Ich schwebte wieder! Mit weitausgreifenden Galoppsprüngen durchmaß der große Fuchshengst unter mir die Showhalle der EQUITANA. Olympio! flüsterte ich leise und er schnaubte zufrieden, als ich ihn abwendete und er eine Untertassen kleine Piroutte sprang. Dann folgte die letzte Mittellinie meiner Kür und ich wendete meinen Hengst auf die Mittelline ab und fühlte noch einmal seine mächtigen Bewegungen unter mir, die mir ein großes Lächeln ins Gesicht zauberten. Kaum hatte ich zum Grüßen angehalten, hielt es die Zuschauer nicht mehr auf den Plätzen und tosender Applaus brandete auf. "Das waren Valerie Winterhagen und Silbermeyer's Olympio! Was für eine grandiose Vorstellung!" lobte nun auch der Ansager. Doch als ich gerade glücklich ins Publikum winkend aus der Halle reiten wollte, versperrte mir Isabella den Weg und streckte die Hand nach Olympios Zügeln aus. "Sofort runter Valerie!" raunte sie mir zu und zog mich mit unerbittlicher Miene aus dem Sattel.
"Neiiin!" ich fuhr aus dem Schlaf hoch. Mein Atem ging stoßweise und mein Herz galoppierte, als ich mit zittrigen Fingern nach meinem Handy angelte und den Home- Button drückte. 5.57 Uhr zeigte die grell leuchtende Anzeige meines Smartphones an. In exakt drei Minuten würde mein Wecker klingeln. Und dann würde ein weiterer Tag auf dem Internat beginnen. Ohne Olympio. Langsam beruhigte sich mein Atem, doch mein Herz pochte immer noch schmerzerfüllt. "Was soll ich nur ohne dich machen!" flüsterte ich in die Dunkelheit und ließ mich zurück in mein Kissen fallen.
"Super Valerie! Du musst Danci nur in den Pirouetten noch mehr bei dir behalten, damit sie auf einem noch kleineren Radius gesprungen werden!" riet Georgie mir am Nachmittag, als ich meinen Schultag erfolgreich hinter mich gebracht hatte und und nun seit einer halben Stunde mit Georgie auf die nächste Kür in einer Woche hinarbeitete. Diese Kür würde eine von drei weiteren sein, um uns auf das Finale in den Hallen der EQUITANA vorzubereiten. Das Thema dieser Kür sollte "Great Britain" sein. Was ich mir da für eine Kürmusik darunter vorstellen sollte, war mir lange Zeit auch nicht klar gewesen, weshalb ich Hans wieder mit der Aufgabe einer Zusammenstellung betraut hatte. Er klang für seine Verhältnisse recht zuversichtlich und machte mir Mut, mit Danci auf jeden Fall aufs Ganze zu gehen und zum ersten Mal auch Ansätze einer Piaffpiroutte einzubauen. Bei Olympio wäre dieses Element auf jeden Fall gar kein Problem gewesen, doch bei Danci... "Valerie? Ist alles in Ordnung?" riss mich Georgie aus meinen Träumen. "Ja, ja! Alles bestens!" gab ich schnell zurück und galoppierte Danci nochmals an, um ein weiteres Mal an der Pirouette zu feilen.
Gut zwanzig Minuten später betrat Alison mit Dakari die Halle und löste Danci und mich damit ab. Sie lächelte mir kurz zu, bevor sie sich selbst in den Sattel schwang und ihre Fuchsstute zu Georgie hinüber lenkte."Nicht schlecht Prinzesschen, nicht schlecht!" London kam die letzten Stufen aus dem Casino herunter, von dem man einen super Überblick über die beiden Dressurhallen hatte. "Danke!" schnaufte ich und stellte mich auf die Zehenspitzen, um meinem Freund einen Kuss auf die Lippen zu drücken. "Valerie! London! Könnt ihr nicht einmal zwei Minuten die Finger voneinander lassen? Das ist ja schon fast eklig!" London und ich fuhren erschreckt auseinander. Charly stand vor uns, die Hände seitlich in die Hüften gestemmt und musterte uns mit einem bitterbösen Blick. "Ich glaube Mrs. Ich- bin- so- in- den- Bruder- des Freundes- meiner- Besten- Freundin- verliebt- aber- traue- mich- nichts- zu- sagen ist eifersüchtig!" gluckste London, nur um mir nochmal kurz einen Kuss auf die Stirn zu geben. Ich lächelte. "Ach Charly, jetzt lass mir doch einmal kurz den Spaß!" sagte ich und hängte mich bei ihr unter, wobei ich Danci immer noch neben mir herführte und lozte die beiden in den Stalltrakt P um meine Stute abzusatteln.
"Nein! Ich. Mach. Das. Nicht!" Charly hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt und die Beine in den, mit Kies bestreuten Weg gerammt, und weigerte sich auch nur einen Schritt weiter zu gehen. Ich warf London einen genervten Blick zu. "Jetzt, was stehst du eigentlich auch so blöd rum? Ich dachte, du wolltest mir dabei helfen, dass Charly und Logan auch endlich zusammen finden!" Dieser seufzte nur, schnappte sich meine beste Freundin, hob sie mühelos hoch und trug die wild um sich schlagende Charly in Richtung des Parkplatzes auf dem sich die beiden mithilfe einiger gefakten Chatnachrichten von Charlys Handy- manchmal war es schon sehr praktisch den Code seiner besten Freundin in- und auswendig zu kennen- verabredet hatten."Ich glaub du spinnst!" keifte Charly weiter und versuchte vergeblich, sich aus Londons Klammergriff zu befreien. "Bitte Charly, mach es uns nicht so schwer, wir wollen nur das Beste für dich!" gab ich altklug von mir und linste gleichzeitig nochmals auf das Display von Charlys Handy, dass zuvor mit einem hohen Pling eine neue Nachricht angekündigt. Bin schon am Auto. lautete die Nachricht und ich musste erst gar nicht auf den Verfasser dieser Nachricht schauen. Logan wartete bereits am Auto auf Charly. "London mach mal Hinne, dein Bruder scheint ein neues -pünktliches-Leben beginnen zu wollen." ich zwinkerte ihm zu, als er seine Schritte nochmals verlängerte. "Ihr seid echt die Letzten!" fauchte Charly.
"Das Rumgezicke hilft dir jetzt auch nicht mehr weiter!" gab London gleichmütig zurück und setzte die völlig perplexe Charly neben sich auf die Erde. Gerade hatten wir den Parkplatz erreicht und um einen Fluchtversuch seitens meiner besten Freundin im Keim zu ersticken, stellte ich mich auf die andere Seite und führte sie auf einen protzigen Porsche zu, an dem niemand geringeres als Logan Fischer höchstpersönlich lehnte und in sein Handy blickte. Als wir näher kamen, blickte er auf und sofort fiel mir wieder die Ähnlichkeit zu seinem Zwillingsbruder auf. Die beiden waren das Abbild des jeweils anderen. Erst als sich das typische Angeber- Lächeln auf Logans Gesicht ausbreitete, bemerkte ich einen harten Zug um seine Mundwinkel, die ich bei London noch nie wahrgenommen hatte. "Nanu, gehen wir jetzt alle zusammen aus?" fragte er und stieß sich mit einer lässigen Bewegung von seinem Porsche 918 spyder ab. "Nein, nein! Was ein Zufall, dass ich euch auch gerade zum Essen gehen verabredet habt! London und ich wollten gerade noch eine kleine Spritztour machen, als Charly sich auch auf den Weg gemacht hat. Da mussten wir einfach schauen, mit wem sie heute ausgeht!" ich lachte leise und legte Charly warnend die Hand um die Taille. "Hmm... Was aber auch Zufall!" stimmte London in mein Lachen ein und klopfte Charly ein letztes Mal auf den Rücken, bevor er sich mit einem Kopfnicken von seinem Bruder verabschiedete und mich an der Hand von meiner besten Freundin wegzog. Als ich einen letzten Blick nach hinten über die Schulter warf, stieg eine hochrote Charly gerade in Logans Auto ein.
"Mission completed!" jubelte ich als wir in Londons Auto eingestiegen waren und er den Motor seines PS- Geschosses gestartet hatte. "Und was mach ich denn jetzt noch mit dem hübschen Mädchen zu meiner rechten?" fragte London schelmisch und drückte ohne weiter zu fragen da Gaspedal durch und fuhr mit quietschenden Reifen aus dem Parkplatz, um sofort wieder zu bremsen. Ein großer LKW war ebenfalls angefahren und zuckelte nun im gemächlichen Tempo an und vorbei. Die Aufschrift, die in goldenen Lettern an der Längsseite des LKWs angebracht war, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
"Olympio?" hauchte ich.
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Princess
Teen Fiction~Ausschnitt aus dem Buch~ Ein Atemzug. Ein Hufschlag auf dem sandigen Boden. Grelles Blitzlicht. Aufgeregte Schreie. Tosender Applaus. Zuckende Scheinwerfer. Ein Atemzug. Ein Hufschlag. Jetzt zählt es. Auf Gedeih oder Verderb. Ein Atemzug. Ein Hufsc...