48.

110 12 0
                                    


Ich verlor jegliches Zeitgefühl, während ich in diesem Raum war. So unmenschlich es auch klang, ich genoss es auf die Ziele zu schießen. Es machte mir Spaß.

Plötzlich verschwanden die Menschen und es wurde heller. Die Tür öffnete sich und eine Frau mit kurzen, ganz hellen Haaren betrat den Raum. In der einen Hand hielt sie eine Platte, die etwa die Größe ihres Kopfes hatte. Ihre andere reichte sie mir.

„Olivia Graves. Freut mich dich endlich kennenzulernen, Jane." Ich zwang mich zu einem Lächeln.
„Wie ich sehe, hast du also schon deine Stärke gefunden. Du machst sehr schnelle Fortschritte. Komm doch bitte heute Nachmittag um 14:00 Uhr mal in mein Büro. Luke wird dich hinbringen." Sie schien keine Antwort zu erwarten und ging deshalb einfach.

Ich sah zu Blondi, der mir wortlos die Gewichte hinhielt.

Die Gänge waren nicht voll, aber doch kamen uns einige Leute entgegen und wir mussten zwischendurch abbremsen, um nicht in jemanden reinzulaufen. Zum Glück hatte Blondi irgendwann auch keine Lust mehr und wir beendeten das Laufen schon nach der zweiten Runde.

Das Krafttraining war die übliche Quälerei. Während er die Übungen mit Leichtigkeit vormachte, stand ich verschwitzt daneben und bemühte mich so etwas ähnliches nachzumachen. Immer wenn ich dachte, dass er gerade nicht schaute, machte ich kurze Pausen. Allerdings blieb das von ihm nicht unbemerkt und er hängte als Bestrafung noch eine ganze Stunde dran.

Völlig ermüdet und schlecht gelaunt, begaben wir uns in Halle vier. Wobei ich diejenige war, die müde und schlecht gelaunt war. Blondi war für seine Verhältnisse ziemlich gut drauf.

Anstatt den Parcours zu machen oder von irgendwo runterzuspringen, machten wir diesmal Technik. Am Boden waren einige niedrige Kästen und Stangen aufgebaut, an denen wir uns die restliche Zeit aufhielten. Er zeigte mir verschiedene Techniken über die Kästen zu gelangen und wie ich mich am besten abrollte.

Ich war nicht wirklich talentiert in diesen Sachen, aber bei weitem nicht so schlecht, wie beim Nahkampf- und Krafttraining.

Beim Mittagessen traf ich Kat wieder, die auch nicht gerade gut gelaunt schien und ihr Tablett vor mir auf den Tisch knallte.
„Was ist los?", fragte ich sie verwirrt.
„Ich bin schlecht gelaunt.", antwortete sie, wütend in ihrem Essen rumstochernd.
„Was du nicht sagst. Wieso?"

„Wegen der Prüfung."
„Wow, nicht so viel Information auf einmal.", kommentierte ich ihre Redefreude.
„Also pass auf. Du weißt ja, dass ich der braunen Garde angehöre, aber gerne in eine höhere möchte. Nun ja, die Prüfung ist in ein paar Tagen und gestern ist meine Trainerin krank geworden und heute meine Trainingspartnerin."

„Dann mach doch einfach mit jemand anderem?"
„In meiner Gruppe haben aber alle schon einen Partner."
„Was müsst ihr in der Prüfung denn alles machen?", mir kam eine Idee.
„All das, was wir auch beim Training machen. Den größten Teil machen aber Nahkampf und leider auch Waffentraining aus." Ich fuhr hoch und grinste.

„Ich nehme mal an, du bist gut in Nahkampf und schlecht in Waffentraining."
„Ja, kann man so sagen. Wieso?" Auch Kat schien nun langsam eine Idee zu kommen.
„Wie wär es damit. Du hilfst mir in Nahkampf und kannst so ein bisschen an mir üben und alte Techniken wiederholen und ich helfe dir beim Waffentraining.", schlug ich vor.

Sie klatschte in die Hände.
„Klingt super. Die Hallen sind eigentlich immer offen, also können wir nach dem Essen noch ein wenig üben und übermorgen also am Sonntag, haben wir den ganzen Tag frei und können trainieren."

„Wieso haben wir am Sonntag frei?", fragte ich.
„Oh, ja stimmt. Ich vergaß.", sie schlug sich gegen die Stirn.
„Wir haben sechs Tage die Woche Training. Nur Sonntags ist kein offizielles Training, aber die Halle steht allen offen zum üben. Nur wie kommen wir an die Waffen dran?", überlegte sie.

Fragend sah ich sie an.
„Auszubildende haben keinen Zugriff auf das Lager in der Halle, aber ich denke ich kann meine Trainerin überzeugen, dass sie uns welche gibt."

Ich nickte begeistert und schluckte die letzten Reste meines Mittagessens runter.

Kat hatte ebenfalls aufgegessen und starrte nun auf einen Punkt hinter mir.
Als jemand seine Hand auf meine Schulter legte und ich mich umdrehte und hoch schaute, sah ich auch, wen sie angestarrt hatte und warf ihr einen grinsenden Blick zu.

DividedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt