4.1: Für die Familie

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Wir kamen nicht dazu, uns weiter zu unterhalten, weil die Glastür, die zu Louis' Garten führte, aufgeschoben wurde und ein junger Mann zu uns kam. Er hatte braune, hochgegelte Haare und fast genauso braune Augen.

Langsam näherte er sich uns und nickte mir knapp zu, bevor er sich Louis zuwandte. Automatisch spannte ich mich ein wenig an, weil ich nicht wusste, wen ich hier vor mir hatte, allerdings meinte ich mich daran erinnern zu können, dass ich ihn schon auf so manchen Bildern mit Louis gemeinsam gesehen hatte. War er nicht ein weiterer Typ von One Direction?

"Was machst du denn hier?", fragte Louis, nicht gerade höflich und musterte sein Gegenüber abschätzig.

"Du hast nicht auf meine Nachrichten und Anrufe reagiert", erklärte er ihm und ich wich einige Schritte zurück. Die beiden schienen in einer nicht sonderlich guten Laune zu sein und ich wollte eigentlich nicht dabei sein, wenn sie sich stritten. Jedoch war ich für den Schutz des Sängers zuständig, also hatte ich keine andere Wahl, als in der Nähe zu bleiben.

"Wieso auch? Du hast mir deine Antwort doch schon gesagt!", fauchte er.

Erschrocken sah ich von einem zum anderen. Dass Louis heute nicht gut drauf war, hatte ich ja schon bemerkt, aber ich hatte gedacht, dass er sich seinen Freunden gegenüber vielleicht anders verhalten würde.

"Louis, ich will nicht, dass wir im Streit auseinandergehen", meinte der mir Unbekannte, "ich möchte wenigstens begründen dürfen, wieso es nicht geht."

Der Angesprochene schnaubte nur.

"Du bist derjenige, der sein Geld verlieren wird."

"Ich weiß", murmelte er, "aber ich habe jetzt Bear und Cat."

"Dass Cathleen dazugekommen ist, ändert doch nichts!", meinte Louis fast flehentlich. "Ich habe Freddie und würde es trotzdem schaffen!"

Zu seiner Enttäuschung schüttelte der ehemalige Bandkollege den Kopf.

"Tut mir leid, aber ich will meine Kinder aufwachsen sehen. Ich will, dass sie mich als Vater ansehen, nicht als einen Verwandten, der alle paar Wochen mal zu Besuch kommt!"

Gekränkt sah der eine Sänger den anderen an.

"Willst du damit sagen, dass ich kein guter Vater für Freddie bin?!", empörte er sich.

"Ich weiß es nicht", entgegnete der Braunäugige, "aber ich weiß, dass ich es bei meinen Kindern anders machen möchte. Auch für Cheryl! Vielleicht in ein paar Jahren, wenn sie ein wenig älter sind ..."

"Es heißt immer 'in ein paar Jahren'!", beschwerte Louis sich. "Und wann soll das sein, Liam? Wenn du noch einen Dog und einen Bird dazubekommen hast? Wenn die dann auch ein paar Jahre älter geworden sind?"

Ich hörte, wie der als Liam Angesprochene scharf Luft einsog.

"Beleidige niemals meine Kinder!", knurrte er. "Sie können für all das hier nichts. Lass sie in Ruhe!"

Auch ich fand, dass Louis' Konter ein Schlag unter der Gürtellinie gewesen war. Dies schien der Braunhaarige auch begriffen zu haben, denn er schwieg für eine Weile. Liam warf mir währenddessen einen misstrauischen Blick zu.

"Sollte sie vielleicht ..."

"Sie bleibt", unterbrach Louis ihn.

Wenn die Situation eine andere gewesen wäre, dann hätte ich wahrscheinlich irgendetwas erwidert, was aussagte, dass ich selbst ganz gut entscheiden konnte, wann ich gehen wollte und wann nicht, aber ich wollte mich momentan nicht auch noch in den Streit einmischen.

"Verstehst du, ich will Cheryl nicht überlasten", meinte Liam vorsichtig. "Und ich möchte nicht, dass unsere Beziehung daran scheitert, dass ich so wenig Zeit habe."

"Wenn sie dich wirklich lieben würde, dann würde sie es verstehen", knurrte Louis wütend.

"Nein", widersprach ihm der andere, "weil ich sie wirklich liebe, halte ich mich in manchen Punkten zurück. Und noch dazu ist es auch für die Kinder so angenehmer. Denkst du, Freddie gefällt es, dass er alle paar Monate eine neue Mum hat?"

Der Vater des Erwähnten schnappte hörbar nach Luft, während ich mich versuchte so unauffällig wie möglich zu machen.

"Ich kann doch nichts dafür, dass ich einfach noch nicht die Richtige gefunden habe!", protestierte Louis und ich hörte, wie seine Stimme zu zittern begann.

Sein ehemaliger Bandkollege schnaubte währenddessen.

"Und trotzdem möchte ich es bei meinen eigenen Kindern verhindern. Ich dachte, vor allem du würdest das verstehen."

Zu tiefst verletzt sahen sich die beiden an.

"Aber auch Harry ...", begann der mit der verwuschelten Haaren, doch sein Freund unterbrach ihn.

"Er hat gesagt, dass er schauen will. Das war kein 'Ja'."

"Jetzt brauch es ja auch gar keins mehr zu werden", meinte Louis bitter. "Wenn du nicht dabei bist, bringt es ja eh nichts. Wir brauchen alle."

Liam schüttelte stur mit dem Kopf.

"Es tut mir leid, Lou. Aber ich bleibe bei meiner Antwort. Für meine Familie. Und ich hatte gehofft, dass du mich wenigstens ein bisschen mehr verstehen könntest. Aber du kannst Harry und Niall ja fragen, es hat ja schon einmal mit einem weniger funktioniert."

Der Kiefer des anderen spannte sich an.

"Ist das also dein offizieller Ausstieg?"

Fast provozierend musterte er den anderen.

"Nein", sagte der jedoch, "es ist nur noch keine Wiederkehr. Nicht jetzt, Louis. In einigen Jahren vielleicht. Aber ich wünsche dir noch viel Glück, vielleicht überredest du ja Harry und Niall."

Dieser Wunsch klang in meinen Ohren ehrlich.

"Wir sehen uns."

Dann drehte er sich um und ließ Louis und mich erneut im Garten alleine.

Einige Minuten herrschte eine bedrückende Stille, bis ich schließlich Mut fasste und ihn ansprach.

"Worum geht es hier eigentlich?", fragte ich ihn.

Sein Kopf schoss zu mir herum, wie wenn er für einen Moment ganz vergessen hätte, dass ich mich die ganze Zeit über neben ihm befunden hatte.

"Jetzt wohl um nichts mehr", murmelte er enttäuscht, zog eine weitere Zigarette aus seiner Tasche und zündete diese an.

"Stimmt es, dass ich ein schlechter Vater bin?", fragte er mich dann und sah mich aus dem Augenwinkel fast flehentlich an.

Ich wollte ihn nicht anlügen, deshalb zuckte ich ehrlich mit den Achseln.

"Ich weiß es nicht. Ich denke, dafür kennen wir uns noch nicht lange genug."

Dann jedoch erinnerte ich mich daran, mit welcher Begeisterung er mir Fotos seines Sohnes gezeigt und wie er über ihn geredet hatte.

"Aber du liebst deinen Sohn", fügte ich also hinzu, "und das ist immer eine gute Basis, denke ich."

Ein wenig beruhigter blickte er wieder zu den Blumensträuchern hinüber, die sich in seinem Garten befanden.

"Du solltest deine Träume nicht aufgeben", sagte ich ihm schließlich leise. "Ich weiß nicht, was du erreichen willst, doch du solltest dafür kämpfen! Es gibt für alles eine Lösung."

Langsam wandte er sich mir erneut zu.

"Vielleicht hast du Recht", murmelte er. "Danke."

"Kein Ding", gab ich zurück, grinste ihn an und klopfte ihm einmal aufmunternd auf die Schulter.

Schutzengel || l.t. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt