Die Tage vor dem Konzert [Matteos Sicht]

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"Matteo, willst du wirklich nicht mit spazieren gehen? Oma und Opa würden sich über einen Besuch bestimmt freuen."

"Nein, ich bleib hier. Ich brauch Erholung." lehne ich das Angebot meiner Eltern ab, die sich allein auf den Weg zu meinen Großeltern machen. Jedes Jahr am ersten Januar tischt meine Oma immer alles mögliche an Essen auf.

Ich hingegen packe erstmal fertig aus. Ich bin gestern am späten Nachmittag gelandet und war zu faul meinen Koffer auszuräumen.

Das erste mal seit Jahren habe ich Silvester mit meiner Familie in Buenos Aires gefeiert. Ich musste raus aus L.A. In zwei Wochen geht meine Tour schon weiter und ich muss Kraft tanken. In den USA würde ich nur Party machen und vollkommen fertig sein. 

Außerdem brauch ich keine weiteren Negativschlagzeilen. Von Alkoholiker bis Affärenkönig habe ich alles schon gehört. Es entspricht fast nie der Wahrheit und trotzdem gebe ich dann direkt ein schlechtes Bild ab. Ich hab zwar keine weiße Weste, aber ich bin definitiv nicht der 'abgestürzte Superstar' für den ich gehalten werde. Deswegen verbringe ich Neujahr auch in meiner Heimat.

Hier kann ich zur Ruhe kommen. Hier bin ich ein ganz normaler Mensch. Natürlich werde ich auch hier erkannt, aber es hält sich in Grenzen. Meine Eltern sind umgezogen in ein Viertel, wo nicht mehr so viel los ist. Hier leben schon ältere Menschen und die kennen mich nicht mal unbedingt.  

Als ich fertig bin mit auspacken überlege ich kurz was ich jetzt machen soll. Letztendlich nehme ich das Auto von meinem Vater und klappere alte Plätze ab. Besondere Orte. Alles Orte, die ich mit ihr besucht habe. Mit Sonnenbrille auf der Nase und Mütze auf dem Kopf versuche ich so versteckt wie möglich überall hinzugehen.

Ein kleines bisschen Hoffnung habe ich ja, das sie vielleicht auch hier ist und nur auf mich wartet. Das diese Verbindung noch da ist. Allerdings werde ich enttäuscht. Sie ist nirgendwo. Ich fahre sogar durch die halbe Stadt zu ihrem Elternhaus. Ich hab mich bisher noch nicht getraut zu klingeln, nicht seit ich weg bin. Irgendwie habe ich Angst. 

Noch habe ich eine Illusion, in der ich denke, das alles gut zwischen uns ist. Wenn sie mir dann allerdings die Tür vor der Nase zuschlägt, dann ist all meine Hoffnung dahin.

Ámbar Smith war meine erste und bisher einzige Liebe. Mit ihr konnte ich mir alles vorstellen. Kann. Ich kann mir mit ihr auch heute noch alles vorstellen. Allerdings habe ich keine Ahnung wie es ihr geht, was sie macht. 

Zu meinen alten Freunden habe ich seit meinem Umzug nach L.A. keinen Kontakt mehr. Deswegen kann ich auch niemanden fragen, ob jemand weiß wie es Ámbar geht. Ihre Eltern will ich nicht fragen, sie hassen mich. Sie konnten mich nie ausstehen und deswegen waren wir meistens bei mir.

Meine Eltern wissen auch nicht, wie es ihr geht oder ob sie überhaupt noch hier wohnt. In den sozialen Netzwerken finde ich sie auch nicht. 

Vielleicht möchte sie einfach nicht so im Internet präsent sein oder hat mich einfach nur blockiert. Ich hoffe es ist ein was von den beiden und nicht was schlimmeres. 

Es ist naiv, das ich immer noch an sie denke, während sie vermutlich schon längst glücklich mit einem Anderen ist und ihrem Traum nachgeht und keinen einzigen Gedanken mehr an mich verschwendet. 

Ich bin Matteo Balsano, ein Mädchenschwarm, dem hunderttausende von Frauen hinterhergaffen und ich denk trotzdem nur an Ámbar. Mein Mädchen. 

Es ist verrückt. Wir haben uns vor Jahren getrennt und trotzdem kann ich keine andere Frau an mich ranlassen. Es ist wie eine innere Blockade. Ich hatte ein paar Affären und hier und da mal ein paar One Night Stands, aber es war nie was ernstes. Vermutlich bin ich dafür auch einfach nicht gemacht.

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