Kapitel 23

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Erst als sie keuchend und mit Schweiß bedeckt auf dem Boden lag und auf die weiße Decke starrte, war ein Teil der Wut verraucht. Ächzend setzte Malia sich auf und wäre beinahe wieder eingeknickt, so wackelig waren ihre Arme.

Irgendwie gelang es ihr, sich ins Bad zu schleppen. Mit einem Schnippen verschwand ihre durchschwitze Kleidung im Nichts, nicht allerdings ohne zuvor den Edelstein klirrend auf dem Steinboden aufschlagen zu lassen. Malia bedachte ihn mit schmalen Augen.

Danach drehte sie sich demonstrativ um und ließ sich schwerfällig und mit müden Knochen in das herrlich warme Wasser gleiten, das dieses Mal nach Pfirsich und Sommernächten roch.

Nachdem Malia sich ordentlich abgeschrubbt und eingeseift hatte, stieg sie aus dem dampfenden Wasser und tapste frierend hinüber in den Ankleideraum. Sie war zu ausgelaugt, um auch nur einen Funken Magie heraufzubeschwören.

Sie warf sich einen flauschigen Mantel über und ging zurück in den Salon, wo sie sich Tinte und Papier schnappte und sich vor den Kamin setzte.

Unschlüssig kaute sie an der gläsernen Halterung des Federkiels herum. Schreiben war schon immer eine Willkommene Möglichkeit gewesen, Ordnung in ihren chaotischen Verstand zu bringen, wenn niemand sie verstand. Auch wenn das, was sie aufschrieb, keinen Sinn für jemand anderen ergab, half es.

Sie tauchte in die nachtschwarze Tinte ein, hielt inne. Ein Tropfen. Zwei Tropfen. Bis sie zögernd mit zusammengebissenen Zähnen zu schreiben begann.

Er treibt mich in den Wahnsinn. Als ob ich davon nicht schon genug hätte! Ich ertrage es nicht, in seiner Nähe zu sein, ich kann nicht einfach nicht mehr! Es stellt sich mir jedes Haar auf, wenn er mich berührt. Wie soll ich das bloß überleben? Was habe ich denn für eine Wahl, oder Alternative, oder habe ich überhaupt eine?

Ich weiß nicht, wie ich mit damit umgehen soll, was ich womöglich in Bezug auf ihn empfinde. Ich kann nichts dagegen unternehmen. Er ist die Heilung und das Gift für meine Nerven, er bringt meine Schilder zum Zerbrechen, lässt mich Gedanken denken, die nicht die meinen sind. Aber trotzdem, so etwas habe ich meinem ganzen Leben noch nicht gefühlt, ich hätte nicht gedacht, dass ich überhaupt in der Lage wäre, jemanden...etwas viel mehr zu mögen.

Malia legte die Feder weg, starrte auf das Papier.

»Solch melodramatische Zeilen, findest du nicht?«

Ja...vielleicht ist das etwas zu dick aufgetragen.

»Ach was, wir waren schon immer ein wenig poetisch!«

Malia verdrehte die Augen und knüllte das Papier zusammen und steckte es zusammen mit Tintenfass und Briefpapier zurück in die Schublade.

Sie sah aus dem Fenster. Die Sonne stand tief am Himmel und schickte blutrote Strahlen über die Wiesen aus schimmernden Diamanten.

Malia ging zurück in die Ankleide und setzte sich auf den kleinen Frisiertisch, nicht ohne zuvor beiläufig das schwarze Leder vom Stuhl zu schubsen. Sie fuhr sich mit der Bürste durch die leichten Locken und starrte ihr Spiegelbild an. Die gleichen Augen, die gleiche Nase, der gleiche Mund. Und doch war sie ein komplett anderer Mensch als noch vor wenigen Tagen.

Alles hatte sich verändert.

Augen wie ein Orkan blitzen im gedämmten Licht auf. Vielleicht ist es ja besser so.

Das Kinn entschlossen vorgestreckt erhob sie sich und begann, durch die unzähligen Regale und Schichten von Kleidung zu stöbern. Saphirblaue Mäntel, ein zartrosafarbenes Halstuch, Schuhe bis zum Umfallen und Röcke in so vielen verschiedenen Formen und Varianten, dass Lexa bei diesem Anblick wahrscheinlich ganz schwindelig vor Freude geworden wäre.

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