KAPITEL 11 - Unter dem Boden [Teil 2]

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Es gab mal vor langer Zeit- vor einer gefühlten Ewigkeit, sodass selbst die ältesten Lebewesen dieses Universums sich nur splitterhaft daran erinnern könnten- einen Planeten, irgendwo am Rande des Galaxis, der keiner Konstellation und keinem Sternenbild angehörte. Liyuba- ein Monument der Natürlichkeit. Von vielen, die ihn kannten, auch als "Der Sumpfplanet" bezeichnet. Seine Oberfläche sowie seine Untergründe wurden von ungezähmten, sprießenden Urpflanzen überwuchert und der Dauerregen bewässerte täglich jeden noch so langen Strom, und jeden noch so winzigen Teich. Die Natur erschuf uns Saldos, um auf sie Acht zu geben, ihre Reinheit zu schützen und ihre Schätze zu bewahren. Wir schützten Liyuba vor Außenstehenden, die der Flora und Fauna schaden wollten, indem wir sie tarnten. Gäste, welche nur hierherkamen, um unsere Moore zu bewundern, empfingen Saldos allerdings stets mit Freundlichkeit und Respekt. Licht oder Technik gibt es hier nicht- nur die Lamakas dienen uns als Erhellung. Und obwohl wir sehr genau wissen, was ein Transmitter oder eine Mikrowelle sind, benötigen Saldos solche Dinge nicht, um glücklich zu sein: Unsere Aufgabe als Hüter war unser Sinn des Lebens.
Mein Volk baute sich eine riesige Zivilisation auf, die stolz von unserem Regenten- König Lombrus- angeführt wurde. Seine Freudlichkeit war grenzenlos und seine Weisheit reichte bis in die Sterne. Tagsüber züchteten wir neue Pflanzen, bei Nacht zogen wir uns nach Triskana (diese Stadt dient als Dreh-, Angel- und Mittelpunkt unserer Welt) züruck, wo König Lombrus uns Geschichten erzählte: Legenden aus anderen Welten und Dimensionen, von Kriegern, Rettern, Liedern und vom ewig währenden Fluss der Zeit.
Die Saldos lebten in Frieden und Zusammenhalt- bis der Tag kam, an dem sich das Blatt unseres Schicksals zu Wenden begann.
Der Tag, an dem unser über alles geliebter König Lombrus starb.
Niemand wusste, wie es geschah, doch einige der Wachen behaupteten, dass es sich an den Ubawe-Wasserfällen ereignet haben sollte. Jedenfalls fand eine Patroullie an jenem Tag seinen Leichnam am Fuße der Fälle, wie er leblos auf dem Wasser trieb. Ich selbst war zu dieser Zeit noch eine sehr kleine Saldonerin (gerade mal 107 Jahre alt), und musste noch auf meinen jüngeren Bruder aufpassen. Mein Vater zog Lombrus eigenhändig aus dem Gewässer. Als sein Körper vor unseren Gesichtern im feuchten Gras des Morgens lag, konnten wir es alle kaum fassen. Meine Mutter hatte einen derart lauten Schrei losgelassen, dass er dem einer Hyäne glich. Manche brachen jaulend zusammen, manche reagierten garnicht und starrten einfach paralysiert in die Leere. Ich konnte nur meinen Bruder fest in den Arm nehmen, sodass er nichts davon mitbekam. Schließlich war er noch ein halber Säugling...
Nachdem wir unserem einstigen König in den Gujïte-Höhlen begraben haben, wussten wir nicht, was wir tun sollten- Saldos brauchen jemanden, der sie anführt und leitet, sonst kann es schnell passieren, dass wir vergessen, wer wir sind und was unsere Bestimmung ist. Daher verloren viele den Glauben an den Zweck ihrer Existenz, und verfielen in eine tiefe Lustlosigkeit. Weil wir trotz allem immer noch Lombrus Gesetze achteten, galt es als verboten, sich das Leben zu nehmen, weshalb ein Großteil der Saldos einfach ziellos umherstreifte.
Die Zeit der Trauer und des Verweilens dauerte Jahrhunderte- nachdem meine Eltern ebenfalls gestorben waren, kümmerte ich mich solange um meinen Bruder. Zusammen gründeten wir eine kleine Gruppe von Saldos, die ihre Hoffnung noch nicht aufgegeben hatten, um uns gemeinsam eine neue Zukunft aufzubauen. Zu diesem Bund gehörten auch Tork und Slim, welche du vorher kennengelernt hast- wenn auch auf die unsanftere Weise...
Wir versuchten zwar, unsere Artgenossen dazu umzustimmen, uns zu helfen, doch die meisten unserer Reden scheiterten kläglich. Wie Lombrus einst sagte: "Das Herz eines Lebewesens lässt sich nicht so leicht ändern. Nur sein Träger selbst bestimmt, an was es glauben soll."
Am Häufigsten trieb sich unsere Gruppe in den Fuharê-Wäldern herum- das ist das flächenmäßig größte Gebiet unseres Planeten-, da in einigen Gegenden mehr und mehr Bäume abstarben. Die Ursache konnten wir bis heute nicht herausfinden- es war, als würde der Wald seine ureigene Lebenskraft aushauchen...
Zur gleichen Zeit erregte ein Ereignis in Triskana für Aufsehen: Eine junge, äußerlich ziemlich schöne Saldonerin setzte sich auf den Thron von Lombrus- welcher bis dahin ein Heiligtum für uns gewesen war. Mein Bruder wäre vor lauter Empörung fast auf sie losgestürmt, wenn ich ihn nicht züruckgehalten hätte.
Die Saldonerin mit der nahezu perfekten Fassade hieß Cýa- und ab da begann ein neues Zeitalter für uns Saldos.
Ein Zeitalter des Grauens.
Cýa versprach uns eine glorreiche, strahlende Zukunft ohne Leid und ohne Schmerzen. Ihre Worte schlugen in die Gemüter der Hoffnungslosen ein wie Platzregen- plötzlich gab es etwas Anderes, an das sie sich festhalten konnten. Doch Cýa stellte eine gewagte Bedingung: Sie würde das Volk der Saldos nur dann anführen, wenn wir ihr ohne Zweifel aufs Wort gehorchten.
Die Meisten stimmten ihr zu, doch ich und mein Bruder hielten uns im Hintergrund während der Geschehnisse.
So wurde Cýa zur Königin über Liyuba gekrönt, und für einige Zeit lief es eigentlich recht gut für uns: Es kamen ab und zu sogar wieder Gäste nach Triskana, um mit uns zu Feiern.
Doch so wie die Jahre verronnen, nahm auch das Unheil seinen Lauf.
Die Saldonerin, welche uns nun beherrschte, spielte ihre Macht immer öfter aus- der Größenwahn packte sie, und aus ihren Untertanen wurden Sklaven. Tork, Slim, Yawe, Liko... All diejenigen, die mir etwas bedeuteten, fielen Cýas Grausamkeit zum Opfer.
Die Regeln, die sie festgelegt hatte, waren hart: Niemand durfte Lombrus in ihrer Gegenwart erwähnen, der Kontakt zu Außerirdischen wurde endgültig eingestellt, unsere gesamte Welt wurde fatal aus ihren Fugen gerissen.
Doch es kam alles noch viel schlimmer als gedacht: Cýa ging sogar so weit, Saldos hinter Gitter zu bringen, die nicht strikt nach ihren Befehlen gingen. Es fing alles mit der Exekution eines Fischfängers an, bishin zu Massen-Abschlachtungen. Alle lebten in Angst und Furcht, jeglicher Glanz der Fuharê-Wälder verblasste, und auch die Lamakas führten ein immer zurückgezogeneres Dasein.
An einem besonders kalten Tag erlitt mein Bruder plötzlich einen Wutausbruch und ging auf einige Soldaten los- ich kam zu spät, um ihn davon abzuhalten. Cýa wollte ihn vor den Augen aller Saldos umbringen lassen. Mit Mühe konnte ich meinen Bruder aus dem Daquin-Loch ziehen, bevor es ihn verschlang, und ich sah mich gezwungen, wenigstens ihn in Sicherheit zu wissen.
Als das Volk der Ood in ferner Vergangenheit unseren Planeten besuchte, schenkte einer von ihnen meiner Mutter Illoris eine spezielle Kristallkugel als Präsent- ich hatte sie all die Jahre über für Notfälle aufbewahrt. Somit nutzte ich ihre Kraft, um meinen Bruder in die Fuharê-Wälder zu schicken- allerdings konnte ich ihm nicht folgen, da der Alpharythmus der Kugelenergie nur nach unten fließt. Es reichte bloß für ein Wesen, für einen Weg hinauf.
Seitdem kann ich meinen Bruder nur über die Kristallkugel betrachten, die auch als eine Art Bild-Übertragung fungiert- manchmal funktioniert es, manchmal empfange ich nichts. Allerdings musste ich ihm auch dabei zusehen, wie er seine Hoffnung Stück für Stück verlor, und es brach mein Herz fast entzwei.
Mein kleiner Takuro... Es tut mir so leid.
Da ich allein keine Chance hatte, etwas gegen Cýas Terror-Regime auszurichten, habe ich mich mit meinen Lamakas an diesen Ort versteckt. Ich habe miterlebt, wie mein geliebtes Volk zerfiel, und habe versucht, wenigstens ein paar von ihnen zu retten, was mir nicht immer gelang.
Mit der restlichen Energie der Kristallkugel konnte ich das Sturmloch aktiveren, das nun den Orbit Liyubas umfasst. Ich wartete auf ein Zeichen, einen Funken der Hoffnung, der zeigte, dass es nicht zu spät ist, an eine bessere Zukunft für mein Volk zu glauben.
Diesen Funken habe ich in deinen Augen gesehen, Amy.

⏳} TIMELESS ADVENTURES - The Chronicles Of The 11th Doctor {⌛Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt