Kapitel 74

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Grom. Fischbein hat auch Grom verraten. So gesehen könnte er gerade seine zukünftige Königin geküsst haben. Als Fischbein gesagt hat, dass er sich mit ihr gut stellen will, hatte sich Hicks darunter eigentlich etwas anderes vorgestellt. Aber Fischbein kann nicht ernsthaft erwarten, sich mit Astrid zu verbinden. Sie ist vergeben - auf die eine oder andere Weise.
Aus dem Augenwinkel lässt er seinen Blick über sie schweifen. Die Arme verschränkt, mit großen Augen, Lippen und Wangen so rot wie ein gekochter Hummer. Er räuspert sich. "Wie.... wie lange geht das schon?", fragt er leise.
Sie dreht sich zu ihm um. "Wie lange geht was schon?"
"Du und Fischbein. Die Küsserei."
"Oh. Ungefähr zehn Minuten."
Besser als erwartet. Erleichterung durchströmt ihn wie ein Tsunami. Wenn sie schon länger.... seit er fort war.... er kann nicht einmal daran denkt. Fischbein hat ein Gesetz der Syrena gebrochen, als er Astrid geküsst hat. Jemand anderen als den eigenen Gefährten zu küssen, wird mit zehn Mindzyklen in den Eishöhlen bestraft. Es gilt als eines der schwersten Vergehen. Wenn er sie die ganze Zeit über geküsst hätte, würde jeder einzelne Kuss als individueller Verstoß gelten.
Allerdings hat Fischbein gedacht, Heidrun hätte ihre Verbindung gelöst. Er hat gedacht, er könnte jede küssen, die er küssen will. Aber warum ausgerechnet Astrid? Sie ist die denkbar schlechteste Wahl für ihn, und das aus mehr Gründen, als Hicks benennen kann.
Als hätte ich nicht schon genug Sorgen. Unser Reich wird von Krieg oder Untergang oder beiden bedroht, und um dieses Problem zu lösen, muss ich das Einzige aufgeben, was ich jemals wirklich gewollt habe. Und dann macht Fischbein so was. Verrät mich und meine Schwester.
Hicks kann sich nicht vorstellen, dass es noch schlimmer kommen könnte. Deshalb trifft ihn Astrids Kichern völlig unerwartet.
Er dreht sich zu ihr um. "Was ist denn daran bitte lustig?"
Sie lacht so heftig, dass sie sich an ihn lehnen muss. Er wehrt sich gegen den Drang, die Arme um sie zu legen. Während sie sich die Tränen aus den Augen wischt, stößt sie hervor: "Er hat mich geküsst!" Bei dieser Feststellung bricht sie erneut in Gelächter aus.
"Und du findest das lustig?"
"Du verstehst das nicht, Hicks", japste sie, als ihr der Anflug eines Schluckaufs den Atem raubt.
"Allerdings."
"Begreifst du denn nicht? Es hat funktioniert!"
"Alles, was ich begreife, ist, dass Fischbein der Gefährte meiner Schwester, mein bester Freund, jemanden geküsst hat, der meine.... meine...."
"Deine was.... ist?"
"Schülerin." Obsession.
"Deine Schülerin. Wow." Astrid schüttelt den Kopf, dann bekommt sie tatsächlich einen Schluckauf. "Okay, ich weiß, du bist sauer, weil er Heidrun das angetan hat. Aber er wollte sie damit nur eifersüchtig machen."
Hicks versucht zu verdauen, was sie gerade gesagt hat, aber es gelingt ihm noch nicht einmal, es zu schlucken.
"Du meinst, er hätte dich geküsst, um Heidrun eifersüchtig zu machen?"
Sie nickt und wieder blubbert ein Lachen heraus. "Und es hat funktioniert! Hast du ihr Gesicht gesehen?"
"Du meinst, er hat Heidrun reingelegt." Und nicht mich?
Hicks schüttelt den Kopf. "Wie sollte er denn auf so eine Idee kommen?"
"Ich habe ihn darauf gebracht."
Ohne es zu wollen, ballt Hicks die Fäuste. "Du hast ihm gesagt, er soll dich küssen?"
"Nein! Na ja, mehr oder weniger. Aber nicht direkt."
"Astrid...."
"Ich habe ihm gesagt, er soll den Unnahbaren spielen. Du weißt schon, gleichgültig tun. Auf die Idee, mich zu küssen, ist er von ganz allein gekommen. Ich bin wirklich stolz auf ihn!"
Sie denkt, Fischbein sei ein Genie, weil er sie geküsst hat. Na toll.
"Hat.... hat es dir gefallen?"
"Das habe ich dich gerade gesagt, Hicks."
"Nicht sein Plan. Der Kuss."
Der vergnügte Ausdruck weicht von ihrem Gesicht wie das Wasser bei Ebbe. "Das geht dich nichts an, Hoheit."
Er fährt sich mit der Hand durchs Haar, um sich daran zu hindern, sie zu schütteln. Und zu küssen.
"Bei Tritons Dreizack, Astrid. Hat es dir nun gefallen oder nicht?"
Sie tritt mehrere Schritte zurück und stemmt die Hände in die Hüften. "Erinnerst du dich noch an Mr. Pinner, Hicks? Weltgeschichte?"
"Was hat der denn damit zu tun?"
"Morgen ist Montag. Wenn ich in Mr. Pinners Kurs gehe, wird er mich nicht fragen, ob es mir Spaß gemacht hat, Fischbein zu küssen. Es wird ihn überhaupt nicht kümmern, was ich am Wochenende getrieben habe. Weil ich seine Schülerin bin. Ich bin auch deine Schülerin, du weißt doch?"
Ihr Haar fliegt zur Seit, als sie sich umdreht und auf ihre atemberaubende Weise davonstolziert. Sie hebt ihr Handtuch auf und schlüpft in ihre Flipflops, bevor sie den Hügel zum Haus hinaufgeht.
"Astrid, warte."
"Ich bin es leid zu warten, Hicks. Gute Nacht."

Früher hat ihn der Strand besänftigt. Wie die Minenfelder Grom besänftigen. Jetzt erinnert der Mond Hicks an die Farbe von Astrids Haar. Der Sand daran, dass sie so gern die Füße im Meeresgrund verankert. Selbst das Dünengras ahmt den Schwung ihrer Hüften nach. Heute Nacht quält ihn der Strand. Wie die Minenfelder Grom quälen müssen. Und genau wie Grom kann er sich nicht dazu überwinden, woanders hinzugehen.
Fischbein taucht in einer von Hicks' Badeshorts aus dem seichten Wasser auf. Hicks steht nicht auf. Fischbein setzt sich neben ihn. Gerade außer Reichweite. "Du solltest zusehen, dass du etwas Schlaf bekommst, kleiner Fisch. Musst du morgen nicht zur Schule?"
Hicks nickt, ohne ihn anzusehen. "In ungefähr drei Stunden. Wo ist meine Schwester?"
"Sie richtet sich auf der Insel ein, die wir für heute Nacht gefunden haben."
Hicks schüttelt den Kopf. "Du glitschiger Aal. Du hättest mir sagen können, was du vorhast."
Fischbein lacht. "Klar. 'Hey, Hicks, ich muss mir Astrid mal kurz ausborgen, damit ich sie küssen kann, okay?' Das wäre nicht besonders gut angekommen."
"Denkst du, dein Überraschungsangriff ist besser angekommen?"
Fischbein zuckt die Achseln. "Ich bin zufrieden."
"Ich hätte dich heute töten können."
"Yeah."
"Zu das nie wieder."
"War nicht meine Absicht. Ich fand es wirklich süß von dir, die Ehre deiner Schwester zu verteidigen. Sehr brüderlich." Fischbein gluckst.
"Halt die Klappe."
"Ich mein ja nur."
Hicks fährt sich mit der Hand durchs Haar. "Ich habe nur Astrid gesehen. Heidrun habe ich vollkommen vergessen."
"Ich weiß, du Idiot. Das ist der Grund, warum ich dir erlaubt habe, mich 58 Mal zu schlagen. Genau das würde ich mit jemanden machen, der Heidrun küsst."
"59 Mal."
"Jetzt werde mal nicht übermütig, kleiner Fisch. War Astrid eigentlich fuchsteufelswild oder nur ein wenig aufgebracht? Sollte ich für eine Weile in Deckung gehen?"
Hicks schnaubt. "Sie hat so heftig gelacht, dass ich dachte, sie wird ohnmächtig. Ich bin derjenige, der in Schwierigkeiten steckt."
"Ich bin schockiert! Was hast du angestellt?"
"Das Übliche." Seine Gefühle versteckt. Das Falsche von sich gegeben. Sich aufgeführt wie ein dominanter Bullenhai.

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Wie findet ihr es ?😊
Das war vermutlich das Letzte für diese Woche😊😅

Blue Secrets / HiccstridWo Geschichten leben. Entdecke jetzt