Kapitel 85

138 7 2
                                    

Und dann versteht Hicks. Astrids Herz schlägt schneller als meins.... sie wird vor mir sterben. Jeder Muskel in seinem Körper scheint sich gegen ihn zu verschwören und zieht sich schnerzhaft zusammen.

Er spürt es kommen, aber er kann nichts dagegen machen. Taumelnd erhebt er sich vom Tisch und schafft es kaum bis zum Waschbecken, bevor das Erbrochene überallhin explodiert.

Die Masse ist zu viel für den Abfluss, selbst mit voll aufgedrehtem Wasserhahn. Die unkenntlichen Brocken vom Mittagessen tun ihr Übriges. "Mach dir deswegen keine Sorgen, Hicks", flüstert Dr. Griban, während er ihn ein Papiertuch reicht.

"Ich werde mich später darum kümmern."
Hicks nickt und lässt das Wasser aus dem Hahn in seinen Mund laufen, um die Überreste auszuspülen. Dann trocknet er sich mit dem Papiertuch Gesicht und Hände ab ubd trottet zum Tisch zurück. Allerdings lehnt er sich diesmal nur dagegen, statt sich draufzusetzen, nur für den Fall, dass er noch mal losrennen muss.

"Ist dir immer noch schlecht vom Flug?", flüstert Astrid. Er nickt. "Dr. Grobian, was wollten Sie sagen?"
Der Doktor seufzt. "Es sind 32 Schläge pro Minute."
"Und in Jahren?", hakt Hicks nach. Sein Magen krampft sich erneut zusammen. "Grob geschätzt? So um die 175 Jahre, denke ich."

Hicks kneift sich in den Nasenrücken. "Warum? Warum schlägt ihr Herz schneller als das anderer Syrena?"
"Ich wünschte, ich könnte es dir sagen, Hicks. Aber wir beide wissen, dass Astrid sich auch in anderen Dingen von dir unterscheidet. Ihr Haar und ihre Haut zum Beispiel. Vielleicht haben diese Unterschiede mit ihrer Unfähigkeit zu tun, Syrena-Gestalt anzunehmen."

"Denken Sie, es hat etwas mit ihrer Kopfverletzung zu tun?", fragt Hicks. Astrid schüttelt den Kopf. "Das kann nicht sein."
"Warum nicht?" Dr. Grobian verschränkt nachdenklich die Arme. "Hicks meinte, Sie hätten sich ziemlich heftig gestoßen. Ich würde sagen, es ist zumindesg vernünftig, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass Sie dabei etwas beschädigt habe  könnten."

"Sie verstehen nicht, Dr. Grobian", erwidert Astrid. "Bevor ich mir den Koof gestoßen habe, hatte ich überhauot keine Syrena-Fähigkeiten. Der Schlag auf den Kopf war es, der alles verändert hat. Außerdem bin ich schon mein Leben lang so weiß wie der Mond. Das hat nichts mit einer Gehirnerschütterung zu tun."

"Das stimmt", pflichtet Hicks ihr bei. "Aber du konntest den Atem schon sehr lange anhalten, bevor  du dir den Kopf gestoßen hast. Und die Gabe hattest du auch schon vorher. Vielleicht waren die Fähigkeiten von Anfang an da, und du hast nur nie gewusst, wie du sie nutzen kannst."

Blöd, blöd, blöd. Der verletzte Ausdruck auf ihrem Gesicht bestätigt seinen Fehler.
"Der Tag, an dem Raff starb", sagt sie leise. Er nickt langsam. Es bringt nichts, zu lügen.

Selbst wenn er nicht über Raff gesprochen hätte, denkt sie wieder daran, unternimmt bereits eine Zeitreise zu jenem Tag und quält sich mit Hätte und Wäre. Hätte sie doch nur von ihrem Syrenablut gewusst.

Hätte sie doch nur von der Gabe Poseidon geahnt. Raff wäre noch am Leben. Sie braucht es nicht auszusprechen. Es steht ihr ins Gesicht geschrieben.
"Alle dachten, es wäre Adrenalin gewesen", sagt sie.

"Ich hätte es besser wissen müssen."
Dr. Grobian räuspert sich. "Nur um nichts zu übersehen, würde ich gerne ein paar Röntgenaufnahmen machen, bebir Sie morgen abreisen. Ist das in Ordnung, Astrid?"

Sie nickt, aber Hicks kann erkennen, dass es nur ein Reflex ist. Hicks ruft ein Taxi, das sie zurück ins Hotel bringt; er kann Astrid keinen weiteren Spaziergang am Strand zumuten.

Dort, wo ihre beste Freundin gestorben ist. Vor allem ist er sich nicht sicher, wie lange er es neben ihr aushält, ohne seine Arme - oder seine Lippen - zu nutzen, um sie zu trösten

Es wird eine lange Nacht werden.

Blue Secrets / HiccstridWo Geschichten leben. Entdecke jetzt