9.2: Danke sehr, Louis

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"Hehe", lachte ich zufrieden und machte es mir auf dem Fahrersitz des schicken, orangefarbenen Autos gemütlich. "Anschnallen, bitte!"

Während die Jungs meiner Aufforderung folgten, ließ ich den Motor kurz brummen. Besser gesagt schnurrte er wie eine Katze.

"Hehe", machte ich erneut. "Aber ihr müsst zugeben, dass ein leuchtendes Orange nicht unbedingt die unauffälligste Farbe ist ..."

"Ist nicht so wichtig", entgegnete Harry, "es kommt so oder so nicht jeder in das Restaurant, in das wir wollen."

"Oh", meinte ich und fuhr langsam an. Der Wagen reagierte auf die kleinste Berührung des Gaspedals, was mich begeisterte.

"Komme ich da überhaupt rein? Ich meine, brauch ich dafür 'nen VIP-Ausweis oder so was? Mindestens eine Millionen Freunde auf Facebook? Ich hab noch nicht mal Facebook!"

"Bleib cool", beschwichtigte Ed mich, "du bist unser Gast."

Ich gab Gas und brauste geschickt durch die vollen Straßen Londons.

"Navi?"

"Aye", sagte Harry auf dem Beifahrersitz und tippte sich an die Stirn. "Nächste Abbiegung links."

Okay, dann also das lebendige Navi. Hatte das Auto nicht bestimmt so ein Ding eingebaut? Aber egal, solange es ja auch anders funktionierte.

"Bist du nicht verheiratet oder so?", fragte ich Ed, "Gibt es da nicht negative Berichte, wenn man dich mit 'ner anderen im Restaurant sieht?"

Nachdem Louis mir so viel über die ganzen Paparazzi erzählt hatte, die sich um jedes Bild rissen und dazu eine atemberaubende Story erschufen, die jedoch fast nie auch nur ein Körnchen Wahrheit in sich hatte, war ich wachsamer geworden. Bisher hatte ich mich noch nie vermehrt auf solche Plattformen getraut, aber garantiert gab es schon einige Hassreden über mich.

"Mit Harry zusammen. Ein sehr romantisches Date, wirklich", stellte der Rothaarige die Situation klar.

Ich zuckte mit den Achseln.

"Man braucht nur ein wenig Fantasie, dann macht man daraus garantiert irgendwas Komisches ... Perverses ..."

Okay, vielleicht hatte ich auch ein wenig zu viel Fantasie. Ich sollte mich vielleicht mal bei einem Klatschmagazin bewerben ... Nein, wohl eher nicht.

Die beiden jungen Männer lachten nur.

"Du hast schon Recht", musste Ed schließlich einlenken, "aber wenn ich nichts mehr mit anderen weiblichen Personen als mit meiner Frau machen könnte, könnte ich mich auch gleich in meinem Haus einschließen und warten, bis ich tot umfalle."

Schulterzuckend folgte ich einer weiteren Anweisung seitens Harry und riss den Lenker aus Spaß einfach mal erst unmittelbar vor der Abbiegung herum, was dazu führte, dass die Reifen quietschten und wir in unseren Sitzen herumgeschleudert wurden.

"Lustig", murmelte ich und begutachtete begeistert die vielen Knöpfe, die sich neben mir befanden. Wofür man die nur alle brauchte?

"Stopp!", riss mich eine fast schon panische Stimme aus meinen Gedanken und erschrocken trat ich volle Kanne auf die Bremse.

Schon wieder wurden wir in den Sitzen herumgeschleudert, als der Wagen quietschend stoppte.

"Interessanter Fahrstil", hörte ich Ed leise kichern, was ich aber gekonnt ignorierte und mich lieber hilfesuchend an Harry wandte. Waren wir angekommen?

"Wo sollen wir parken?"

Er winkte ab.

"Das wird schon für uns geregelt. Steig einfach aus."

Etwas unsicher folgte ich seinem Befehl, aber gut, es war ja auch nicht mein Auto.

Ich folgte den beiden hinein in ein nobles Gebäude, doch schon nachdem ich über die Türschwelle getreten war, blieb ich abrupt stehen und sah an mir herunter.

Eine kurze Jeans und ein Top, da es, obwohl wir uns in England befanden, enorm warm war, dazu Sandalen. Wie hielten die beiden anderen es eigentlich im Anzug aus?!

"Ich komm hier nicht mal rein!", wisperte ich ihnen zu, da sie mich fragend ansahen, weil ich so plötzlich stehen geblieben war.

"Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest ...", wies Harry mich vorsichtig auf eine offensichtliche Tatsache hin, "... du bist bereits drinnen."

Damit hatte er sogar Recht, aber dennoch verdrehte ich die Augen.

"Das ist aber auch das Einzige, was ich von eurem Nobel-Restaurant mitbekommen werde", grummelte ich und breitete meine Arme aus, um ihnen nochmals deutlicher zu machen, dass ich nicht unbedingt die passende Kleidung für einen solchen Ort trug. Wieso gingen Stars eigentlich immer in Restaurants, wenn sie sich treffen wollten? Fiel ihnen nichts Besseres ein? Und wieso sagte mir nie irgendjemand Bescheid? Danke sehr, Harry, danke sehr, Ed und vor allem: Danke sehr, Louis. Ohne ihn wäre das alles hier so oder so niemals nötig gewesen. Nur, weil mir der gute Mann ja nicht freigeben konnte! Hätte er mir meine Ruhe nicht einfach gönnen können? Nicht zuletzt, weil ich nächste Woche dank der Spendenaktion schon wieder alle Hände voll zu tun haben würde - schließlich würden die Jungs am Montag kommen und eine Menge Interviews haben, um auf unser Projekt aufmerksam zu machen, bei denen ich erscheinen musste.

"Du bist mit uns unterwegs, du darfst rein", versuchte Harry mich zu beruhigen, hoffnungslos, wie ich fand.

"Glaubst du nicht, dass es der Presse irgendwann mal auffällt, dass ich immer in den falschen Outfits erscheine? Es sieht ja fast so aus, als hätte ich von dem 'Ausflug' nichts gewusst."

Meine Stimme war leise aber schneidend.

"Und ich habe wirklich keinen Bock darauf, meinen Job nach gerade mal einem Monat schon wieder zu verlieren!", fügte ich an.

Entgeistert starrten die beiden jungen Männer auf mich.

"Na toll. Und was machen wir jetzt?", grummelte der Grünäugige irgendwann und brach damit die lange Stille, die zuvor geherrscht hatte.

"Gibt's ein Problem?", hörte ich plötzlich eine altbekannte Stimme hinter mir und ich wirbelte herum, um niemand anderen als Louis zu erkennen, der mich angrinste.

"Ja", fauchte ich, "und zwar, dass es absolut keiner für möglich hält, mir vorher mal zu erklären, was eigentlich los ist und was wir planen zu machen, um mich auch nur ansatzweise darauf vorzubereiten!"

Er öffnete seinen Mund, schloss ihn aber mangels Einfall für eine passende Antwort wieder und starrte mich einige Sekunden ein wenig belämmert an, bevor er schließlich meinte: "Haben Harry und Ed dir nicht gesagt, dass sich die ganze Aktion lohnen wird?"

Ich schnaubte abschätzend.

"Du wirst es nicht glauben, aber doch, das haben sie. Bis jetzt ist es mir aber noch nicht gelungen, das ernsthaft zu glauben, was vielleicht daran liegt, dass ich an meinem Wochenende eigentlich bessere Dinge zu tun habe, als mit zwei Sängern durch die Gegend zu streunern und nicht einmal benötigt zu werden. Weißt du eigentlich, wie verdammt unnütz ich mich hier fühle? Was soll in einem Restaurant wie diesem denn bitteschön passieren?! Wenn du nicht mindestens eine Millionen auf dem Konto hast, kommst du ja nicht einmal hier rein!"

Ohne ein Wort zu verlieren, ergriff er meine Hand und zog mich nach draußen.

"Verzeih mir den harten Umgangston, Mia, aber halt jetzt bitte erst einmal die Klappe und lass dich überraschen", meinte er, während er mich zu seinem Auto führte.

"Einsteigen und still sein", kommandierte er dann und etwas verwundert, aber vor allem unfassbar wütend befolgte ich seinen Befehl sogar, wieso, konnte ich mir nicht einmal selbst erklären.

Schutzengel || l.t. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt