Die ganze Nacht traute ich mich nicht vom Baum runter zu klettern. Die beiden Männer verbrachten eine gute halbe Stunde damit, die Umgebung abzusuchen, schauten aber zu meinem Glück kein einziges Mal nach oben.
Allerdings schienen hier in der Gegend mehrere von ihnen unterwegs zu sein, wie ich aus ihren Gesprächen mithören konnte.
Den gesamten Vormittag gingen Patrouillen in kleinen Gruppen lautstark an meinem Versteck vorbei. Ich schätzte, dass ihr Lager genau vor mir in Richtung Westen lag.
Wenn ich es mit genügend Sicherheitsabstand umgehen wollte müsste ich wieder ein Stück zurück gehen, bevor ich es in Richtung Norden umgehen könnte.Ich wartete bis die nächste Patrouille vorbei war, um runterzuklettern und lief erst ein Stück bevor ich mein Tempo wieder verlangsamte.
Ich besaß zwar genug Selbstbewusst um davon überzeugt zu sein, dass ich die Grenzgänger mit meinem Elex besiegen konnte, allerdings wollte ich vorerst kein Risiko eingehen.
Außerdem wusste ich, dass sie in ständigem Kontakt mit der Regierung standen. Sie sollten Informationen über den Zustand der Umgebung liefern und über mögliche Bedrohungen, wie zum Beispiel die Rebellen liefern. Wenn ich sie also töten würde, hätte ich Wachen von den Außenposten der Regierung am Hals und mit denen könnte ich es alleine definitiv nicht aufnehmen. Ihre Waffen waren zu modern und meine Fähigkeiten zu ungeübt um überhaupt geringen Schaden anzustellen .Je weiter nördlich ich ging, desto mehr Mutationen entdeckte ich. Ich war bedacht darauf vorsichtig zu sein, da mir sicher bald auch die ersten großen Tiere über den Weg laufen würden. Ich ging sehr langsam, fast schon in Zeitlupe um bloß nicht in Fallen der Grenzgänger zu treten und keine der Mutationen unnötigerweise auf mich aufmerksam zu machen.
Ich hatte zwar etwas zu essen und zu trinken eingepackt, allerdings auch nur das nötigste. Satt war ich bei weitem nicht und das machte sich an meiner Energie deutlich bemerkbar.Es dämmerte langsam aber sicher.
Müde setzte ich mich auf einen großen Stein und ließ den Kopf in meine Hände fallen, als es anfing zu regnen. Der Regen war dreckig und alles andere als frei von Chemikalien. Das einzige, was mir Schutz vor dem Säureregen bot, war der Baum hinter mir.
Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ich war viel zu naiv und leichtsinnig. Luke hatte recht. Ich war komplett unvorbereitet auf alles.
Ich hätte heulen können.
Wie gerne würde ich jetzt in meinem Zimmer sitzen und lernen oder mich von Luke anschnauzen lassen.
Oder Kat und James um Hilfe beim Nahkampftraining bitten. Sogar Runden laufen würde ich jetzt freiwillig.Ich presste meine Lippen zusammen. Nein. Jetzt war definitiv der falsche Zeitpunkt um zu weinen. Ich konnte nicht mehr. Ich konnte einfach nicht mehr.
Meine Handgelenke schmerzten und meine Elex-Ader pochte.
Ein weiterer Punkt in dem Luke recht hatte. Ich ließ mich viel zu sehr von meinen Emotionen leiten und das schien ausgerechnet jetzt zu meinem Verhängnis zu werden.
Es glitzerte immer deutlicher unter meiner Haut und ich war mir sicher, dass ich nicht mehr lange Widerstand leisten konnte.Meine Sicht verschwamm und ich merkte wie ich schnell müde wurde bevor ich vor Schmerz in Ohnmacht fiel.
Es war stockdunkel, als ich das nächste Mal aufwachte. Der Regen hatte aufgehört und meine Elex-Ader schien sich wieder beruhigt zu haben.
Immer noch war mir bewusst, dass es eine dumme Idee war abzuhauen. Meine Entscheidung war gefasst. Ich musste wieder zurück.„Wer bist du denn?", erschrocken drehte ich mich zur Seite. Verdammt, ich wurde entdeckt. Ich hatte absolut keine Energie mehr. Für ein kurzes Stück würde ich laufen können, wenn die drei vor mir allerdings nur ein klein wenig sportlich waren, wäre ich geliefert.
„Ich..ähm.."
„Eine von den Rebellen? Na das wird den anderen sicher gefallen.", er grinste hämisch.
Sie kamen näher und einer zog mich vom Stein hoch.
„Hast du dich verlaufen?" Ich sagte nichts.
„Und jetzt auf einmal ist sie auch noch stumm."
„Na dann, ein paar leichtere Fragen. Wenn du uns sagst wo du herkommst und was du weißt, werden wir dir nicht ganz so weh tun." Er lachte dreckig und sein Atem röchelte ungesund. Ich hatte ein Problem. Und kein kleines. Doch verraten würde ich nichts. So viel Ehre besaß ich dann auch noch, egal wie sehr ich von diesem Ort auch wegwollte. Ich war mir sicher, dass sie mich so oder so der Regierung überliefern würden und bei denen würde ich sterben, ob ich nun etwas sage oder nicht.Wie ein Kleinkind, verschränke ich meine Arme und starrte sie stur an ohne einen Ton von mir zu geben, obwohl ich schon wieder kurz davor war zu weinen.
„Na dann. Ihre Wahl ist getroffen."
Ein anderer von ihnen holte ein kleines Gerät aus der Tasche. Ich wusste was das war. Normalerweise benutzten sie es um Radioaktivität im Wasser festzustellen und zu filtern allerdings konnte es auch Elex finden und schwächen. Luke hatte es mir einmal beim Training gezeigt.„Das wird jetzt leider sehr weh tun.", die andern beiden lachten. Ich war wie erstarrt, konnte mich nicht bewegen. Ich schloss meine Augen und sendete leise ein Stoßgebet zum Himmel.
Plötzlich flog ein winzig kleiner silberner Pfeil an mir vorbei und traf meinen Gegenüber mit einer Punktlandung in den Hals. Wie ein nasser Sack klappte er innerhalb von dem Bruchteil einer Sekunde zusammen. Seine beiden Freunde und ich hatten gerade erst realisiert, was geschehen war, als auch sie zeitgleich umfielen. Hektische drehte ich meinen Kopf hin und her, um den Auslöser ausfindig zu machen. Wenn das Wachen waren, wäre ich lieber mit ihnen zusammen zusammengesackt.
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Divided
Science FictionDie Zukunft ist ein Spiel. Die Zeit eine ihrer Regeln. Was würdest du tun, wenn du in einer Welt leben würdest, die dir vormacht perfekt zu sein? In der du die wahrscheinlich einzige mit einer anderen Meinung bist. In einer Welt, in der alle, sobald...