93.

81 5 5
                                    

                                     James' POV

Ich zog Janes leblosen Körper an den Händen ins Flugzeug, während Ashton Luke seine Hand reichte. Ich gab ein Handzeichen an den Piloten, der daraufhin die Klappe schloss und keine Zeit daran verlor an Höhe zu gewinnen.

„Alles gut?" Luke wirkte erschöpft und machte sich nicht einmal die Mühe sich auf einen Sitz zu setzten, sondern lies sich stöhnend neben mir auf den Boden fallen und schloss die Augen.
„Was zur Hölle ist passiert?", Ashton hatte einen kurzen blick auf Jane geworfen und begutachtete nun kritisch wie Luke seinen Kopf in den Nacken warf.

„Zwei Sekunden später und wir hätten dich zurücklassen müssen. Edward wird ausrasten und Graves erst. Wenn das an-"
„Du hilfst nicht.", unterbrach ich Ashton, als Luke seine Augen zusammenkniff. Misstrauisch beobachtete ich, wie er krampfhaft versuchte seinen Puls auf ein normales Level zu bringen und schob kurz darauf den Ärmel seiner Jacke hoch.

Seine Elex-Ader funkelte gefährlich unter seiner Haut. Die tief-schwarze, blutähnliche Flüssigkeit floß in einem rasanten Tempo durch seinen Körper, als würde sie bei der nächsten Möglichkeit aus ihm heraus schießen. Seine Haut war leicht blass und er wirkte ermüdet, was ein absolut seltener Anblick war.

Er hatte es benutzt. Er hatte sein Elex benutzt.
Mit einem kurzen Blick zu Ashton, sah ich, dass auch eher dieselben Schlüsse gezogen hatte und nun fast besorgt auf ihn herabsah. Aber eben nur fast. „Hey!", unternahm ich etwas, bevor Ashton mit seiner nicht vorhandenen Sanftmütigkeit den falschen Nerv traf und beugte mich zu Luke runter.

Ich hatte echt keine Lust auf Leichen heute Nacht. Die Komplikationen unserer Gruppe, dank denen wir es nicht pünktlich zum Marktplatz geschafft hatten und die uns fast unser Leben gekostet hätten, hatten mich genug Unruhe gekostet. Ich mochte es trotzdem, wenn wir solche Arten von Missionen bekamen. Während der Rest in der Innenstadt die Wände beschmierte und somit für Ablenkung sorgte, erhielten wir in Lukes Gruppe meist einen Sonderauftrag, der als eigentlicher Grund für unseren Einsatz galt.

Heute allerdings waren wir zu leichtsinnig vorgegangen und hatten den Alarm in einem Hauptwachhaus ausgelöst. Es lief zu flüssig und gut um war zu sein - und war es auch. Wir hatten mehr Wachen getötet als nötig war und ich wusste genau, dass wenn wir zurückkamen, dies uns als erstes vorgehalten werde und Luke alle Verantwortung dafür übernehmen würde.

„Luke!", Aston verlor schneller seine Geduld und schlug ihm unsanft gegen die Wange. Genervt öffnete dieser daraufhin seine Augen und blickte kalt in unsere Richtung. „Was?", zischte er, doch braucht keine zwei Sekunden um sich selbst zusammenzustricken, dass wir verstanden hatten, was passiert sein musste und verdrehte daraufhin abfällig seine Augen.

„Was ist mit Jane passiert?", fragte ich, um doch noch an ein paar Informationen zu kommen. Luke warf einen kurzen herablassenden blick in ihre Richtung und seufzte genervt.
„Ich hab ihr Elex benutzt. Sie wird wieder."
Ich verschluckte mich bei seinen Worten und Luke, dem das nicht entfiel, nahm mir schwach grinsend die Wasserflasche ab, um selbst daran zu trinken.

Das erklärte, warum sein Elex sich noch nicht beruhigt hatte. Ich wusste zu was er fähig war, aber auch, wo seine Grenzen lagen und so etwas erforderte enorm viel Kraft. Es war nicht selten, dass Leute starben, wenn sie sich mit ihrem Elex überanspruchten. „Du meinst, du hast sie manipuliert?", verdeutlichte Ashton Lukes Aussage. Dieser nickte nur stumm. „Jetzt wirklich? Das hast du nicht getan seit du-", mit einem einfachen Blick brachte er mich zum Schweigen und machte deutlich, dass er vorerst nicht mehr sagen würde.



Die Stimmung war bedrückt und angespannt, als wir ausstiegen und zwei von Graves Vertretern bereits bereitstanden um uns zu ihr zu bringen. Luke entließ den Rest der roten Garde und warf mir einen vielsagenden Blick zu, als wir beide die Landehalle verließen und zur oberen Ebene begleitet wurden. Ich war nicht oft in ihrem Büro, allerdings könnte ich trotzdem jedes Detail bis auf den letzten Stift darin beschreiben.

Lukes Gesichtszüge wirkten tiefentspannt und nichts an seiner Körpersprache verriet, dass er nicht die Ruhe in sich selbst war, doch kannte ich ihn zu gut, um zu wissen, dass das Gegenteil der Fall war.

Wir wussten beide genau, dass es nicht einfach nur bei einem Gespräch  bleiben würde. Ihr strenge, überhebliche Haltung, entspannte sich kein Stück, als die schwere Tür hinter uns ins Schloss fiel und mich und Luke mit ihr alleine ließ.
Sie faltete dramatisch ihre Hände zusammen und schüttelte ironisch lachend den Kopf, bevor sie erst Luke und dann mir in die Augen sah.

„Eine einstündige Mission. Nichts besonderes, nichts gefährliches, kein erhöhtes Sicherheitsrisko und trotzdem laufen die Sicherheitssysteme der Regierung jetzt auf Hochtouren, weil mehr als ein dutzend Wachen tot sind.", sie machte eine Kunstpause und holte erneut Luft. „Eure Aufgabe bestand lediglich darin, das Stromnetz der Wachtürme für nur eine Viertelstunde außer Kraft zu setzten, während der Rest für ein bisschen Ablenkung sorgt. Keine unnötige Aufmerksamkeit, keine unnötigen Toten und nichts davon hat geklappt, wie es sollte. Für ganze sieben Minuten gab es keinen Strom. Sieben! Nichtmal die Hälfte der ausgemachten Zeit und dann habt ihr jeden getötet, der euch über den Weg lief oder was?", redete Graves sich in Rage und stolzierte um den Schreibtisch rum, während sie mich mit Blicken durchlöcherte.

Es war meine Schuld und sie wusste es natürlich. Sie lehnte sich gegen den Schreibtisch und schaute mich erwartungsvoll an. „Hm? Irgendwas zu berichten?" Ich öffnete meinen Mund, doch Luke reagierte schneller. „Ich hab mich ablenken lassen und konnte James nicht länger den Rücken frei halten. Es ist meine Schuld.", spuckt er aus.

Wütend sah ich ihn an. Ich war derjenige, der sich hatte ablenken lassen und Luke hatte die komplette Mission aufs Spiel gesetzt, um mir das Leben zu retten. Schon wieder. Es war nicht seine Schuld und Graves wusste das. Sie wartete auf eine Reaktion meinerseits, doch ich blickte stumm auf den Boden.

Ich stimmte seiner Entscheidung nicht zu, doch ihm zu widersprechen nachdem er sie getroffen hatte, wagte ich noch weniger. Ich wusste, dass er mir so etwas nicht verzeihen würde. „Und was war das mit dem Mädchen? Jane? Du hast sie fast verloren und dann mal eben zwei komplette Einheiten an Wachen getötet?" Diesmal blieb Luke stumm, aber Graves nahm ihren Blick nicht von ihm. „Luke, ich kenn dein Elex und ich weiß, dass du gut bist, in dem das du tust, aber zwei Einheiten? Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie eine große Hilfe war." Luke zuckte die Schultern „Adrenalin?", gab er ironisch als Antwort und ich grinste in mich hinein.

Graves schnaubte und ging wieder zurück zu ihrem Stuhl hinter ihrem Schreibtisch. „Ok,  Jane untersteht euch nicht länger und folgt von nun an dem Trainingsplan der anderen. Ich hoffe, für sie und für dich, dass sie bereit dazu ist. Das Elex-Training übernimmt Jace. Ihr führt euer übliches Training fort, dass beinhaltet auch, dass ihr das Trainieren der anderen Gruppen wieder aufnehmt. Verstanden?" Wir nickten synchron.

Sie konnte uns nicht großartig bestrafen. Sie brauchte uns und ließ uns durch ihren Tonfall deutlich wissen, wie sehr sie das störte. Luke schien nicht großartig davon getroffen zu sein, dass er sich nicht länger um Jane kümmern musste und ich war zu sehr damit beschäftigt drüber nachzudenken wieso, dass ich Graves weitere Sätze einfach ausblendete.

„James, lässt du uns bitte alleine." Mit einem gekünstelten Lächeln sprach sie die Aufforderung aus und weckte mich damit aus meiner angespannten Trance.

Ungern wollte ich Luke mit ihr alleine lassen, da ich wusste, was nun passieren würde. Wie als wolle das Universum meine Gedanken bestätigen, öffnete sich die Tür und drei höherrangige Wachen betraten den Raum.

Ich biss mir auf die Zunge um einen unnötig provozierenden Kommentar zu vermeiden und blickte fragend zu Luke rüber, der mich mit einem erschöpften Nicken entließ.
Ich würde eher sterben, als Kommandos von Graves nachzugehen. Ich atmete deutlich sichtbar aus und nickte zurück, bevor ich den Raum verließ.

Kaum trat ich aus dem Türrahmen, schloss sich die Tür hinter mir und wurde von innen verriegelt.
Frustriert ließ ich mich gegen die nächste Wand fallen, in der Hoffnung, dass mir der kühle Beton einen klaren Kopf bescherte und stöhnte genervt, „Fuck!"

DividedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt