Malias Gesichtshälfte pochte schmerzhaft, als hätte man sie mit einer Socke voll Kleingeld vermöbelt. Ein leises Stöhnen kam über ihre rissigen Lippen. Nur ihr linkes Auge ließ sich öffnen, das andere war zu stark zugeschwollen, um etwas zu sehen.
Wieder war sie an den Schultern und Armen gepackt worden und ihre Beine schlackerten nutzlos hinter ihr her.
Sie konnte den weißen Kies unter den Stiefeln von Bren und Cruz knirschen hören. Weißer Kies, wie der in Auffahrten von teuren Villen und Herrenhäusern. Alles drehte sich noch immer und Übelkeit stieg in ihrem Magen auf. Malias ganzer Körper tat weh, so als hätte sie einen Marathon hinter sich und hätte anschließend den Mount Everest bestiegen.
»Sie verschleppen dich, nur so als Erinnerung.«
»Dabei haben sie so nett ausgesehen!«
Dieses Mal vernahm Malia nur noch ein leichtes Pochen in ihren Schläfen wahr, was vielleicht daran lag, dass die beiden sich nicht sonderlich anstrengen mussten, um zu ihr durchzudringen. Sonderlich viel war von ihrem Schutzwall nicht übriggeblieben.
Das Quietschen von Metall kreischte überlaut in Malias Ohren.
Anerkennende Pfiffe ertönten neben ihr. »Wow, das ist mal 'ne ordentliche Hütte!«
Der Kies verschwand und an seine Stelle traten grobe Terrakotta Fliesen, in die feine Muster gemalt worden waren. Jede Fliese war ein kleines Kunstwerk, dem Malia im Moment überhaupt keine Beachtung schenkte.
Stattdessen spielte Malia weiterhin den leblosen, nassen Sack, den die beiden Männer durch die Gegend schleiften, während sie fieberhaft überlegte, wie sie am besten unbeschadet aus dieser Sache kommen konnte. Ein erneutes Quietschen, gefolgt von einem lauten Knall, als ein Tor ins Schloss fiel.
Ironischerweise lieferte genau Reyna ihr die zündende Idee.
»Wisst ihr, was ich für sie bekommen werde? Viel. Sehr viel. Ich meine, seht sie euch an! Verdammt, vielleicht gibt er mir so viel Macht, dass ich nicht mehr ständig auf euch Idioten angewiesen bin! Ich könnte meiner herzlosen Mutter auf der anderen Seite endlich einen kleinen Besuch abstatten...« Hoffnung und Wehmut lagen in ihrer Stimme. Und Mordlust.
»Bist du dir sicher? Sieh dir an, was du mit ihrem hübschen Gesicht angestellt hast! Das war nicht sehr klug.«, warf Bren seufzend ein.
»Ach was, wenn er will, schnippt er einmal mit den Fingern und sie ist wieder ganz. Außerdem hat das Miststück mich herausgefordert.« Reyna schnaubte abfällig.
Von wem reden sie ständig?
»Konzentrier dich und mach sie endlich fertig!«
»Aber tu ihnen nicht weh!«
Danke für diesen wirklich hilfreichen Vorschlag, da wäre ich alleine nicht draufgekommen.
Lose Strähnen hingen vor Malias Gesicht herab und baumelten bei jedem Schritt leicht hin und her. Sie traute sich nicht, den Kopf weiter zu heben, aber dennoch konnte sie die weißen und schwarzen Marmorsäulen sehen, die vor ihnen aufragten. Dunkelgrüner Efeu rankte sich am Stein hinauf und verschwand unter dem riesigen Dach. Wenn sie nur nahe genug daran vorbeigehen würden...
Cruz ächzte, als er und Bren Malia die gewaltigen Stufen hinaufhievten. Malia betete, dass er nicht ihr rasendes Herz fühlen konnten.
Eins, zwei, drei, vier. Sie zählte die Stufen, bis etwas Grünes am Rand ihres Gesichtsfeldes auftauchte.
Jetzt oder nie.
Malia schloss die Augen und stellte sich die braunen Stränge mit den grünen Blättern vor, wie sie auch an der Wand ihres Hauses wuchsen. Die glatte Oberfläche, wie sie über ihre Finger glitt, wie sie sich geräuschlos von den weißen Säulen lösten und von links und rechts geräuschlos auf den Trupp zuschossen wie Pfeile.
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Gefangen
FantasyWas würdest du tun, wenn deine Träume plötzlich zum Leben erwachen? Wenn du nicht alleine mit deinen Gedanken bist, an einem Ort weit weg von jeglicher Wirklichkeit, und doch in der Realität? Malia will eigentlich nur eines, als sie in einen Autounf...