Wie früher

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Das ist absolut wahnsinnig und bescheuert. Ich laufe gerade tatsächlich aus dem Flughafen heraus mit meiner Tochter und wir suchen meine Eltern. Es ist früh am Morgen und ich bin einfach nur tot. Egal, wie oft ich diese Route noch fliegen muss, die Zeitverschiebung bringt mich jedes mal um. 

Meine Eltern habe ich informiert, das ich spontan mit Lucia herfliege. Abblasen konnte ich die Sache ja nicht mehr, nachdem Yam meiner Tochter von den Flugtickets erzählt hat. 

Mein Papa nimmt uns in Empfang und wir fahren nach Hause. Auf dem Weg dahin fragt er erstmal, wieso wir so spontan hier sind. 

Ich überlege mir eine Ausrede, das ich billig Flugtickets gefunden habe und ich gern mal wieder hier sein wollte. So ganz gelogen ist das nicht. Zu wissen, das Matteo sich im gleichen Land befindet, gibt mir aber ein mulmiges Gefühl. 

Als mein Handy vibriert und ich Matteos Namen lese, wird das Gefühl noch schlimmer.

Schön das du mein Angebot angenommen hast. Steh 19 Uhr vor deiner Haustür und bring gute Laune mit😄

Woher weiß er das ich hier bin? Beschattet er mich? Ich gehe nicht auf seine Nachricht ein, sondern beteilige mich am Gespräch meines Vater mit meiner Tochter, bis wir Zuhause sind.

Meine Mutter hat schon den Tisch zum Frühstück gedeckt, als wir das Haus betreten. Wir begrüßen sie und gehen dann erstmal nach oben, um auszupacken, jedenfalls provisorisch.

Dann geht es wieder nach unten zu Mama und Papa, wo wir quatschen. Sie sind immer ganz aufgeregt, wenn wir zu Besuch kommen. Das ich hier bin, weil Matteo uns die Tickets geschenkt hat, verrate ich nicht.

Nach all den Jahren hat sich ihre Einstellung gegenüber Matteo nicht geändert. Sie sind auch nicht wirklich begeistert, das er jetzt Kontakt zu Lucia hat, aber ich bin alt genug um das selbst zu entscheiden. 

"Wann fliegt ihr denn wieder zurück? Hat Lucia morgen keine Schule?", beginnt Mamá die Fragerei, die ich eigentlich verhindern wollte.

"Wir sind gerade erst angekommen und du willst schon wieder wissen wann es zurückgeht?", frage ich zurück, damit sie ein schlechtes Gewissen bekommt und wir die Frage vielleicht vergessen können.

"So war das doch gar nicht gemeint. Wir freuen uns über jeden Besuch von euch. Was macht die Arbeit?", erwähnt meine Mutter ihre Frage tatsächlich nicht mehr.

Ich weiß ja selbst nicht, wann es zurückgeht. Matteos komischer Plan weist einige Lücken auf, die er heute füllen muss. Ich bin sowieso überfordert und die Tatsache, das ich ihm hinterherreise lässt mich schwach dastehen. 

Ich weiß, ich hab ihm eine forsche Ansage gemacht, als er sich wie ein Vollidiot Pedro gegenüber verhalten hat, aber jetzt renne ich ihm hinterher. Ich hätte einfach nein sagen können. Stattdessen sitze ich hier in Buenos Aires und warte nur darauf ihn wiederzusehen.

Auf der einen Seite will ich ihm einen Arschtritt verpassen, für diese hirnlose Aktion, aber auf der anderen Seite bin ich auch gespannt, was er vorbereitet hat.

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"Mami, wo gehst du hin?", will meine Tochter wissen, als ich mir gerade meine Schuhe anziehe. 

"Ich treffe mich mit ein paar Freundinnen von früher. Du bleibst hier und bist brav bei Oma und Opa, okay?"

Diese Lüge habe ich auch schon bei meinen Eltern benutzt, damit niemand Verdacht schöpft.

"Ja, Mami. Viel Spaß", wünscht Lucia mir und umarmt mich zum Abschied. Ich sage meinen Eltern noch Tschüss und verlasse dann das Haus, vor dem ein mir bekanntes Auto steht. 

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