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Atemlos wankte Louisan die Rampe des Kampfringes hinunter und schleppte sich auf die Bank zu, wo ein Eimer mit kaltem Wasser auf sie wartete.
Sie musste sich nicht umdrehen, um zu sehen, dass ihr Gegner im heutigen Übungskampf bewegungslos am Boden lag.
Sie fühlte sich mindestens genause zerschlagen wie er.
Mit schmerzenden Fingern wrang sie das Tuch, dass sie zuvor in das kühle Nass getaucht hatte, aus und presste es sich an ihren pochenden Schädel.
Rashja hatte es aufgegeben, ihr vom Rand des Ringes aus Anweisungen zu zu rufen.
Resigniert hatte er festgestellt, das Louisan sie ohnehin nicht befolgte.
"Wie denn auch?", hatte sie zurückgefaucht, "Ich weiß ja selbst nichtmal, was ich in dem Augenblick tue!"
Rashja hatte das nicht gelten lassen. Er und die anderen Elfen verstanden einfach nicht, dass sie nicht mit kaltem Kalkül kämpfte, sondern in einer tranceartigen Raserei. Vermutlich gelang es ihren Gegnern deshalb immer noch so viele Treffer bei ihr zu landen. Sie hasste das Gefühl.
"Nimm es positiv", hatte Finn versucht sie aufzumuntern, "Immerhin erholen deine Gegner sich nur sehr langsam von eurem Schlagabtausch."
Witzig. Sehr witzig.

Sie ließ das Tuch wieder sinken und richtete ihre geschwollenen Augen zurück auf den Ring, wo Finn jetzt seine Übung meisterte. Seine Kämpfe waren schnell und gründlich, seine Attacken durchdacht und präzise. Und im Gegensatz zu ihr war er in der Lage, Verbesserungsvorschläge umzusetzen.
Rashja stand am Rand. Er würde nachher zu ihr kommen, um ihren Kampf zu besprechen. Bis dahin hatte sie Ruhe.
Das rythmische Klirren diverser Waffen erfüllte die Luft. Sie waren nicht die einzigen, die trainierten.
Louisan schloss die Augen und ließ ihre Gedanken für einen Moment schweifen, an einen Ort, weit fort von hier, in ihr Zimmer, wo sie sich einfach auf ihr Bett würde fallen lassen können und dann liegen bleiben, bis am Morgen irgendein Lied aus ihrem Wecket tönen würde, vermutlich Sweet Dreams are made of this oder so etwas in der Art...
Sie hatte seit Wochen keine Musik mehr gehört.
Die Geräuschkulisse auf dem Trainingsplatz änderte sich. Das monotone Klirren der Waffen wurde hektisch und das vereinzelte Brüllen von Befehlen schwoll zu einem wahren Geschrei und Gebrüll heran.
Erschrocken öffnete Louisan ihre Augen. Innerhalb weniger Sekunden hatte sich das Bild, dass sich ihnen bot dramatisch verändert.
Die künstliche Böschung, die den Platz einrahmte, wurde von einem Heer schwarz gekleideter Elfen überschwemmt, die scheinbar aus dem nichts hervorbrachen.
"Verräter!", hörte sie einen der anderen Elfen brüllen, "Alle zu den Waffen!"
Louisan hatte noch nie so viele der Elfen auf einmal gesehen. Mit dem lähmenden Gefühl, diesem Ansturm nie und nimmer gewachsen zu sein, stemmte sie sich von der Bank hoch und humpelte zum nächsten Waffenständer.
Panik flammte in ihr auf. Wie sollte sie so kämpfen? Ihre Glieder fühlten sich immer noch an wie Blei, sie war sicherlich noch nicht einmal in det Lage, einen Dolch zu heben...
Mit Zusammengebissenen Zähnen riss sie einen Bogen aus der Halterung. Da die Angreifer von oben aus angriffen boten sie Zielfläche, und mit dem Bogen fühlte sie sich um einiges zielsicherer als mit dem Messer...
Du könntest auch weglaufen, meldete sich eine Stimme in ihrem Kopf zu Wort, das hier ist nicht dein Kampf. Warum solltest du für sie töten?
Louisan biss sich auf die Lippen und ließ die Waffe sinken. Eigentlich stimmte es, sie hatte, von einer nebligen Prophezeiung abgesehen, keinerlei Verpflichtungen diesen Leuten gegenüber. Im Gegenteil, sie wurde gegen ihren Willen festgehalten. Also was hatte sie dazu bewogen, sofort zum Angriff überzugehen?
An der vorderen Verteidigungslinie brach der erste Elfe mit einem Schrei zusammen. Einer der Verräter hatte ihm ein Schwert in den Brustkorb gerammt. Der Mann fiel unter die Füße seiner Kameraden, sein helles, farbloses Blut tränkte den Sand und machte ihn dunkel. Ein paar Schritte weiter rechts kämpften Finn und Rashja, Seite an Seite. Einer der Verräter verfehlte Rashja nur knapp, bevor er von Finn entwaffnet wurde...
Wir sind in der Unterzahl, begriff sie, wir können das nicht schaffen. Nicht einfach so.
Fluchend spannte sie den Bogen wieder und legte mit zitternden Fingern einen Pfeil ein. Wenn Finn kämpfte, dann kämpfte sie auch. Ihr Geschoss zischte durch die Luft und schlug ohne Schaden an zu richten im Boden ein.
Leise schimpfend griff Louisan nach dem nächsten Pfeil und bewegte sich näher an die Kampflinien heran. Auch diesmal traf sie nicht.
Es hatte keinen Zweck. Sie war einfach keine Bogenschützin.
Sie konnte nur Zweikampf. Und selbst das eher mäßig.
Mit klopfendem Herzen rannte sie auf die kämpfenden zu. Links neben ihr lag eine Kriegerin am Boden, die Augen leer und ins Unbestimmte gerichtet, das Schwert war ihr aus der Hand gefallen. Aus einer Wunde in ihrer Brust ragte ein Messer.
Louisan würgte. Sie hätte einen Schild mitbringen sollen oder so etwas in der Art...
"Ich borge mir das Mal aus", flüsterte sie und hob das Schwert der Toten aus dem Sand.
Es war schwerer als gedacht. Schon beim ersten Versuch, es hoch zu reißen, zog es Louisan fast die Arme aus den Schultern.
Keuchend zog sie es hinter sich her. Wo war die Kraft geblieben, die sie vorhin im Übungskampf noch gespütt hatte?
Im Ring, wisperte die Stimme, du hast im Ring alles gegeben was du hattest und bist jetzt erschöpft.
Mit einem Schrei schleuderte Kira das Schwert in die Luft, einem der Verräter entgegen.
Laut Scheppernd traf ihre Schneide auf die Klinge des anderen.
Mit einem Mal vermisste sie die traumwandlerische Sicherheit, die sie so sonst spürte, wenn sie kämpfte... wie viel einfacher war es, keine Angst zu haben...
Die rötlich schimmernden Augen ihres Gegners wanderten an ihrerm lädiertem Trainingstop herab und blieben an den roten Blutflecken hängen.
Ein gemeines Lächeln zuckte um seine Lippen.
"Du bist es", zischelte er, " Du bist das Menschenmädchen."
"Was kümmert dich das", stieß sie hervor.
"Du kämpfst schlechter als ich dachte. Ich könnte dich hier und jetzt töten."
"Nein... nicht... heute..."
Nuschelte sie etwa? Die Worte waren so undeutlich aus ihrem Mund gequollen...
Erneut warf sie ihren Körper herum wie eine Hammerwerferin, das Schwert mit beiden Händen vor sich, aber der Elf parierte erneut. Nicht nur das, mit einem flinken Schwertstreich riss er eine Wunde in ihren Unterarm.
Louisan hörte das schmerzvolle Brüllen bevor sie verstand, das es von ihr selbst kam.
Sie sah, wie ihre Hände das  schwere Schwert zu Boden warfen und die Klinge des anderen auf sich zu rasen. Sie spürte den Luftzug, als sie darunter hindurch sprang und hörte das Knacken, als der Arm des Elfs brach - wie genau, das wusste sie auch nicht.
Der Schmerz war nicht komplett fort, aber er war auf ein dumpfes Pochen irgendwo im Hintergrund reduziert.
Schatten fielen auf sie. Weitere Verräter kamen ihrem Gegner zur Hilfe.
Mit einer einzigen Bewegung schleuderte sie den Entwaffneten Mann seinen Kameraden entgegen, direkt auf deren Schwerter...
Sie hörte Schreie, klares Elfenblut spritzte ihr ins Gesicht...
Hatte sie nicht vorhin noch kaum ein Schwert heben können?
Ihre Beine begannen zu zittern und knickten weg. Der Schmerz kam zurück.
Nein! Nicht jetzt schon! Nicht mitten auf dem Schlachtfeld!
Verzweifelt versuchte Louisan, sich wieder hochzustemmen, aber ihre Arme waren mit einem Mal kraftlos wie gekochte Spaghetti.
"Louisan! Achtung!", hörte sie Finns Stimme rufen. Erschöpft hob sie den Kopf.
Aber statt Finns Gesicht sah sie eine Keule auf sich zu fliegen.
Dann wurde alles schwarz. Schwarz und leer.

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