Schwärze

2.5K 192 49
                                    


*Sicht Manuel*

Nun waren wir schon zwei Tage hier in Thailand. Zwei Tage an denen wir so viel Schönes erlebt hatten. Sei es der Wanderausflug oder die Abende, die wir hier im Haus verbracht hatten. Doch irgendwie packte mich die Angst, dass ich wieder in mein Loch rutschte, wenn ich wieder in Deutschland wäre. Und zwar ohne Patrick. Er musste ja auch wieder nach Köln, seinen Job erledigen. Er hatte für Thailand einiges Vorproduziert und machte hier noch Vlogs. Natürlich hatte er nicht erwähnt, dass ich mit war. Er hatte gesagt, dass ein Kollege aus Hamburg dabei war und dieser nicht vor die Kamera wollte. Ich hatte auch vorproduziert. So würde auch niemand verdacht schöpfen.

Ich musterte mein Ebenbild im großen Spiegel des Gästebadezimmers. Müsste ich doch lernen alleine klar zu kommen? Ich hatte Angst davor, alleine zu sein. Verzweifelt setzte ich mich an den Rand der Badewanne und stützte mich auf meiner Hand ab. In mir breitete sich wieder diese leere aus, die doch momentan nichts in mir zu suchen hatte. Es war doch alles okay. Oder etwa nicht? Es war nicht zu kontrollieren, diese schwärze. Die schwärze, die sich wie eine dicke Nebelwand ausbreitete und blieb. Ich konnte sie nicht entfernen, so gerne ich es auch wollte. Ich konnte nichts gegen diesen Schmerz tun, der mich zu erdrücken schien.

Mir rollte eine Träne über die Wange, die ich auch einfach ließ. Eine zweite folgte ihr. Aus meiner Kehle erklangen leise Schluchzer. Bedacht darauf, dass Palle mich nicht hörte. Er war zwar auf der Terrasse und sonnte sich, doch ich hatte die Vermutung, dass er früher oder später nach mir schauen würde. Er machte sich immer so schnell sorgen um mich. Ich kniff meine Augen zu, die mittlerweile durchfeuchtet waren. Er machte sich ständig sorgen. Ob begründet oder unbegründet. Er sollte es nicht. Ich wollte für ihn keine Last sein. Ich wollte nicht, dass es ihm schlecht ging, weil er sich sorgen machte. Ich wollte nicht, dass er sich ständig Gedanken darum machte, wie es mir ging und wie er es besser machen konnte. Ich war nicht gut für ihn.

Ich stand auf und drehte das Schloss um. Dann ließ ich Wasser in die Badewanne ein. Die Seife, die hier stand, roch nach Corcuma. Befremdlich, doch irgendwie gut.

Meine Kleidung zog ich mir aus und dann stieg ich in das leicht kalte Wasser hinein. Kurz musste ich die Luft scharf einziehen, doch dann war es erfrischend. Hier war es wirklich warm, weswegen das kalte Wasser wirklich gut tat.

Ich ließ mich ins Wasser hinein rutschen und schloss meine Augen. Vor ihnen tanzte ein kurzes Video. Es war das, wo ich ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Die Erinnerung war schwammig, aber dennoch irgendwie klar. Es war nicht zu beschreiben. Ich erinnerte mich daran, wie aufgelöst meine Mutter gewesen war. Und dann war ich es nicht mal Wert, sich einmal zu Melden, als ich in der Klapse war. Es war nicht mehr relevant. Ich war nicht relevant. Ich glitt noch tiefer ins Wasser und meine Tränen vermischten sich mit dem nach Corcuma riechenden Wasser. Das meine eigene Familie keinen Wert auf mich legte, verletzte mich. Eigentlich hatte ich doch niemanden. Niemanden außer Palle. Aber auch er würde irgendwann gehen, dass war ich mir sicher. Niemand hielt es lang genug mit mir aus. Ich war kompliziert. Ich hatte meine Eigenschaften, die ein Leben mit mir ansträngend machten. Fast schon auf dauer unerträglich.

Meine Hand legte ich an meinen Kopf und fuhr mit den Fingern durch mein Haar, welches im Wasser seidig schwammen. Dann tauchte ich wieder auf, um Luft zu holen. Würde es denn auffallen, wenn ich nicht mehr da wäre? Es würde in Palle was auslösen, doch auch er würde darüber hinweg kommen. Er ist so ein toller Mann, der es sicherlich einfach hatte einen neuen Partner zu finden. Ich wäre nicht seine letzte Liebe. 

Bis die Maske fällt / KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt