Wie denkst du?

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*Sicht Patrick*

Wir hatten das erste Mal seit einer Ewigkeit wieder zu Viert aufgenommen. Ich habe lange nicht mehr so gelacht und meine Bauchmuskeln taten einfach nur noch weh.

Nachdem Zombey und Maudado aus dem TS gegangen waren, herrschte zwischen Manuel und mir Stille. Ich hatte irgendwie Sorge das ich ihn bedrängte, wenn ich redete. Er war noch ziemlich zurückhaltend beim Aufnehmen gewesen. Doch er tat irgendwann selbst den ersten Schritt. „Palle? Wann kommst du wieder vorbei?", fragte er mich. Ich musste sofort lächeln. „Sobald es geht. Morgen habe ich noch einen Termin wegen meinem Merch. Wir stecken voll in der Planung. Danach kann ich gerne zu dir fahren. Wäre aber erst am Abend bei dir.", sagte ich. Manuel sage kurz nichts, bis ein Einfaches. „Ich freue mich auf deinen Besuch." Von ihm kam. An seiner Stimmlage hörte ich, dass auch er am grinsen war. „Das wird so toll. Ich freue mich gerade richtig, dass du mich gefragt hast Manu.", kicherte ich. „Ich bin ein mutiger Typ.", scherzte er rum. „Aber ich werde jetzt mal die Videos schneiden. Vielleicht lade ich morgen ja was hoch.", fügte er hinzu. „Okay. Ich werde mich melden, wann ich den Zug nehme. Bis dann Mänjuel." „Bis dann." Und schon war er weg. Grinsend lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück. Ich freute mich wirklich wahnsinnig auf den erneuten Besuch. Auf das wiedersehen. Auf ihn.

Die Fahrt zu Manu verging wie im Flug. Ich hatte das Gefühl, ich würde einsteigen und direkt wieder aus dem Zug raus müssen. Fast hätte ich sogar den Ausstieg verpasst. Leicht hetzend lief ich zum anderen Gleis und stieg in die Bahn, die mich zu Manus Stadtteil brachte. Von dort aus musste ich nur noch laufen. Ich lief schnell und war relativ außer Puste, als ich auf die Klingel drückte.

Ich freute mich darauf, wieder bei Manu zu sein. Aufgeregt stand ich vor seiner Wohnungstür, die sich öffnete. „Hallo Mänjuel.", begrüßte ich ihn. „Hey.", sagte er leise und trat einen Schritt zurück, damit ich durch die Tür konnte. Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und schob sie beiseite. Meine Jacke hing ich über einen Stuhl, meinen Rucksack legte ich darauf und wie als würde ich hier leben, setzte ich mich auf das Sofa. Manu kam mir hinterher und setzte sich. „Bist du gut hergekommen?", erkundigte er sich. „Ich habe die Fahrt über ein Video geschnitten. Ging also alles ziemlich schnell. Wie geht's dir?", fragte ich ihn. Ich sah, wie seine Wange einmal zuckte. „Es ist alles gut.", antwortete er. Unpassende Frage. Ich merkte, wie es ihn störte. Aber ich wollte es wissen. Ich seufzte. „Ich wäre so gerne mehr für dich da." Manuel hob seine Augenbrauen. „Du bist doch hier. Mehr kannst du auch nicht machen. Du hilfst mir, indem du einfach herkommst." „Trotzdem würde ich gerne mehr wissen. Wie du denkst. Wieso du so bist, wie du bist." Ich hatte während diesem Gespräch angst zu weit zu gehen. „Ich werde dir einfach genau das erzählen, was ich meinem Therapeuten erzählt habe, okay?" Er sah mich durchdringlich an. Ich nickte leicht. Dann holte er leicht Luft und begann. „Es gibt Dinge, die sollten nicht existieren. So wie Krieg oder Krankheiten. Und manchmal denke ich, dass ich auch zu diesen Dingen gehöre." Ich schluckte, als er das sagte. Er sagte es so trocken und trotzdem merkte man in seiner Stimme, wie gebrochen er war. „Ich tue mich nicht gut mit Menschen, Palle. Sie überfordern mich und machen mir Angst. Wenn ich mal länger mit jemanden was mache, wünschte ich mir sofort, dass diese Person einfach geht. Das ich alleine sein kann. Früher in der Schule war es ganz schlimm. Ich war durchgehend gestresst und wenn ich nachhause kam, habe ich mich in mein Zimmer verzogen und bin nur zum Pinkeln oder zum Essen rausgekommen. Meine Mutter hatte sich so Sorgen gemacht und hat tausendmal versucht mit mir zu reden. Gefragt wieso ich keine Freunde habe. Doch eigentlich reichten mir die, mit denen ich in der Schule geredet hatte. Nachmittags oder an den Wochenenden wollte ich nicht noch mehr Menschen sehen oder mit ihnen reden. Meine Brüder sind oft Feiern gegangen und wollten mich mitnehmen, doch ich habe nein gesagt. Ich hasse sowas. Ich hasse Menschen Ansammlungen und fremde. Im Internet ist es komischerweise ganz anders. Dort verstehe ich mich mit jedem, der nett zu mir ist. Ich würde euch alle als Freunde bezeichnen. Vor allem dich. Und dich würde ich jetzt auch als richtigen Freund bezeichnen." Jetzt schmunzelte er mich an. Seine Erzählung hatten mir einen Schauer über den Rücken gejagt. Er tat mir leid.

Bis die Maske fällt / KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt