Ein Seufzen entfuhr mir. Wir waren nun seit drei Stunden auf der Autobahn und hatten immer noch endliche Kilometer vor uns. Die Bäume rauschten an mir vorbei und die monotone Randbewachsung trug auch nicht gerade zu einer Besserung meiner Laune bei. Im Radio dudelte Tina Turners simply the best und bevor sie ihren Refrain anstimmen konnte würgte ich sie schnell ab und widmete mich wieder der Betrachtung der Bäume. Meine Mutter, die zu Beginn der Fahrt noch versucht hatte mich aufzumuntern hatte inzwischen aufgegeben und hielt das Lenkrad unseres Autos fest umklammert. Charly, die auf der Rückbank saß, war eingeschlafen und ihr leises Schnarchen ging mir gehörig auf den Keks. Ich wollte nur nach Hause in Dancis Box und mich dort ins Stroh setzen und die gesamte Welt aussperren.
Gerade stieß ich wieder einen entnervten Seufzer aus, als ich im Rückspiegel einen weißen Audi SQ5 im Seitenspiegel erkennen konnte, der sich immer mit gebührenden Abstand hinter uns hielt. Ich wunderte mich ein bisschen, da normalerweise kein Autofahrer mit 80 km/h über den Asphalt schlich, besonders nicht mit diesem PS starken Audi.
Ich wusste nicht wieso, doch dieses Auto weckte die Erinnerung an unsere Verabschiedung und schon musste ich mir fest auf die Lippen beißen um nicht schon wieder in Tränen auszubrechen. London hatte mich fest in den Arm genommen und seine starken Arme hatten mir ein Gefühl von Sicherheit gegeben, dass mir jetzt so sehr fehlte.
"Mum, kannst du bitte auf den Rasthof da vorne fahren, ich glaube mir ist schlecht!" Flüsterte ich leise- für etwas anderes war meine Stimme gerade nicht im Stande. Sie warf mir einen sorgenvollen Blick zu, bevor sie den Blinker setzte und von der Autobahn herunter fuhr um mich direkt vor dem Hauptgebäude des Rastplatzes heraus zu lassen. Mit einem Satz war ich aus dem Auto gesprungen und rannte- mit den ersten Tränen in den Augen- in das Gebäude und folgten den Schildern bis zu den Toiletten und schloss mich sogleich in einer der Kabinen ein, bevor ich die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte und anfing bitterlich zu weinen. Alle Vorwürfe der letzten Stunden wirbelten mir durch den Kopf, wie ein Tornado und lösten stechende Kopfschmerzen aus.
"Wie konntest du mir das nur antun?"
"Ich habe das Mittel Meloxicam in der Blutprobe Ihres Hengstes gefunden!"
"Es war ganz sicher einer deiner Freunde!"
"Ich habe mich in dir getäuscht!"
Die Sätze galoppierten immer schneller durch meinen Kopf, bis ich sie schließlich mit einem "Ihr habt doch alle gar keine Ahnung!" Zum Schweigen brachte. Leider brachte ich damit auch die restlichen Toilettenbesucher zum absoluten Stillstand und von dem üblichen Papier-Rascheln und Türen-Schlagen war nun nichts mehr zu hören. Stattdessen herrschte Totenstille."Val?" Eine Bekannte Stimme ließ mich hochschrecken. Charly! "Ja, alles gut!" Rief ich mit der festesten Stimme zurück, die ich im Moment aufbringen konnte und betätigte die Spülung. Wenn ich nur meine Gedanken auch einfach im Klo runterspülen könnte. Dachte ich grimmig und folgte Charly nach draußen, um mir dort noch schnell die Hände zu waschen, bevor wir uns wieder auf den Weg nach Hause machen würden.
Kaum hatten wir die beheizten Räume des Rasthofes verlassen, fegte ein eisiger Wind durch meine Weste und ich legte mir fröstelnd die Arme um den Körper. "Wo haben wir denn nochmal geparkt?" Schimpfte Charly, die weder mit einem guten Kurzzeitgedächnis, noch mit einem Pfadfinderischen Talent gesegnet war. Mit gerunzelter Stirn ließ ich meinen Blick über den gut gefüllten Parkplatz schweifen, doch anstatt den schwarzen BMW X6 mitsamt Anhänger zu erkennen, blieb mein Blick an einem weißen Audi SQ 5 hängen. War er etwa der selbe, der vorher schon hinter uns hergezuckelt war? Wurden wir etwa verfolgt?"Valerie... Ich weiß ja dass die ganze Sache nicht einfach für dich ist, aber du machst mir gerade wirklich Sorgen... komm schon... Ich hab das Auto gefunden!" Resolut wie eine Mutter, die ihr fünfjähriges Kind vom Süßigkeitenregal wegzieht, schleifte mich Charly in Richtung unseres Autos, dass ich bei näherer Betrachtung auch halb verdeckt hinter einem LKW erkannte. Vielleicht hatte ich mich ja auch nur getäuscht und es war nur purer Zufall, dass ein SQ 5 hier eine kurze Rast einlegte. Das musste gar nichts bedeuten! Versuchte ich mir selbst Mut zu machen und verdrängte den Gedanken an das weiße Auto. Doch als wir von dem Rasthof auf die Autobahn auffuhren, konnte ich mir einen kurzen Blick in den Rückspiegel nicht verkneifen. Doch was ich dort sah, ließ es mir Kalt den Rücken hinunter laufen. Denn im Rückspiegel sah ich einen weißen Audi SQ5, der aus seiner Parklücke fuhr und in gemäßigtem Tempo hinter uns her fuhr.
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Princess
Teen Fiction~Ausschnitt aus dem Buch~ Ein Atemzug. Ein Hufschlag auf dem sandigen Boden. Grelles Blitzlicht. Aufgeregte Schreie. Tosender Applaus. Zuckende Scheinwerfer. Ein Atemzug. Ein Hufschlag. Jetzt zählt es. Auf Gedeih oder Verderb. Ein Atemzug. Ein Hufsc...