3. Kapitel

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Als ich mich ins Haus schleiche, geht bereits die Sonne auf. Der Himmel ist verhangen, graue schwere Wolken sind aufgezogen. Es riecht nach Regen.

Nachdem Terence verschwunden ist, stand ich noch lange im Wald und betrachtete die Kette.

Ich habe mich innerhalb weniger Sekunden in sie verliebt und es bricht mir fast das Herz, dass ich sie nicht behalten kann.

Niemand in unserem Dorf ist reich. Alle müssen um ihr Überleben kämpfen, seid vor acht Jahren die Sklaventreiber zum ersten Mal kamen.

Ich mochte es noch nie, wenn man mir etwas geschenkt hat, ich hatte danach immer ein schlechtes Gewissen und das Gefühl demjenigen etwas zu schulden.

Mir ist völlig schleierhaft, woher Terr diese Kette hat. Sie ist viel zu viel wert, als dass ich sie annehmen könnte.

Während ich darüber nachgrüble, wie ich sie ihm wieder zurückgeben kann, ohne ihn zu kränken, klettere ich leise durch das Fenster wieder in mein Zimmer.

Heute ist Sonntag, was bedeutet, dass Liv und Mom ausschlafen. Der einzige Tag an dem meine Mutter nicht im Dorf arbeiten muss.

Um den beiden eine Freude zu machen, schleiche ich mich in unsere kleine Küche und fange an, das Frühstück zu kochen. Ich schneide Brot auf, brate ein bisschen Speck an und mache Rührei. Als ich mich umdrehe um Salz aus dem Schrank zu holen, sehe ich meine Mutter mit verschränkten Armen und zornig funkelnden Augen im Türrahmen stehen.

Ich unterdrücke einen Schrei und presse die Hände auf die Brust.

„Gott, hast du mich erschreckt“, keuche ich.

„Ja. Wenn ich die ganze Nacht im Wald verbracht hätte, wäre ich an deiner Stelle auch schreckhaft!“, faucht sie zurück.

Oh verdammt!

Ich versuche mir nichts anmerken zu lassen, doch das gelingt mir nicht sonderlich gut. Es macht keinen Sinn, es abzustreiten. Ich weiß, wie ich aussehe. Zerzauste Haare. Dreckige Füße. Dunkle Schatten unter den Augen.

Jeder kann sehen, dass ich im Wald war. Ich hätte mich umziehen sollen.

„Bitte halt mir heute ausnahmsweise mal keinen Vortrag. Das vertrage ich jetzt nicht“, seufze ich.

Sie schaut mich ausdruckslos an. „Geh dich Waschen, zieh dir etwas Warmes an und weck deine Schwester“, befiehlt sie mir barsch. Gleichzeitig klingt sie angespannt, fast gehetzt.

„Was ist los? Ich habe Frühstück gemacht. Wollen wir nicht erst mal in Ruhe essen?“ Ich bin komplett verwirrt. Etwas stimmt hier ganz und gar nicht.

„Dafür haben wir keine Zeit. Du wirst gleich abgeholt. Sie haben eine Versammlung einberufen. Du stehst vor Gericht.“

Die letzte ErbinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt