[Coal Hill School, Shoreditch, London, England, 20. Jänner 2015, 16:10]
"Und vergesst nicht, bis morgen die Hausaufgaben auf Seite 83 und 84 zu machen!"
Die Schulglocke erklang während Claras Worten, und alle Schüler packten eilig ihre Utensilien in ihre Schultaschen und stürmten aus der Klasse heraus, die Tür ließen sie dabei offen stehen. Erschöpft sank Clara in ihrem Stuhl zusammen und schaufte. Die 3B war wahrhaftig die angstrengenste Klasse der gesamten Schule- die Kinder hatten teilweise so laut durcheinander geschrien, dass der Englischlehrerin sowohl Gehör als auch Stimme fehlten, und überall im Raum lagen Papierflieger und -kügelchen verstreut. Ihr tat die Putzfrau jetzt schon leid.
Clara griff zu ihrer schwarzen Clutch, die unter dem Tisch verstaut war, und legte ihre Sachen zusammen. Gähnend strich sie sich ihren Pony aus der Stirn und sortierte ihre Bücher sowie ihre Federschachtel in ihre Tasche ein. Langsam legte sich Clara den Riemen um die Schulter und schlurfte aus dem Klassenzimmer. Ihr fehlte jegliche Motivation, um heute irgendetwas Anderes zu tun als zu schlafen.
Trotzdem musste Clara noch die Schularbeiten der 3B korrigieren.
Das Konferenzzimmer war nicht mehr weit entfernt, als sie plötzlich ein Geräusch vernahm. Eine Art Seufzen.
Halb drehte sie sich um und hegte schon fast die Erwartung, es könnte sich um die TARDIS handeln.
Zu ihrer großen Enttäuschung war es allerdings nur der Karren der vorbeifahrenden Putzfrau, dessen rostende Räder schon unangenehm quietschten.
Es waren schon fast fünf Wochen vergangen, seitdem sie den zeitreisenden Doctor zum letzten Mal gesehen hatte. Damals hatten sie am Weihnachtstag sogenannte "Traumkrebse" besiegt, die sich an die Köpfe von Menschen anzapften, um sie mit Träumen zum Schlafen zu bringen und anschließend zu töten- immer, wenn man in einem Raum mit ihnen stand und an sie dachte, wurde man angegriffen.
Clara selbst war diesen Wesen auch zum Opfer gefallen- dreimal hintereinander. Der Doctor hatte sie gerettet, so wie er es immer tat.
Während sie die Tür zum Konferenzzimmer mit ihrem Schlüsselbund öffnete, fragte sich Clara, was der Time Lord in diesem Moment wohl so trieb. Vielleicht besuchte er gerade Elvis Presley, oder flüchtete vor den Daleks, oder löste ein kniffeliges Rätsel auf einem fremden Planeten, der nur aus Eiscrem bestand...
Sehnsüchtig seufzend setzte sich Clara auf ihren Platz und holte die Hefte mit den Schularbeiten hervor. Sie versuchte, sich auf den Text zu konzentrieren, der vor ihr lag.
Gideons Handschrift wird ja immer lesbarer, freute sie sich und korrigierte ein paar Fehler. Gideon Peterson war ein fleißiger Schüler, nur leider konnte meist keiner seine Schrift entziffern.
Nach einer Stunde hatte Clara alle Hefte sauber durchgelesen und die Noten gegeben - Gideon bekam eine Zwei plus, wegen seiner originellen Textidee. Den Stapel legte sie in ihre Schublade zurück. Die Lehrerin kontrollierte noch einmal, ob sie auch wirklich alles eingepackt hatte. Clara warf sicherheitshalber sogar einen Blick in ihr Portmonee- das war einer ihrer vielen Ticks: Alles in ihrer Tasche musste am rechten Platz sein.
Da stach ihr ein Passbild ins Auge, dass sie vor einiger Zeit in die Geldbörse geklebt hatte.
Ein Bild von Danny Pink.
Clara starrte es für einen Moment gedankenverloren an. Ihr fester Freund war vor genau drei Monaten bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Um ihn zu retten, hatte Clara sogar den Doctor verraten- einen Fehler, den sie bis heute schwer bereute.
Trotz aller Mühen konnte sie Danny nicht zurückholen und musste ihrem zu einem Cyberman programmierten Freund sogar eigenhändig die Gefühle deinstallieren- weil er den Schmerz über ihre getrennten Wege nicht ertragen konnte.
Am Weihnachtstag wurde sie von einem Traumkrebs besessen und hatte von Danny geträumt. Es war ein wunderschöner Traum gewesen- aber letztlich auch nur eine perfekte Illusion. Clara hatte ihm nach ihrem letzten Kuss versprochen, nicht immer um ihn zu trauern, sondern ganz genau fünf Minuten am Tag an ihn zu denken. Das war manchmal ziemlich schwierig und oft auch schmerzhaft, aber die Arbeit half Clara ein bisschen, sich auf das wahre Leben zu fokusieren. Für Danny wollte sie stark bleiben.
Vielleicht war ja jetzt ein guter Augenblick für diese fünf Minuten? Im Konferrenzzimmer befand sich niemand mehr außer sie.
Clara strich mit ihrem Zeigefinger über das Bild. Tief in ihrem Herzen vermisste sie jedes Detail von Danny. Seine Stimme, die sie am morgen in der Schule begrüßte, seinen Humor, der sie immer zum Lachen brachte, seine braunen Augen, die ihr in die Seele blickten...
Wieder versetzte diese Sehnsucht nach ihm einen scharfen Stich in Claras Herz.
Ich vermisse dich, Danny, dachte die Lehrerin traurig, So sehr.
"Miss Clara?"
Eine Männerstimme ließ Clara aufhorchen. Verwundert sah sie auf: Ein großer, schlanker Mann, der einen kobaltblauen Pullunder über einem schneeweißen Hemd trug, stand plötzlich im Raum. Um seinen Kragen war eine schwarze Fliege mit weißen Punkten darauf gebunden.
Beinahe hätte sie gedacht, es wäre der Doctor. Aber es handelte sich eigentlich um Adrian Davies- ihren Arbeitskollegen, der auf der Coal Hill School als Geschichts- und Literaturlehrer arbeitete. Er erinnerte Clara wirklich sehr an die vorherige Inkarnation des Doctors, bevor dieser regeneriert hatte. Und das nicht nur wegen Adrians Vorliebe für Fliegen, sondern auch, weil seine Gesichtszüge und Gesten sie sehr an ihren besten Freund erinnerten.
"Adrian", begrüßte sie ihn überrascht. Sie hatte garnicht gehört, dass er den Raum betreten hatte. Normalerweise war Clara immer die Lehrerin, die am längsten bis zum Ende ihrer Schicht in der Schule blieb.
Adrian schritt näher an sie heran. "Verzeihung, falls ich Sie störe, aber ich wollte Sie nur darüber informieren, dass die morgige Lehrerversammlung um eine Stunde vorverlegt wird."
Clara nickte geistesabwesend, und starrte nur weiter auf Dannys Bild. "Oh, danke", meinte sie nur und lehnte sich mit der Hand am Kinn auf den Tisch.
Nach einem Moment fragte Adrian zögernd: "Ist alles in Ordnung?"
Jetzt erst bemerkte Clara das besorgte Funkeln in seinen blauen Augen. Schnell versuchte sie, ihre Trauer mit einem erzwungenem Lächeln zu überspielen. "Was? Ja, alles im grünen Bereich. Keine Sorge."
Adrian nickte langsam, sein leicht gewelltes, dunkelbraunes Haar wippte dabei ein wenig mit. "Oh, gut, da bin ich beruhigt. Wenn Sie ein Problem haben, dann sagen Sie mir einfach Bescheid."
"Mach ich, danke", rief sie ihm hinterher, doch als er sich umdrehte, um das Konferenzzimmer zu verlassen, plagte die Lehrerin sofort ihr schlechtes Gewissen. Adrian war ein ehrlicher Kerl, sie wollte ihn nicht anlügen.
"Adrian!"
Er wandte sich wieder zu ihr um.
"Ja?"
Clara stand vom Stuhl auf und ging auf ihn zu. "Um ehrlich zu sein, geht es mir heute sehr schlecht."
Adrian musterte sie bedächtigt. "Oh, weh. Darf ich fragen, wieso?"
Sie atmete tief ein- es fiel ihr nicht leicht, über Danny zu sprechen, aber trotzdem musste sie es sich einfach von der Seele reden.
"Es ist wegen Danny", erklärte sie vorsichtig, "Ich weiß, dass er nicht mehr da ist, aber in letzter Zeit fehlt er mir immer mehr." Clara strich sich mit dem Finger über dem Augenwinkel, um nicht weinen zu müssen. "Es fühlt sich an als... würde in meinem Leben etwas gelöscht worden sein, und ich kann nichts tun, um dieses Etwas wiederherzustellen. Ich kann es nicht besser erklären..."
Vehement kniff sie die Augen zusammen. Sie durfte nicht heulen. Sie musste stark sein, sie hatte es Danny versprochen.
Adrian schwieg für einen Moment. Es schien, als würde er nach den richtigen Worten suchen. Schließlich begann er, zu sprechen.
"Das ist verständlich. Sie haben schließlich einen geliebten Menschen verloren, das übersteht niemand so einfach! Mr Pink war ein guter Mann- ein hervorragender Lehrer sowie Arbeitskollege, und wir alle betrauern seinen Verlust zutiefst. Aber ich glaube fest daran, dass Sie es schaffen werden, diese harte Zeit zu überstehen. Sie sind eine starke Frau, Miss Clara."
Er legte sachte eine Hand auf ihre Schulter und schaute sie mit leuchtenden Augen an. "Gehen Sie in sich, suchen Sie eine neue Herausforderung, tun Sie etwas, dass Sie wieder glücklich macht!"
Der letzte Satz ließ Clara aufblicken. Adrian hatte vollkommen recht- es half nichts, auf irgendjemanden zu warten, der alle Lücken im Leben ausfüllte, man musste die Zügel selbst in die Hand nehmen!
Sie lächelte euphorisch- diesmal war es ein echtes Lächeln. "Vielen Dank, Adrian."
Bescheiden zog er am Riemen seiner braunen Umhängetasche.
"Gern gescheh- Oh!"
Weiter kam Adrian nicht, denn Clara hatte ihre Arme um ihn gelegt und drückte ihn fest. Sein Pullunder roch ein wenig nach frischem, duftenden Lavendel.
Sie mochte ihn wirklich sehr. Er war ein toller, freundlicher Kollege, und irgendwie genoss Clara seine Nähe.
Nachdem sie sich wieder von ihm löste, musste die Lehrerin noch etwas loswerden. "Und bitte, nenn' mich einfach Clara, ja?"
"Einverstanden."
Adrian lächelte charmant.
So sah er dem Doctor noch ähnlicher...
"Weißt du, du erinnerst mich an jemanden, den ich einmal wirklich sehr gern gemocht habe", erzählte Clara ihm mit einem Schmunzeln.
Interessiert hob Adrian die Augenbrauen. "Tatsächlich?"
Sie nickte, steckte ihr Portmonee wieder in ihre Clutch, legte diese um und schlenderte neben Adrian aus dem menschenleeren Konferenzzimmer. "Wie wäre es mit einem Kaffee? Dann können wir uns ein bisschen vom Alltagsstress erholen."
Adrian schloss die Tür hinter sich und sperrte sie mit seinem eigenen Schlüsselbund zu. "Das klingt verlockend, dennoch muss ich leider ablehnen- Mr Clayton hat mich darum gebeten, die neue Lehrkraft willkommen zu heißen."
Überrascht weitete Clara ihre Augen. Richtig! Fast hätte sie vergessen, dass Mr Clayton, der neue Direktor der Coal Hill School, für die ersten Wochen in seinem Amt eine Projektwoche geplant hatte: Es werden verschiedene Arten von Wissenschaften vorgestellt, mit denen auch vorzeitig neue Lehrer befördert werden. Je besser das Projekt bei den Schülern und ihren Eltern ankam, desto mehr würde Mr Claytons Plan aufgehen, die Wissenschaften als Schulfächer einzustufen.
Der Direktor hatte seine Idee bei der letzten Lehrerkonferenz vorgeschlagen, und ein Großteil der Lehrer hatte zugestimmt- so auch Clara und Adrian.
"Ach ja, richtig! Wir bekommen heute einen neuen Kollegen! Weißt du schon, wer es ist?"
Neugierig schaute Clara Adrian an. Dieser nickte leicht. "Ich weiß nur, dass sie eine Frau ist, und in ihrem Fachgebiet eine wahre Expertin sein soll."
Clara malte sich in Gedanken aus, wie alt ihre neue Kollegin wohl sein würde, wie sie aussah und ob sie auch kooperativ mit den anderen Lehrern zusammenarbeiten konnte.
Das weckte ihre Neugierde.
"Klingt vielversprechend- ich denke, ich bleibe noch ein wenig, um sie mal zu begutachten."
An der Kreuzung des Flurs biegte Clara links ab.
"Falls du mich suchst, ich bin am Snack-Automaten", rief sie Adrian nach, "Mein Blutzucker ist schon im Keller."
Adrian lächelte. "Fein, dann bis gleich, vielleicht."
"Bis dann!"
Gut gelaunt wanderte Clara Richtung Kantine. Dank Adrian fühlte sie sich nicht mehr so ausgelaugt. Die Lehrerin spielte mit dem Gedanken, ihren Kollegen zu fragen, ob er am Wochenende frei hatte...
Oder war es noch zu früh, um sich mit anderen Männern zu treffen? Nachdenklich biss sie sich auf die Lippen. Dannys Tod lag schon einige Monate zurück, und Clara hatte genügend Zeit gehabt, um sich zu erholen. Vielleicht sollte sie sich jetzt einmal auf sich selbst konzentrieren. Wenn Danny die Lehrerin jetzt sehen könnte, würde er auch nur das Beste für sie wollen...
Lächelnd betrat Clara die Kantine. Zuhause würde sie noch vier Minuten an ihren verstorbenen Freund denken.
Nun stand sie direkt vor dem bunten Snack-Automaten, in dem es verschiedene Sorten von Schokoriegeln, Jelly Beans, Chips und weiteren Süßigkeiten zur Auswahl gab.
Beim Anblick einer Packung von Joguhrt-Gummibärchen lief Clara das Wasser im Mund zusammen. Sie holte ihr Portmonee hervor und warf eine Zwei-Pfund-Münze in die Öffnung des Automaten. Die Lehrerin drückte den Knopf für die Gummibärchen, und beobachtete erwartungsvoll das Gerät, doch es passierte nichts. Mit etwas mehr Kraft drückte sie den Knopf erneut, doch die Tüte mit den Gummibärchen rührte sich nicht vom Fleck.
Leicht verärgert stöhnte Clara auf. Es war nicht das erste Mal, dass der Automat nicht funktionierte.
Och mann, nicht jetzt, ich brauche meine Gummibärchen!, dachte sie und versetzte dem Automaten einen leichten Schlag mit der Hand.
"Komm schon, bitte lass mich nicht hängen!", bat sie das Gerät und hoffte, dass es ihr wenigstens die zwei Pfund zurückgab.
Clara wollte nicht aufgeben und drückte sämtliche Schalter und Knöpfe des Automaten.
Im Moment würde sie ihr letztes Hemd für eine Packung Süßigkeiten hergeben.
Sie hörte Schritte hinter sich. "Steckt das Teil etwa schon wieder?", erkundigte sich eine Frauenstimme, die der Lehrerin zwar ein wenig bekannt vorkam, aber jetzt war sie viel zu konzentriert darauf, die Gummibärchen-Tüte aus dem Automaten zu befreien.
"Ja, leider", antwortete Clara auf die Frage der Frau und seufzte, "Das passiert schon seit letzter Woche! Der Hausmeister hatte versprochen, sich darum zu kümmern, aber offenbar lässt er sich viel Zeit damit."
Wenn sie jetzt doch nur den Schallschraubenzieher des Doctors besäße, dann könnte sie das Ding ganz einfach reparieren!
"Hm", machte die Frau nachdenklich, dann hörte Clara, dass sie sich neben den Automaten stellte, "Probieren Sie es mal damit."
Sie drückte mit beiden Händen auf den Automaten. Es dauerte einen Moment, und Clara wartete gespannt darauf, was jetzt passierte.
Plötzlich sprang das Gerät an, die Tüte mit den Johgurt-Gummibärchen löste sich und purzelte mit einem Satz hinunter.
Clara entfuhr ein erfreutes Quietschen. "Wow, das klappt! Danke!"
"Kein Problem", erwiderte die Frau bescheiden.
Die Lehrerin wollte sich irgendwie bei ihr revenchieren- ohne diese Frau wäre sie vermutlich noch länger am verhungern.
"Wissen Sie was?", meinte Clara und warf noch eine Zwei-Pfund-Münze in den Automaten, "Ich spendiere Ihnen etwas- Was möchten Sie?"
"Irgendetwas, hauptsache, es enthält Schokolade", antwortete die Frau keck.
Clara entfuhr ein kleines, amüsiertes Lachen. "Okay."
Sie wählte einen extragroßen Schokoriegel mit Erdnüssen aus, steckte das restliche Wechselgeld ein, zog die Süßigkeiten aus der Ablage des Automaten heraus und richtete sich auf.
"Hier, bitte", sagte Clara, "Sie wissen garnicht, wie sehr Sie meinen Tag gere-"
Sie erstarrte aprupt und weitete ihre Augen, als sie in das Gesicht der Frau sah, die vor ihr stand: Es handelte sich um eine attraktive, schlanke Dame, die etwas größer als Clara war. Ihre wilde, goldblonde Lockenpracht umspielte ihr herzförmiges Gesicht. Die hellblauen, ausdrucksstarken Augen passten perfekt zum Rest ihrer Visage: Die Augenbrauen waren fein geformt, zwischen ihren rosigen Wangen befand sich eine Stupsnase. Das Lächeln der Frau war umwerfend- das lag nicht nur am hellroten Lippenstift, der ihren Mund betonte. Zudem trug sie ein einfaches Outfit, bestehend aus einer pflaumenvioletten Bluse, einer verwaschenen Röhrenjeans und schwarzen High Heels.
Vor lauter Entsetzen ließ Clara fast beide Süßigkeiten und ihr Portmonee fallen. Wenn sie nicht alles täuschte, war es Professor River Song- die Frau des Doctors.
Clara kannte sie seit dem Kampf gegen die Große Intelligenz und die Whispermen- damals war der Doctor noch die jünger aussehende Inkarnation von sich selbst gewesen. Sie hatte Rivers Geist sehen können, weil ihre Gedankenwelt auf seltsame Weise mit der Realität verknüpft war. Der Doctor hatte Clara erst beim Ereignis in der Grabstätte von Trenzalore erzählt, dass River seine Frau war.
Die beiden Frauen hatten sich nie im echten Leben getroffen. Vielleicht war Clara deshalb ein wenig überrumpelt- und auch wegen der Tatsache, dass sie in Trenzalore auch Rivers Grab gesehen hatte, und die Frau vor ihr so... lebendig aussah.
River nahm ihr lächelnd den Schokoriegel aus der Hand. "Danke, das ist sehr nett von Ihnen", meinte sie freundlich, "Ich habe tagelang nichts Süßes mehr geschmeckt!"
Clara brachte kein Wort heraus, sondern starrte River weiter mit offenem Mund an- sie musste die Situation erstmal im Kopf verarbeiten...
Die Frau des Doctors stand vor ihrer Nase. Und sie lebte.
Ein bisschen irritiert, aber immer noch mit einem Lächeln legte River den Kopf zur Seite. "Ist etwas? Oh, ich weiß- Es liegt an den Haaren, stimmt's?"
Verwirrt zog Clara die Augenbrauen zusammen. River fuhr sich mit einer Hand durch ihre Locken.
"Ja, ich stand heute ziemlich unter Zeitdruck, deshalb hatte ich keinen passenden Moment gefunden, mich zurecht zu machen. Diese Frisur ist auch wirklich sehr schwer zu bändigen, wissen Sie: Bei Regen oder morgens im Bett sieht sie richtig schlimm aus, glauben Sie mir. Ich könnte sogar nur in Unterwäsche durch die Straßen gehen, und alle Leute würden nur auf meine Haare starren!" Sie lachte kurz, und Clara hätte mitgelacht, wenn sie nicht so geschockt wäre.
"Aber trotzdem bin ich zufrieden mit diesen Locken. Entschuldigung, dass ich Sie so zurede- ich bin gerade erst hierher gekommen und kenne noch keinen so richtig."
Die Zahnräder im Gehirn der Lehrerin drehten sich wie ein wildes Kettenkarussell. Hatte der Doctor irgendetwas damit zu tun? Hatte er sie hierhergebracht?
"Aber... Wir... Ich... Sie... Er... Sie sind doch-", stotterte Clara, die nicht in der Lage war, einen richtigen Satz herauszubringen. Sie wusste einfach nicht, wie sie reagieren sollte.
"Alles in Ordnung?", fragte River leicht besorgt, "Sie sehen aus, als hätten sie einen Geist gesehen!"
Ins Schwarze getroffen, dachte Clara und hätte diesen Satz fast laut ausgesprochen.
Plötzlich erklang Adrians Stimme am anderen Ende der Kantine. "Ah, hier sind Sie! Sie müssen die neue Lehrkraft sein." Er eilte mit schnellen Schritten zu den beiden Frauen und streckte höflich die Hand aus. "Darf ich mich vorstellen- Adrian Davies, ich bin der Geschichts- und Literaturlehrer der Oberstufen."
River lächelte herzlich und erwiderte seinen Händedruck. "Sehr erfreut. Mein Name ist Jessica Williams, aber nennen Sie mich Jess. Professorin und Archäologin."
Jessica Williams?, dachte Clara sich verwirrt, und betrachtete River immer noch, ohne sich zu rühren.
"Ah, Archäologie, ein höchst interessantes Fachgebiet", meinte Adrian bewundernd.
River nickte mit einem Grinsen. "Das finde ich auch."
Adrians Blick fiel auf Clara. "Oh, Sie beide haben sich bereits kennengelernt?", fragte er interessiert und deutete mit einer galanten Handbewegung auf die Lehrerin. "Das hier ist Clara Oswald, Englischlehrerin. Sie werden sich wunderbar verstehen, Clara ist eine außerordentlich freundliche Frau."
Clara murmelte Dank für sein Kompliment, doch sie konnte ihre Augen nicht von River abwenden.
Adrian drehte sich wieder zur Archäologin. "Bitte, folgen Sie mir, ich begleite Sie zur Direktion."
"Das ist sehr zuvorkommend, vielen Dank", meinte sie und folgte Adrian- vorher drehte sie sich nochmal zu Clara um und zwinkerte ihr zu. "Wir sehen uns vielleicht später, Kollegin."
Wie vom Blitz getroffen blieb die Lehrerin allein in der Kantine zurück.
Sie verstand garnichts mehr an dieser Situation. Warum war River hier? Und wieso benutzte sie einen falschen Namen? Wer, um Himmels Willen, war diese Frau und was hatte sie vor?
Um dieser Sache auf dem Grund zu gehen, blieb Clara nur eines übrig:
Sie musste River hinterher.
So unauffällig wie möglich schlich Clara Adrian und der Archäologin hinterher- das war nicht so einfach, besonders mit ihren Zehn-Zentimeter-Keilabsatz-Stiefeletten. Bei der Direktion blieben die beiden dann stehen, River bedankte sich bei Adrian, dass er ihr die Tür aufhielt und betrat den Raum, während der Geschichtslehrer zur Toilette ging.
Clara nutzte die Chance und hastete zur Direktion. Sie lehnte sich mit einem Ohr an die Tür, nachdem sie sichergegangen war, dass keiner sie beobachtete.
Die Englischlehrerin vernahm die gedämpfte Stimme eines älteren Herren- das war Richard Clayton, der Direktor der Schule.
"Bitte setzten Sie sich doch, Dr. Williams."
"Danke", hörte Clara River sagen.
Nach einem Moment der Stille fing Mr Clayton wieder an, zu sprechen.
"Nun, um es auf den Punkt zu bringen: Ich habe mir Ihren Lebenslauf genauestens durchgelesen, und ich muss sagen, ich bin beeindruckt- sie haben mehrere Auszeichnungen durch ihre Arbeit als Archäologin erhalten und scheinen sich bestens für die Stelle als Lehrerin des Archäologie-Kurses qualifizieren."
"Vielen Dank für Ihr Lob", entgegnete River besonnen, "Ich schätze das wirklich sehr, vor allem aus ihrem Mund. Ich bin froh, dass ich die Stelle erhalten habe, vor allem an einer so renommierten Schule wie dieser."
"Gut, dann lassen wir uns nochmal die wichtigsten Grunddaten durchgehen", meinte Mr Clayton. Clara konnte das dumpfe Klicken eines Kugelschreibers hören.
Jetzt kommt bestimmt die berühmte Clayton-Frage-Runde, dachte Clara schmunzelnd. Das hatte er am Beginn seines Direktorats mit jedem Lehrer durchgemacht.
"Ihr voller Name?"
"Jessica Amanda Williams."
Oder River Song, murmelte Clara in Gedanken und lauschte weiter.
"Ihr Geburtstag?"
"11. März, ich bin Fische."
Das passt irgendwie, dachte Clara.
"Blutgruppe?"
"B."
"Sind Sie verheiratet oder haben Sie Kinder?"
"Ich bin verheiratet, habe aber keine Kinder. Jedenfalls noch nicht."
Mit dem Doctor, dachte Clara.
"Irgendwelche ernsthaften, genetischen oder vererbten Krankheiten?"
"Nein."
Nur vorübergehender Tod, kommentierte Clara gedanklich.
"Staatsbürgerschaft?"
"England."
"Was ist Ihr Lieblingsgetränk?"
"Ich denke, Kräutertee."
"Sind Sie organisiert?"
"Auf jeden Fall."
"Clara?"
Adrians verwunderte Stimme ließ die Lehrerin erschreckt umwirbeln, dabei stolperte sie fast über ihre eigenen Füße. Vor ihr stand Adrian, der sie mit entsetztem Blick musterte. Claras Herz pochte vor Aufregung. Er hatte sie ertappt!
"Adrian! W-Was machst du denn noch hier?"
Ihr Kollege verschränkte misstrauisch die Arme vor der Brust.
"Zufälligerweise wollte ich dich genau dasselbe fragen."
"Ähm, ich..." Eilig versuchte Clara, sich eine Ausrede aus dem Ärmel zu schütteln. "Ich wollte Mr Clayton fragen, ob ich das Datum für die Englisch-Schularbeit der 2C auf nächsten Dienstag verschieben sollte, aber da habe ich gesehen, dass er sich noch mit Dr. Williams unterhaltet, und da dachte ich, ich warte solange hier."
Adrian blinzelte, und Clara betete, dass er ihre Erklärung abkaufte, dann nickte er vorsichtig.
"Oh, gut. Um deine Frage zu beantworten, ich wollte gerade nach Hause gehen. Bis morgen, dann."
"Bis morgen", rief die Lehrerin und winkte ihm nach, "Und schönen Abend noch!"
Als Adrian den Flur hinunter spazierte, seufzte Clara erleichtert auf. Das war knapp.
Insgeheim bereute sie es, ihren Kollegen so schamlos anzulügen, obwohl er immer freundlich und ehrlich zu ihr war. Aber sie musste wissen, was es mit 'Dr. Williams' auf sich hatte.
Clara lehnte sich wieder gegen die Tür, und hörte Mr Clayton sagen: "Vielen Dank für das Gespräch, Dr. Williams."
"Ich danke Ihnen", gab die Archäologin zurück, "Für diese Arbeitsstelle."
Der Direktor lachte fromm. "Haha, gern geschehen."
Als Clara die Schritte von Rivers High Heels hörte, wich sie mit einer schnellen Bewegung zurück und tat so, als würde sie die Stundenpläne auf der Info-Wand durchlesen.
Die Lehrerin drehte sich halb um: River trat aus dem Direktorium mit einem zufriedenem Lächeln.
"River!", rief Clara ihr zu, doch sie reagierte nicht. Erst, als sie sich wiederholte, wandte sich die Archäologin ihr zu.
"Verzeihung, reden Sie mit mir?", fragte sie leicht irritiert.
"Ja! River!", antwortete Clara laut und ging auf sie zu, "Sie kennen mich doch- ich bin es, Clara Oswald, das unmögliche Mädchen, ich begleite den Doctor!"
Verwirrt musterte River die Lehrerin, dann erwiderte sie bedauernd: "Tut mir leid, aber ich weiß nicht, wovon Sie sprechen." Sie wandte sich zum Gehen um. "Ich kenne Sie erst seit einer halben Stunde, aber ich finde Sie jetzt schon sehr sympatisch."
"Sie sind die Frau des Doctors!", protestierte Clara weiter, und folgte der Frau beharrlich, denn sie musste einfach wissen, was sie vorhatte, "Sie sind mir in meiner Gedankenwelt erschienen, die mit der Realität verknüpft war! Damals in Trenzalore, wir hatten den Doctor vor der Großen Intelligenz und den Whispermen gerettet! Aber wieso sind Sie noch hier? Warum haben ich und der Doctor Ihr Grab in Trenzalore gesehen? Wieso tun Sie so, als würden Sie mich nicht kennen? Weshalb wollen Sie hier arbei-"
Bevor Clara ihre letzte Frage vollenden konnte, packte River sie bei den Schultern und zerrte sie mit sich ins Hausmeisterkabinett hinein. Schockiert stützte die Lehrerin sich an der rauen Wand ab. Diese Frau hatte ganz schön viel Kraft...
Sie drehte sich zu River um, die die Tür hinter sich schloss, das Licht in der dunklen Kammer einschaltete und Clara ernst in die Augen schaute.
"Wissen Sie eigentlich, wie lange es gedauert hat, um diese Tarnung aufzubauen?", fragte sie zischend und im Flüsterton.
Verwirrt starrte Clara sie zurück an. Ihr dominanter Blick brachte es fertig, dass sie sich zehn Zentimeter kleiner fühlte. "Ähm...", machte sie und suchte nach den richtigen Worten.
Ein wenig angespannt warf River den Kopf um, ihre Locken flogen bei der Bewegung mit.
"Hoffentlich hat das jetzt keiner bemerkt..."
"Was geht hier eigentlich vor sich-", wollte Clara sich Klarheit verschaffen, doch dann wandte sich River wieder zu ihr um und hielt der Lehrerin mit einer Hand den Mund zu. Überrascht blickte sie die Archäologin an, deren blaue Augen pure Ernsthaftigkeit ausstrahlten.
"Hören Sie zu", begann River ruhig, "Es gibt einige Dinge, die Sie nicht verstehen, und das verstehe ich gut, denn ich verstehe sie auch nicht! Nicht alle, zumindest. Aber der Doctor darf nicht wissen, wo ich bin! Niemand, der mich kennt, darf das. Deshalb habe ich einen anderen Namen angenommen, um mich zu verstecken!"
Clara wollte etwas erwidern und tippte ihr auf den Arm. Langsam nahm River ihre Hand von ihrem Mund.
"Gut... Aber vor wem verstecken Sie sich?", fragte Clara verwirrt.
River ging von der Tür weg und schritt in den Raum. "Einige der mächtigsten Orden im Universum haben ein enorm hohes Kopfgeld auf mich ausgesetzt", erklärte sie bedenklich und schaute sich im Kabinett um, "Ich bin vor ihnen geflohen und habe mir hier undercover als Lehrerin beworben, um mir Zeit zu verschaffen. Ich muss nämlich die Person finden, die dafür verantwortlich ist."
Clara folgte ihr ins Kabinett und versuchte, sich ein Bild von ihrer Situation zu machen. "Und wer, denken Sie, könnte diese Person sein?"
"Ich bin mir nicht sicher", gab River zurück und nahm die Gegenstände und Gerätschaften des Kabinetts unter die Lupe, "Aber es muss jemand sein, der mich abgrundtief hasst." Sie drehte sich zu Clara, ihre Augen flimmerten im kaputten Licht des Raumes. "Und der einen guten Grund dazu haben muss."
Clara war überrascht, aber zugleich etwas irritiert. Wenn der Doctor über ihre Lage Bescheid wüsste, würde er ihr doch sofort helfen- sie war doch immerhin seine Ehefrau!
Ein plötzliches Krachen ließ Clara und River entsetzt zusammenzucken.
"Verstecken Sie sich!", rief River und zog sie am Arm hinter ein Metallgestell. Clara kniete sich, zusammen mit River, auf den Boden und spähte durch die Lücken des Gestells, um zu erkennen, wer oder was diesen Lärm fabriziert hatte.
Claras Kinnlade fiel runter, und Angst durchfuhr blitzartig ihre Knochen.
Drei Daleks hatten ein Loch in die Wand des Kabinetts geschossen und kamen nun in ihren Panzern in den Raum gefahren- einer war golden, einer blau und der letzte rot- und durchsuchten wild die Umgebung.
"Ausfindung! Ausfindung!", schrien die Daleks mit ihren unangenehm verzerrten Roboterstimmen durcheinander, "River Song muss ausfindig gemacht werden!"
"Wie kommen die denn hierher?", flüsterte Clara der Archäologin zu, die Daleks im Auge behaltend.
"Offenbar sind diese Salzstreuer auch am Kopfgeld für mich interessiert", murmelte River leise und spielte beunruhigt mit ihren Händen an ihrem Gürtel herum.
"Wozu brauchen Daleks denn Geld?", fragte Clara, die nicht erkennen konnte, was die Frau des Doctors gerade tat, weil sie sich darauf konzentrierte, nicht von den militärischen Roboterwesen entdeckt zu werden.
"Mit viel Geld kann man sich viele neue, modernisierte Raumschiffe und Waffen für Kriege oder Eroberungen kaufen", gab River simpel erklärt zurück, "Wir haben alle etwas, wofür wir Geld ausgeben wollen."
Clara nickte bedächtigt. "Und was machen wir nun?", erkundigte die Englischlehrerin sich, "Sie werden uns schnappen, wenn wir nicht sofort etwas unternehmen!"
Die Daleks verteilten sich im gesamten Kabinett und wiederholten durchgehend die Sätze "Ausfindung!" und "River Song muss ausfindig gemacht werden!" Der rote Dalek kam dem Versteck der beiden Frauen schon bedrohlich nah.
Claras Magen zog sich zusammen beim Anblick des sich näherndem Daleks. Hilfe suchend sah sie zu River, die gerade aus ihren Hosentaschen die Einzelteile einer silbernen Pistole zog und diese mit geschickten Griffen zu einer ganzen Waffe zusammensetzte. Verschwörerisch lächelnd blickte die lockenköpfige Archäologin zu Clara.
"Nicht, wenn ich im Raum bin, Süße", entgegnete sie und zwinkerte. Dann sprang River auf und zielte auf den Dalek, der sich gerade zu ihnen drehte. "Subjekt ausfindig gemacht!", schrie der Roboter schrill, doch bevor er seinen Satz beendete, drückte River auf den Abzug der Pistole. Eine leuchtende Kugel schoss blitzschnell heraus, traf auf den Dalek und sprengte diesen mit einem deftigen Kawumm! in die Luft. Nun lag nur noch ein einziger Haufen aus Blech und Metall auf den Boden.
Beeindruckt schaute Clara River an, die in aller Bescheidenheit lächelte. "Ist nicht das erste Mal, dass ich so etwas mache", erklärte sie, nahm Claras Arm und zog sie wieder hinter sich her. Mit großem Unbehagen ließ sich Clara von ihr leiten.
Die beiden anderen Daleks fuhren immer noch wie verrückt im Raum herum. Die Lehrerin bekam Panik, als der Goldene sich umdrehte und mit seiner Kanone auf sie zielte. Doch River war schneller und schoss auf den Dalek, der mit einem schallendem Knall in Stücke gesprengt wurde.
"Subjekt ausfindig gema-", schrillte der blaue Dalek, bevor die Archäologin letzlich auch diesen mit einem Schuss zerstörte.
Erleichtert atmete Clara aus. Sie wusste nicht warum, aber die Anwesenheit von Daleks jagte ihr immer einen gewaltigen Schrecken ein, als würden tausend Volt durch ihren gesamten Körper fließen.
River hob eine Augenbraue. "Das war einfacher als sonst", stellte sie zufrieden fest, bließ lässig auf das Schussloch ihrer Waffe und warf einen Blick auf Clara. "Alles okay?"
Langsam nickte sie. "Ja", meinte die Lehrerin und musste sich eingestehen, dass sie so etwas nicht von einer Archäologin erwartet hätte.
"Ich denke, wir sollten schnellstens von hier verschwinden", entschied River und drehte sich um, um das Kabinett des Hausmeisters zu verlassen.
Doch Clara war da anderer Meinung.
"Aber in diesem Gebäude sind noch Leute! Was ist, wenn noch mehr Daleks auftauchen und die Menschen verletzen?"
River bewegte den Kopf zu ihr. "Die werden nicht kommen, wenn sie wissen, dass ich mich nicht mehr in diesem Zeitraum befinde", erklärte sie und lächelte verwegen, "Oder wenn sie das glauben..."
"Ganz die Frau des Doctors", murmelte Clara für sich. Sie warf noch einen letzten Blick auf die Blechhaufen, die vorher drei zerstörerische Daleks gewesen waren, dann lief sie River hinterher.
"Folgen Sie mir, Clara", befahl die Archäologin knapp und rannte den Korridor hinab, ihr lockiges Haar wippte dabei wild von einer Seite zur anderen.
Clara hetzte ihr mühevoll nach, als sie plötzlich einen Lärm von eisernen Schritten links und rechts von sich vernahm. Es erinnerte die Lehrerin an etwas Unheilvolles, und ehe sie es sich versah, befand Clara sich im Fadenkreuz von zwei Truppen, die aus je fünf Cybermen bestanden.
Dieser Anblick raubte ihr den Atem. Das Einzige, woran sie nun denken konnte, war Danny, der zum Cyberman umprogrammiert und von ihr gegangen war.
"River Song wurde lokalisiert", riefen die Metallmänner im Einklang, "River Song muss in Gewahrsam genommen werden."
Die zwei Truppen kamen im Gleichschritt auf sie zu, die Waffen direkt auf sie gerichtet.
Clara war unfähig, zu handeln, denn die Vorstellung, dass einer von diesen Cybermen ein unschuldiger Verstorbener oder sogar Danny sein könnte, bereitete ihr Gänsehaut.
"Clara!", rief River, die zu ihr gerannt kam und schon ihre Pistole zücken wollte.
"Nein!", schrie Clara und griff instinktiv nach ihrer Waffe, "Nicht schießen! Wir müssen weg von hier!"
Ohne weiter nachzudenken, packte sie die Archäologin beim Arm und nun rannten sie Seite an Seite zum Ausgang, hinter sich hörte Clara noch die lauten Schritte der Cybermen.
Die Lehrerin blickte zu River, die gerade mit konzentriertem Gesichtsausdruck auf ihr linkes Handgelenk schaute, auf dem eine Art Gerät umgebunden war, das etwas größer aussah als eine Armbanduhr. Es war allerdings schwarz und in der Mitte befand sich eine Art Metallobjekt.
"Was ist das?", fragte Clara schnaufend und hielt sich den Bauch fest, denn sie spürte schon ein unangenehm stechendes Gefühl, so schnell rannten sie.
"Mein Zeit-Vortex-Manipulator", antwortete River keuchend und tippte auf dem Metallobjekt herum, "Ein Gerät, mit dem ich durch die Zeit reisen kann. Ist aber viel unangenehmer als mit einer TARDIS, vor allem, wenn man es zum allerersten Mal macht. Halten Sie sich also bereit."
Clara hätte in jedem anderen Moment gefragt, wo sie selbst so ein Zeit-Vortex-Ding herbekommen würde, aber da ihr die Luft zum Sprechen fehlte, nickte sie einfach nur.
Moment- Hatte River gerade gesagt, dass sie sich selbst auf Etwas bereit halten sollte?
Der Schuss von der Waffe eines Cybermen ließ Clara erschreckt zusammenzucken. Sie wagte einen Blick nach hinten: Die Cybermen waren ihnen immer noch mit erhobenen Waffen dicht auf den Fersen, und sie kamen immer näher!
"Da 'rüber!", rief River und rannte um die Ecke zu einer Schülertoilette. Clara lief ihr nach, und als sie eintrat, warf die Archäologin die Tür mit einem schwungvollem Knall zu.
"Es tut mir leid, dass ich Sie hier mitreinziehen muss", entschuldigte sich River und kontrollierte abermals ihren Vortex-Manipulator, "Aber Sie haben gewusst, wer ich wirklich bin, deshalb müssen wir vorübergehend flüchten. Wenn die Daleks und Cybermen sich zurückziehen, werden wir wieder zurück kommen."
Clara holte tief Luft. Dieser Sprint hatte ihr so Einiges an Energie gekostet- vor allem, weil es eine Herausforderung war, auf Stiefeletten mit hohen Absätzen vor einer Roboterarmee wegzurennen.
Ernst schaute River Clara in die Augen. "Ich muss nur eines von Ihnen wissen, Clara Oswald", sprach sie, "Sind Sie bereit?"
Die Lehrerin stutzte. Dieses Funkeln in ihren Augen erinnerte sie an jemanden, der in solch einer Lage genau denselben Satz sagen würde.
Sie nickte entschlossen.
"Ich bin bereit."
"Gut", meinte River zufrieden und streckte ihre Hand nach ihr aus. Nun konnte Clara den Vortex-Manipulator zum ersten Mal aus der Nähe betrachten: Sie versuchte es sich vorzustellen, wie ein kleines Ding wie dieses zwei Frauen in eine andere Zeit reisen lassen konnte.
Clara war beeindruckt und beunruhigt zugleich.
"Halten Sie sich an meiner Hand fest und lassen Sie nicht los", ordnete River an.
Clara tat wie ihr gehießen und nahm ihre Hand, die sich sowohl stark als auch warm anfühlte.
"Es geht los!", rief River, als das Gerät ein kleines Geräusch von sich gab.
Clara atmete erschreckt ein, als der Vortex-Manipulator plötzlich blitzte. Sie spürte, wie sämtliche Zellen ihres Körpers elektrisiert wurden, und obwohl alles um sie herum verschwamm, hielt sie Rivers Hand so fest sie konnte. Ihr Kopf schwindelte, es war, als würde sie durch einen schwarzen Strudel aus Lichtern und Blitzen aufgesaugt werden, und ihr Herz hämmerte in einem so rasenden Rhytmus wie der hastende Schlag einer Taschenuhr...
Auf einmal verschwand dieses immense, kitzelnde Gefühl von einer Sekunde auf die andere und Clara spürte stattdessen eine sengende Hitze, die sie sofort zum Schwitzen brachte. Benommen warf sie einen Blick auf ihr Umfeld: Statt auf der streng riechenden Schülertoilette befand sie sich mitten in der Wüste, die Mittagssonne strahlte vom wolkenlosen Himmel. Unter ihren Füßen war warmer Sand, der sie zum Stolpern brachte.
"WHOA!", machte Clara entsetzt und wankte, "W-Wo sind wir??"
"An einem meiner Lieblingsorte", erklärte River, die vollkommen nüchtern und lächelnd neben ihr stand, "West-Theben, Ägypten in den Zwanzigern- Die Ausgrabungsstätte von Tutanchamun. Eine wahre Goldgrube für alle zeitreisenden Archäologen!"
Clara hielt sich schmerzend den Bauch. Sie fühlte sich plötzlich viel schlechter als vorher, ihr Magen schien regelrecht zu rebellieren und sie hatte plötzlich absolut keinen Appetit mehr auf ihre Gummibärchen. Zeitreisen mit dem Doctor war komplett anders...
Jetzt weiß ich wenigstens, wie sich die TARDIS fühlen muss, dachte Clara und spürte, wie ihr schwindelig wurde.
Sie spürte Rivers Hände auf ihren Schultern, die sie davon abhielten, umzufallen.
"Diese Übelkeit ist eine normale Reaktion beim ersten Mal", erläuterte sie und setzte danach mit sanfterem Tonfall nach: "Möchten Sie sich ausruhen?"
"Uff", brachte Clara nur hervor und stützte sich mit der Hand an Rivers Schulter ab. Ihre Absätze drohten, unter dem Sand nachzugeben. Doch bevor die Lehrerin ausrutschte, schlangen sich die Arme der Archäologin reflexartig um ihren Rumpf. Beeindruckt von Rivers Stärke, ließ sich Clara vollkommen fallen, denn das Gefühl der Benommenheit verstärkte sich durch die unterträgliche, sengende Hitze.
Das Letzte, was sie vernahm, bevor ihr Kreislauf endgültig versagte und eine leichte Ohnmacht sie überkam, war River, die ihr behutsam ins Ohr flüsterte: "Keine Sorge, Clara. Es wird Ihnen bald wieder besser gehen."📔
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⏳} TIMELESS ADVENTURES - The Chronicles Of The 11th Doctor {⌛
Fanfiction》Geronimo.《 Der Elfte Doctor wacht auf: In seiner TARDIS, die irgendwo im Zeit-Vortex feststeckt. Doch wie kann es sein, dass er, trotz seiner Regeneration in Trenzalore, wieder der Fliegen tragende, zerlumpte Mann ist? Um diese Frage zu beantworten...