Kapitel 63

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"Heidrun und Fischbein sind miteinander verbunden. Ich glaube, Menschen nennen es verheiratet", fügt er hinzu. "Die Syrena suchen sich eine Insel, wenn sie bereit sind, sich.... auch körperlich miteinander zu verbinden. Wir können das nur in Menschengestalt tun."
"Oh. Oh. Ähm, okay." Astrid läuft rot an. "Ich habe mich schon darüber gewundert. Über den körperlichen Teil, meine ich. Sie sind also verheiratet? Sieht eher so aus, als würde sie ihn hassen."
Hicks zögert. Er erinnert sich, wie entrüstet Rapunzel über dieses Thema war, als er ihr damals zum ersten Mal davon erzählt hat. Astrid wird es früher oder später herausfinden. Warum also nicht  gleich jetzt? "Fischbein hat bei unserem Bruder um sie angehalten und er war einverstanden. Ich weiß, Menschen handhaben das ein wenig anders, aber...."
"Was?" Astrid springt von ihrem Stuhl und beugt sich mit verschränkten Armen über den Tisch. Dann mal los. "Fischbein hat gefragt...." "Du erzählst mir, dass dein bruder sie gezwungen hat, Fischbein zu heiraten?" Man kann sie nur schwer verstehen, weil sie mit zusammengebissenen Zähnen spricht.
"Also, so kann man das eigentlich nicht sagen. Sie ist ja nicht dabei gewesen...."
"WAS? Sie war bei ihrer eigenen Hochzeit nicht dabei?"
"Astrid, beruhig dich erst mal. Syrena nennen es nicht Hochzeit. Sie nennen es...."
"Ist mir egal wie sie es nennen", ruft sie. "Ob menschlich oder nicht, man zwingt niemanden, einen anderen zu heiraten!"
"Recht hat sie!", ruft Heidrun aus dem Wohnzimmer. Fischbein folgt ihr grinsend in die Küche, gut gelaunt trotz gespaltener Lippe. Heidrun pflanzt sich neben Astrid und verschränkt die Arme genau wie sie. Astrid nickt ihr zu. "Siehst du? Es gefällt ihr nicht. Und wenn es ihr nicht gefällt, sollte sie auch nicht verheiratet sein."
"Meine Rede", sagt Heidrun und stupst Astrid als Zeichen ihrer Komplizenschaft mit dem Ellbogen an. Hicks schüttelt den Kopf. Dass Heidrun ihr erst gestern Nacht mit genau diesem Ellenbogen das linke Auge ausschlagen wollte, ist wie weggeblasen.
"Morgen", sagt Fischbein freundlich und nimmt neben Hicks platz. "Habt ihr alle gut geschlafen?" Rapunzel serviert ihm schweigend sein Frühstück und schenkt ihm etwas Wasser ein. Hicks seufzt. "Astrid, bitte setz dich wieder. Es ist doch kein neues Gesetz, von dem sie nichts gewusst hat. Zuerst hatte sie freie Wahl. Wenn Heidrun schon früher einen Gefährten gewählt hätte, wäre es nie...."
"Es gibt ein Zeitlimit, um einen Gefährten auszuwählen? Wirklich? Das wird ja immer besser. Also, dann schieß mal los, Hicks, falls ich eine von euch bin, wird dann von mir erwartet, dass ich mich verbinde? Habt Ihr schon jemanden für mich im Auge, Euer Hoheit?"

Geht das schon wieder los. Die ganze Nacht über hat sie ihn Euer Hoheit und Majestät genannt. Und nach em Gesicht zu urteilen, das sie dabei zieht, versteht sie es als Beleidigung. Deshalb brennt er schon darauf, ihr zu sagen, dass auch sie ein Mitglied der Königsfamilie ist. Aber das würde nur noch mehr Ärger geben und wäre den kleinen Triumph nicht wert. Aber Astrid ist nicht wie die meisten von ihnen. Sie ist die letzte lebende Nachfahrin Poseidons - was ihre Wahlmöglichkeiten ziemlich eingrenzt. Auf eine einzige Möglichkeit, um genau zu sein.
"Hast du jemanden im Auge, Hicks?", fragt Fischbein und steckt sich einen Shrimp in den Mund. "Ist es jemand, den ich kenne?"
"Halt den Mund, Fischbein", knurrt Hicks. Er schließt die Augen und massiert sich die Schläfen. Irgendwie hätte das alles viel besser laufen können.
"Oh", murmelt Fischbein. "Dann ist es wohl jemand, den ich kenne."
"Fischbein, ich schwöre bei Tritons Dreizack...."
"Das sind die besten Shrimps, die du je gemacht hast, Punzi", fährt Fischbein fort. "Ich kann es garnicht erwarten, Shrimps auf unserer Insel zu kochen. Ich werde das Würzen übernehmen, Heidrun."
"Sie geht nicht mit dir auf irgendeine Insel, Fischbein!", brüllt Astrid.
"Oh doch, das wird sie, Astrid. Heidrun will meine Gefährtin sein. Habe ich nicht recht, Prinzessin?", lächelt er.
Heidrun schüttelt den Kopf. "Es hat keinen Sinn, Astrid. Ich habe wirklich keine Wahl." Resigniert lässt sie sich auf den Platz neben Astrid sinken, die ungläubig auf sie hinabstarrt. "Du hats eine Wahl. Du kannst bei mir zu Hause wohnen. Ich werde dafür sorgen, dass er nicht in deine Nähe kommen kann."
Fischbeins Miene deutet an, dass er diese Möglichkeit noch gar nicht bedacht hat. Hicks lacht. "Gar nicht mehr so komisch, was, Kaulquappe?", sagt er und versetzt ihm einen Stoß in die Rippen. Fischbein schüttelt den Kopf. "Sie wird nicht bei dir wohnen, Astrid."
"Das werden wir noch sehen, Kaulquappe", erwidert sie.
"Hicks, tu doch was", sagt Fischbein, ohne Astrid aus den Augen zu lassen. Hicks grinst. "Was denn?" "Ich weiß es nicht, verhafte sie oder irgend so was", sagt Fischbein und verschränkt die Arme.
Astrid fixiert Hicks und raubt ihm fast den Atem. "Tja, Hicks. Komm und verhafte mich, wenn dir danach zumute ist. Aber eins sage ich dir gleich: In der Sekunde, in der du Hand an mich legst, zertrümmere ich dieses Glas auf deinem Kopf und zerschneide deine Lippe damit wie Fischbeins." Sie greift nach dem schweren Trinkglas und verspritzt die letzten Tropfen Orangensaft auf dem Tisch. Alle halten die Luft an, bis auf Hicks - der so heftig lacht, dass er beinahe mit seinem Stuhl umkippt.
Astrids Nasenflügel beben. "Du glaubst nicht, dass ich es tun werde? Dann gibt es nur eine Möglichkeit, das herauszufinden, nicht wahr, Euer Hocheit?"
Hicks kehliges Heulen hallt im ganzen rieseigen Haus wider. Er wischt sich die Tränen aus den Augen und stößt Fischbein mit den Ellenbogen an, der ihn ansieht, als hätte er zuviel Salzwasser getrunken. "Weißt du, dass diese dummen Menschen in iherer Schule sie zur Süßeseten und Harmlosesten von ihnen allen gewählt haben?"
Fischbeins Miene wird sanfter, als er Astrid ansieht und in sich hineinlacht - aber schon bald hämmert Fischbein mit den Fäusten auf den Tisch, um wieder zu Atem zu kommen. Selbst Rapunzel kichert in ihren Ofenhandschuh. Langsam verschwindet die Wut aus Astrids Zügen. Hicks meint sogar, ein unterdrücktes Lächeln zu erkennen. Sie stellt dass Glas so vorsichtig auf den Tisch, als ob es noch voll wäre und sie nichts verschütten möchte.
"Ich geb's ja zu, das ist schon ein paar Jahre her." Diesmal kippt Hicks' Stuhl um und er landet der Länge nach auf dem Boden. Als Heidrun anfängt zu kichern, fällt Astrid mit ein.
"Ich schätze.... ich schätze, ich habe tatsächlich ein gewisses Temperament", sagt sie mit einem einfältigen Lächeln. Sie geht um den Tisch herum, stellt sich vor Hicks und streckt ihm die Hand hin. Er grinst zu ihr hinauf. "Zeig mir deine andere hand."
Sie lacht und zeigt ihm, dass sie leer ist. "Keine Waffen."
"Ziemlich einfallsreich", sagt er und nimmt ihre Hand. "Ab jetzt werde ich so ein Trinkglas mit völlig anderen Augen sehen." Er hievt sich zum größten Teil selbst wider hoch, kann aber dennoch der Versuchung nicht widerstehen, sie zu berühren.

Blue Secrets / HiccstridWo Geschichten leben. Entdecke jetzt