wildblumen und warme Sonne auf Malias Gesicht weckten sie.
Ihr Finger zuckten und sie spürte weiches Gras unter ihren Fingerspitzen. Das leise Summen von Bienen drang an ihr Ohr und ihr Mund verzog sich zu einem trägen Lächeln.
Langsam kämpfte Malia sich aus dem Dämmerzustand, der sie befallen hatte, als sie-
Sie schlug die Augen auf und keuchte, als ein stechender Schmerz sich durch ihren Kopf zog.
Etwas an ihrer Sicht schien verkehrt zu sein und Malia runzelte die Stirn, bis sie erkannte, dass das Ding, das sie von unten betrachtete, ein enges Geflecht aus riesigen Blättern war, das sich hoch über ihr von Baum zu Baum zog. Nur vereinzelt ließen die Blätter, von denen ein einziges so groß wie ein Kleinwagen war, einen strahlenden Himmel erkennen. Er war so blau, dass Malia angestrengt blinzeln musste.
Wie erstarrt betrachtete Malia ihre Umgebung und gab keinen Mucks von sich, ihr Hirn schien immer noch nicht richtig warmgelaufen zu sein.
Plötzlich füllten sich ihre Atemwege mit Luft und sie fuhr wie vom Blitz getroffen hoch. Japsend hielt Malia sich die Kehle und versuchte, ihren rasenden Herzschlag zu beruhigen.
Bin ich wirklich tot?
Die vielen Farben und Gerüche waren zu viel auf einmal für ihren empfindlichen Verstand und Malia stöhnte, als hämmernde Kopfschmerzen einsetzten.
Taumelnd stand sie auf und musste sich gegen den nächsten Baum lehnen, als die Welt um sie herum zu kippen drohte. Dabei spürte sie jede Rille, jede Unebenheit, die sich in ihren nackten Rücken bohrte. Wieder erstarrte sie. Sah langsam an ihr herab.
Nackt. Sie war vollkommen nackt.
»Scheiße.«
Obwohl niemanden sie gesehen hatte, stieg ihr Hitze ins Gesicht und sie bedeckte die wichtigsten Stellen mit ihren Händen.
Der Himmel ist schon ein komisches Ding.
»Ja, nicht wahr?«
»Es ist so schön hier!«
Im letzten Moment konnte Malia verhindern, dass sie über eine dicke Wurzel stolperte, die neben ihren Füßen aus der Erde ragte.
»Nein.«, kam es zitternd über ihre Lippen.
Furcht stieg wie bittere Galle ihre Kehle hinauf, als Malia einen Blick nach innen wagte.
Es glich einem zerklüften Schlachtfeld. Die Mauer war gesprengt, der Damm gebrochen und nichts bildete eine Barriere zwischen ihr und...ihr selbst.
»Doch.«, hallte es zweistimmig zurück.
Es war Malia egal, dass ihr Rücken rote Schrammen davontrug, als sie sich am rauen Holz entlang auf den Boden sinken ließ.
Sie legte die Ellenbogen auf die Knie und fuhr sich durch die Haare »Nein.«
Bebend begann Malia damit, die metaphorische Mauer in ihrem Verstand wieder Stein für Stein aufzubauen. Schicht für Schicht, zugekleistert und dichtgemacht.
Aber es war nichts im Vergleich zu der Festung, die sie einst gehabt hatte, die sie Tag für Tag vor dem Wahnsinn abgehalten hatte. Auch wenn es nur eine dumme, scheinbar nutzlose Einbildung war, war es das einzige, das gegen die anderen beiden half. Keine Medikamente, keine Therapiesitzungen, Selbsthilfegruppen oder Ratgeber, nur Malia allein und ihre Vorstellungskraft.
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Gefangen
FantasyWas würdest du tun, wenn deine Träume plötzlich zum Leben erwachen? Wenn du nicht alleine mit deinen Gedanken bist, an einem Ort weit weg von jeglicher Wirklichkeit, und doch in der Realität? Malia will eigentlich nur eines, als sie in einen Autounf...