Der Weg nach Hogsmeade war überfüllt von Hogwarts-Schülern von der dritten bis zur siebten Klasse, die allesamt dem Zaubererdorf entgegen strömten. Inmitten der tratschenden Menge kämpften sich die vier Freunde vor, was nicht gerade einfach war.
„Verdammt, wir hätten doch den Geheimgang nehmen sollen!", schimpfte Sirius, nachdem er beinahe einen Drittklässler umgerannt hatte. Peter gab keuchend seine Zustimmung, während er sich seinen Weg durch die Menge suchte.
„Du kannst ja gerne umkehren.", meinte Remus spöttisch mit einem Blick zurück auf den überfüllten Weg. Er fühlte sich in der großen Menge auch keinesfalls wohl, aber wenn man einmal in ihr drinsteckte, kam man nicht mehr so einfach heraus.
Auch James schien so zu denken, denn er sagte: „Moony hat recht, stellt euch mal nicht so an! Von so etwas lassen wir uns doch nicht einschüchtern. Außerdem kommen wir auf diese Weise in jedem Fall nach Hogsmeade."
Sirius murmelte irgendetwas Unverständliches und Peter versuchte noch immer, in der Menge nicht unterzugehen, als er plötzlich rief: „He, Sirius, ist da nicht dein Bruder?" Er deutete auf einen Drittklässler mit kurzem schwarzen Haar und einem Slytherin-Abzeichen auf dem Umhang.
Sirius wandte seinen Blick ab. „Lass mich mit dem kleinen, perfekten Schleimer bloß in Ruhe.", sagte er etwas ungehalten. „Der ganze Stolz der Familie Black: Er ist ein Slytherin, bändelt mit zukünftigen Todessern an... Pah!"
Remus lächelte. Immer wenn Sirius auf seine Familie zu sprechen kam, ging etwas mit ihm durch und er erging sich in wütenden Beschimpfungen. Aber das war wohl das Los, wenn man als einziges Mitglied der Familie nach Gryffindor kam, während alle anderen in Slytherin gewesen waren.
„Zerbrich dir über den nicht den Kopf, Tatze!", rief James seinem Freund zu. „Der braucht dich hier ja nicht zu interessieren!"
Sirius nickte und wurde wieder ruhiger, während sie langsam in Richtung Hogsmeade vordrangen.Als sie endlich in Hogsmeade angekommen waren, liefen James und Sirius sofort los, um zu Zonko's Scherzartikelladen zu gelangen. Remus hatte eigentlich vorgehabt, direkt zu Beginn bei Schreiberlings Federladen einen neuen Federkiel zu kaufen, aber Peter wollte unbedingt zuerst zum Honigtopf und bat Remus so lange, ihn zu begleiten, bis dieser schließlich zusagte. Also folgten die beiden den zahlreichen anderen Schülern, die ebenfalls in Richtung des Süßwarengeschäftes liefen.
Es gab wohl neben Zonko's keinen anderen Laden in Hogsmeade, bei dem dermaßen viel Geld gelassen wurde. Allerdings auch zurecht, das musste Remus zugeben, denn das Angebot des Honigtopfes wies so viele verschiedene Arten von Süßigkeiten auf, dass vermutlich nicht einmal der Ladenbesitzer selbst alle aufzählen konnte.
Von daher war der Laden auch immer gut besucht, so wie auch jetzt.
An jedem Regal sammelten sich die Jugendlichen und probierten alle möglichen Süßigkeiten. Peter lief sofort zu dem Regal mit den riesigen Schokokugeln und auch Remus ließ sich von der allgemeinen Stimmung anstecken. Ehe er sich versah, hatten er und Peter bereits eine ganze Schokokugel verdrückt. Was für eine enorme Leistung das war, konnte nur jemand ermessen, der diese riesigen Kugeln bereits einmal gesehen hatte.
Während Peter sich auch an den Gummischnecken gütlich tat, begutachtete Remus die Zucker-Federhalter, die in sehr verschiedenen ansprechenden Farben gehalten waren. Er fragte sich gerade, ob er nicht lieber eine Sammlung solcher Federn kaufen sollte, als er gedankenverloren mit jemandem zusammenstieß. Sofort entschuldigte er sich und hob den Kopf, als er erkannte, dass er genau in Lily Evans' grüne Augen sah. Auch sie erkannte ihn und blickte sofort misstrauisch umher. Als sie offenbar niemanden sonst sah, lächelte sie Remus freundlich zu.
„Hallo Remus. Treiben sich deine Freunde auch hier herum?" Damit wollte sie wohl eigentlich fragen, ob sich James hier herum trieb. Verneinend schüttelte Remus den Kopf. „Hier ist nur Peter. James und Sirius sind bei Zonko's." Lilys Augen verengten sich. „Was haben die beiden denn diesmal wieder vor?"
„Ich weiß es nicht.", antwortete Remus wahrheitsgemäß. Er konnte zwar sehen, dass Lily ihm das nicht glaubte, aber sie fragte nicht weiter nach. Das war eines der Dinge, die er an Lily schätzte. Sie war immer freundlich zu ihm, auch wenn sie nicht mit jedem aus seiner Gesellschaft so gut klar kam und erkannte schnell, wenn es ihm nach einer weiteren Vollmondnacht mal wieder schlecht ging. Sie wusste natürlich nicht, weshalb er öfters krank war, war aber nie aufdringlich oder stellte ihm deswegen unangenehme Fragen. Sie kam ihm ein wenig wie eine Schwester vor, die er nie gehabt hatte. Sie konnte zwar gerade seinen Freund James nicht leiden, aber Remus hatte den Verdacht, dass sie ihn doch nicht so sehr hasste, wie sie es ihm bei jeder ihrer Begegnungen vermittelte.
„Hast du schon die Kröten-Pfefferminzbonbons probiert? Die hüpfen dir wortwörtlich die Speiseröhre hinunter!" Lily lachte belustigt.
„Nein, aber das klingt jedenfalls interessant." Dabei fand Remus die Vorstellung von krötenförmigen Bonbons, die seinen Rachen hinunter hüpften, eigentlich nicht so angenehm.
„Das ist sicher ein Wort, mit dem man sie beschreiben kann." Wieder lachte Lily leise. „Übrigens, hast du schon den neuen Bewohner der Drei Besen gesehen?"
Remus hob die Augenbrauen. „Was denn für ein neuer Bewohner?"
„Naja, Mary und ich haben gesehen, wie der in dem Gasthaus herunterkam und mit Madam Rosmerta geredet hat.", erklärte Lily.
„Und was ist so Besonderes daran? Dass auch mal Zauberer hierherkommen, ist nicht so ungewöhnlich, oder?", fragte Remus scheinbar gleichgültig, obwohl in ihm ein furchtbarer Verdacht aufkam.
Lily nickte. „Da hast du recht, aber dieser Mann ist irgendwie anders. Er ist so makellos gekleidet und wirkt so zielstrebig, der ist ganz bestimmt nicht zufällig hier. Und seine Augen erst, so voller Härte, dem möchte man nicht unbedingt in die Quere kommen. Dazu passt auch die große Narbe auf seiner Wange."
Remus fühlte, wie sich die Welt um ihn herum drehte. „Und...dieser Mann... welche Haarfarbe hatte der?" Sein Stimme war ein Krächzen.
„Oh, ziemlich blond. Wieso?"
Remus konnte nicht antworten. Er konnte überhaupt nicht mehr sprechen. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihm breit. Er hatte dieses Ereignis der letzten Vollmondnacht schon fast wieder vergessen. Ruhig, Remus, sagte er sich. Noch war es nicht sicher, dass es derselbe Mann war. Und selbst wenn er es war, gab es noch keinen Grund, ihn zu fürchten. Vielleicht war es nur ein dummer Zufall gewesen, dass er die Hütte beobachtet hatte. Aber das mulmige Gefühl ließ sich nicht verscheuchen. Er brauchte Gewissheit, jetzt sofort.
„Remus, ist alles in Ordnung?" Lily sah ihn besorgt an.
„Alles bestens.", krächzte er. „Ich muss nur mal schnell... weg." Ohne die sehr verdutzte Lily weiter zu beachten, drehte er sich um und suchte nach Peter. Als er ihn bei den Gummischnecken gefunden hatte, packte er ihn und meinte: „Komm, wir gehen."
„Aber warum denn?", fragte Peter sichtlich bestürzt, jedoch hatte Remus jetzt keine Zeit für Erklärungen. Er zerrte Peter einfach aus dem Honigtopf und schlug den Weg zu den Drei Besen ein. Und dabei dachte er kein einziges Mal daran, dass er eigentlich noch eine Feder hatte kaufen wollen.
DU LIEST GERADE
Das Geheimnis der Heulenden Hütte
Fiksi PenggemarAm Anfang ihres fünften Schuljahres haben es James, Sirius und Peter endlich geschafft: Sie sind Animagi und können ihren Freund Remus nun bei seinen Werwolfverwandlungen begleiten. Damit steht eigentlich ein Jahr mit noch mehr Streichen und Spaß an...