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Oben angekommen schließt sie die Tür auf. Das ist unsere Wohnung. Unser Reich. Wir haben es so gestaltet, wie wir es wollten. Alles nach unseren Wünschen und vor allem die von meiner Freundin.

Ich betrete die Wohnung. Ich bin der erste, der an diesem Abend die Wohnung betritt. Das ist merkwürdig, da ich sonst Tini immer den Vortritt lasse. Sie ist die Dame in dieser Wohnung. Meine Dame.
Sie schließt die Tür und legt den Schlüssel auf die Kommode. So wie immer.
,,Und hast Du hunger Leon'',wendet sie sich an mich.
Ich verneine ihre Frage und setze mich auf's Sofa. Sie hat nicht gemerkt, dass ich bewusst dahin gehe.
,,Ich bin gleich wieder da. Ich muss nur kurz telefonieren.''
,,Ja, sage ich mit meiner kindlichen Stimme.
Wo ist nur der Mann in mir geblieben?

Kurze Sekunden später vibriert es in meiner Hosentasche. Ach nein. Das Handy besitze ich ja noch. Sie ruft mich gerade an. Mist. Zum Glück ist es nur auf Vibration eingestellt. Ich kann nicht ran gehen. Nicht so lange ich diese Kinderstimme besitze.
Ich muss geduldig sein. Warten...warten....warten...und diese Männer. Ich muss sie finden.

Etwa fünf Minuten später taucht Tini wieder auf.
,,Hier hast Du ein paar Sachen, die deiner Größe passen Leon. Jorge's Mutter hat sie mir vor langer Zeit gegeben. Probier sie an.''

Wie ein Kind darstellen Jorge. Ich muss mich wie ein Kind benehmen.

Also ziehe ich mich vor ihr aus. Ich hoffe nur, dass ich nicht erröte. Das ist, dass letzte was ich will. Obwohl sie mich ja schon ohne Kleidung gesehen hat.

,,Wow, spricht sie laut. Steht dir wirklich gut Léon.''
,,Danke'', gebe ich leise von mir und betrachte mich selber.
,,In meinem Zimmer befindet sich auch ein großer Spiegel, also wenn du willst kannst Du ruhig...
,,Nein. Es ist alles super. Danke Ma...Martina.''
,,Gerne doch Léon.''
,,Und? Wo ist Jorge'',frage ich ganz ungewollt.
Ich sehe doch ihre Traurigkeit. Enttäuschung. Wut. Alles mögliche.
,,Ich weiß es nicht Léon. Vielleicht ist er noch bei einem Freund.''
,,Können wir zu ihm?''

Mann ich sollte es wirklich nicht übertreiben.
Sie muss kurz lachen.
,,Nein. Das können wir nicht Léon. Da es für dich jetzt Zeit ist zu schlafen.''
,,Ach nö, gebe ich laut von mir.''
,,Doch Léon. Jorge und ich müssen jetzt auf dich aufpassen. Das heißt auch früh schlafen gehen.''
,,Ok'', gebe ich flüsternd nach.
,,Na komm.''
Sie nimmt mich an der Hand und zusammen gehen wir ins Bad.
,,Hier hast Du eine neue Zahnbürste.'' Sie reißt die Tüte auf und drückt mir die Bürste in die rechte Hand.
,,Ich habe hier jetzt nur eine kleine Tube Zahnpaste für dich, die nicht so scharf ist und nach Erdbeere schmeckt. Ist das in Ordnung für dich?''
,,Ja.''

Ich schrube von links nach rechts. Oben und unten meine Zähne. Auch Tini hilft mir etwas dabei.
Als ein achtjähriges Kind, kann man die Zähne nicht perfekt putzen. Schauspielerei ist angesagt.
Wir putzen zusammen die Zähne. Auch sie hat sich ihre lila-weiße Zahnbürste in den Mund gesteckt.
Nichts neues für mich, ich kenne doch schon alles an ihr.
Jede Bewegung. Jede Kurve. Jedes Teil.

Sie wird mich verstehen, sobald ich ihr die Wahrheit sage. Das wird sie mit Sicherheit.

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